Es geht ums Ganze

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Martin Hendges
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Karl-Georg Pochhammer
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Christoph Benz
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Konstantin von Laffert
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Romy Ermler
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Ute Maier

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das vergangene Jahr hat die Zahnärzteschaft vor stetig wachsende Herausforderungen gestellt und uns allen gezeigt, dass es für uns zunehmend schwieriger wird, die vertragszahnärztliche Versorgung bedarfsgerecht, patientenorientiert und zukunftsfähig zu gestalten.

Auch mit Blick auf die kommenden zwölf Monate steht zu befürchten, dass das Bundesgesundheitsministerium an seinem bisherigen Kurs festhalten wird. Dabei stehen die grundlegenden Eckpfeiler unseres Gesundheitssystems auf dem Spiel. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach opfert zusehends unser durch eine starke Selbstverwaltung getragenes, gut funktionierendes Gesundheitswesen seinen ideologischen Vorstellungen. Dazu gehört auch, dass er offenbar eine Staatsmedizin etablieren will.

Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit wurden dabei in den vergangenen zwei Jahren immer mehr zu Störfaktoren degradiert. Von Beteiligung oder gar Kooperation mit unserem Berufsstand ist inzwischen nichts mehr spürbar.

Dieser fehlenden Wertschätzung und Ignoranz werden wir uns weiterhin mit lauter Stimme entgegenstellen. Denn sowohl die Freiberuflichkeit als auch eine starke Selbstverwaltung sind tragende Säulen unseres Gesundheitswesens und Garanten für eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung. Die inhabergeführten Praxen mit ihren engagierten Teams decken den Großteil der Patientenbedürfnisse in hoher Qualität und bei herausragender Patientenzufriedenheit ab. Im Zusammenspiel mit Kolleginnen und Kollegen mit besonderen Kenntnissen auf den Gebieten der Kieferorthopädie, Oralchirurgie und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie kann somit insbesondere auch im ländlichen Bereich die zahnärztliche Patientenversorgung sichergestellt werden. Wir werden daher alles dafür tun, um diese Strukturen zu erhalten, auch wenn der derzeitige gesundheitspolitische Kurs uns mehr und mehr Steine in den Weg legt.

Gravierendes Negativbeispiel für die destruktive Politik des Ministers ist die mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) wiedereingeführte strikte Budgetierung. Die prognostizierten Folgen dieses Gesetzes gerade für die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie haben sich bereits bestätigt. Diese werden Patientinnen und Patienten sowie unser Berufsstand in 2024 noch stärker zu spüren bekommen. Die im vergangenen Herbst bekannt gewordene Evaluierung des BMG zur Auswirkung des GKV-FinStG auf die Parodontitisversorgung ist das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Der mit validen Zahlen und Fakten unterlegte Evaluationsbericht von KZBV und DG PARO zeigt hingegen deutlich, wohin sich die Versorgung entwickelt: Die Zahl der Parodontitis-Neubehandlungen sinkt kontinuierlich. Leidtragende sind unsere Patientinnen und Patienten. Im Sinne einer weiterhin flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Patientenversorgung lautet unsere klare Forderung an die Politik daher, die mit diesem Gesetz wiedereingeführte strikte Budgetierung für alle Zeiten zu beenden! Dabei kann die sofortige Herausnahme der Leistungen der Parodontitistherapie aus der Budgetierung nur ein erster Schritt sein. Wie kurzsichtig die aktuelle Politik des BMG ist, zeigt sich auch daran, dass die Folgekosten, die durch die unzureichend behandelte Parodontitis für das GKV-System entstehen, gänzlich ausgeblendet werden. Für eine Regierung, die das Wort Prävention ständig in den Mund nimmt, ist dies ein Armutszeugnis.

Gleichzeitig werden lang erkannte Probleme nicht oder nur zögerlich angepackt. So kündigte Lauterbach zur Jahreswende 2022/23 versorgungsfremden Investoren, die MVZ betreiben, vollmundig das „letzte schöne Weihnachten“ an. Passiert ist seitdem nichts. Auch dieses Weihnachten konnten sich die Investoren über ein erfolgreiches Jahr freuen. Allerdings ist eine Entscheidung in Form eines Gesetzes in den ersten Monaten des Jahres 2024 nicht unwahrscheinlich. Die zentrale Frage lautet allerdings, ob man im BMG den Mut für eine echte Regulierung im Interesse der Patientinnen und Patienten haben wird oder ob man es bei Symbolpolitik belässt.

Bezeichnend ist, dass es Lauterbach mit seiner konsequent betriebenen Politik der Demotivation und Drangsalierung geschafft hat, flächendeckend Ärzte- und Zahnärzteschaft sowie Apothekerinnen und Apotheker gegen sich aufzubringen. Das bedeutet aber auch, dass es eine immer größer werdende Allianz derer gibt, die darauf drängen, dass sich diese Gesundheitspolitik dringend ändern muss. Unser Ziel muss es deshalb sein, diese Kräfte zu bündeln, um den verantwortlichen Akteurinnen und Akteuren in aller Deutlichkeit zu zeigen: „Mit uns nicht!“

Daneben muss es uns gelingen, die Bevölkerung über diese fatale Gesundheitspolitik weiter aufzuklären. Denn gerade im ambulanten Bereich ist unseren Patientinnen und Patienten die Tragweite dieser gesundheitspolitischen Entwicklungen noch nicht im vollen Umfang bewusst. Unsere ethische Verpflichtung und unser Selbstverständnis führen dazu, dass wir bis heute immer die Versorgung der Bevölkerung in den Vordergrund gerückt haben. Genau das wird uns aber zunehmend erschwert: Auf der einen Seite ist es unsere Aufgabe, bedarfsgerecht und auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft basierend alle Menschen gleichberechtigt zu versorgen; zudem wird der Bevölkerung seitens der Politik immer wieder die beste medizinische Versorgung für alle in Aussicht gestellt. Auf der anderen Seite stiehlt sich die Politik jedoch bei der Finanzierung aus der Verantwortung und wir bekommen für die Versorgung nicht die erforderlichen Mittel bereitgestellt. Daher ist es umso wichtiger, die Bevölkerung sachlich darüber aufzuklären, wohin die Reise geht, bevor es zu spät ist. Aus diesem Grund wird auch die Kampagne „Zähne zeigen“ in diesem Jahr konsequent fortgesetzt. Dazu ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen geplant, um die notwendige Aufmerksamkeit zu erreichen. Und wir werden mit der Aufklärung nicht nachlassen, bis es eine deutliche Wende dieses gesundheitspolitischen Kurses gibt.

Auch wenn wir Ihnen vielleicht nicht in Aussicht stellen können, dass sich 2024 alles zum Guten wendet, so können wir auf jeden Fall versprechen, dass wir als zahnärztliche Standesvertreterinnen und -vertreter alles daransetzen werden, die Patientenversorgung und die Situation unseres Berufsstandes nachhaltig zu verbessern.

Wir wünschen Ihnen trotz der widrigen Umstände ein erfolgreiches Jahr 2024.

Martin Hendges
Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

Dr. Karl-Georg Pochhammer
Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

Dr. Ute Maier
Stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

Prof. Dr. Christoph Benz
Präsident der Bundeszahnärztekammer

Konstantin von Laffert
Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer

Dr. Romy Ermler
Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer

Martin Hendges

Vorstandsvorsitzender der KZBV
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung

Dr. Karl-Georg Pochhammer

Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV

Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
Universitäts str. 735
0931 Köln
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Prof. Dr. Christoph Benz

Präsident der BZÄK
Bundeszahnärztekammer

Konstantin von Laffert

Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer

Dr. Romy Ermler

Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer

Dr. Ute Maier

Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, Universitätsstr. 73, 50931 Köln

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