Aus der Wissenschaft

Sind direkte Kompositrestaurationen bei subgingivalen Kavitäten eine praktikable Option?

Heftarchiv Zahnmedizin
Elmar Hellwig
Eine Arbeitsgruppe aus den beiden Universitätszahnkliniken Tübingen und Heidelberg hat das Überleben und die Auswirkungen direkter Kompositrestaurationen auf das Parodont bei subgingivalen Kavitäten untersucht – mit erfreulichen Ergebnissen.

Nicht selten reichen kariöse Defekte bis tief in den subgingivalen Bereich und es stellt sich die Frage, wie man diese Defekte so behandeln kann, dass eine qualitativ hochwertige und langfristig dichte Restauration resultiert, die zudem nicht zu einer anhaltenden Gingivitis oder sogar Parodontitis beiträgt. Mit unterschiedlichen Konzepten und verschiedenen Materialien wurde versucht, diesen Anforderungen zu genügen. Dabei wurde dabei fast immer in zwei Schritten vorgegangen. Zunächst wurde der Rand der Restauration in den frei zugänglichen supragingivalen Bereich angehoben (deep-margin elevation = DME). Anschließend wurde eine direkte oder indirekte Restauration angefertigt.

Eine subgingivale Restauration mit Komposit ist dabei sehr techniksensitiv, weil eine Trockenlegung und eine ausreichende Polymerisation nicht immer gewährleistet werden können. Während zahlreiche In-vitro-Studien zu dem Ergebnis kamen, dass es keinen qualitativen Unterschied zwischen indirekten Restaurationen gibt, die mit und ohne DME befestigt wurden, gibt es zum klinischen Verhalten sowohl von direkten als auch von indirekten subgingival endenden Restaurationen hauptsächlich Fallberichte beziehungsweise nur wenige klinische Studien. Das Ziel der vorliegenden retrospektiven klinischen Studie war es daher, die Langzeitqualität von direkten Kompositrestaurationen, deren Randbereich subgingival liegt und die mittels der DME-Methode angefertigt wurden, zu untersuchen.

Material und Methode

In die Studie wurden 63 Patienten der Universitätszahnkliniken Tübingen und Heidelberg eingeschlossen, bei denen in den Jahren 2010 bis 2020 eine subgingivale Kompositrestauration gelegt wurde und die mindestens einen kariesfreien Zahn (Kontrolle) besaßen, der keine Restauration mit Gingivakontakt aufwies. Die Kompositrestaurationen waren alle von erfahrenen Zahnärzten und Zahnärztinnen nach dem gleichen Konzept (siehe Publikation) gelegt worden, dabei wurde nach der Kariesexkavation im Bereich der subgingivalen Stufe ein Flowable-Material eingebracht, anschließend mit einem höher viskösen Komposit überschichtet und dann polymerisiert (snowplow-technique/Schneepflugtechnik). Anschließend wurden die Kompositüberhänge entfernt und nachgeprüft, ob ein Randspalt vorhanden war. In einem zweiten Schritt wurde Kofferdam appliziert und eine Kompositrestauration in der üblichen Technik angefertigt.

Die klinische Nachuntersuchung beinhaltete eine detaillierte Anamnese, die Beantwortung eines Gesundheitsfragebogens, eine zahnärztliche Untersuchung mit Erhebung des DMF-T-Wertes, des BOP, des klinischen Attachment-Levels und weiterer Parameter zum gingivalen und parodontalen Zustand. Die klinische Qualität der Kompositrestaurationen wurde anhand der modifizierten FDI-Kriterien beurteilt (zu den Details, auch der statistischen Auswertung, wird auf die Originalpublikation verwiesen).

Ergebnisse

Das mittlere Alter der Restaurationen betrug 2,7 Jahre. Es ließ sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der gingivalen und parodontalen Gesundheit zwischen den Zähnen mit subgingivalen Kompositrestaurationen und den Kontrollzähnen feststellen, wenn die Patienten eine gute approximale Mundhygiene durchführten. Auch bezüglich der Plaqueakkumulationsrate gab es keinen signifikanten Unterschied, allerdings kam es bei den Zähnen mit subgingivalen Restaurationen zu einem verstärkten Verlust des klinischen Attachmentlevels von 0,4 mm im Vergleich zu den Kontrollzähnen. Keine Restauration wurde als klinisch unakzeptabel gewertet, das heißt, ein Austausch der Restauration war in keinem Fall notwendig.

Fazit für die Praxis

Die Studie zeigt, dass es möglich ist, subgingival endende Kavitäten mit langlebigen Restaurationen zu versorgen. Bei guter approximaler Mundhygiene lassen sich zudem gingivale und parodontale Probleme bei diesen Restaurationen vermeiden. Als Alternativen stehen nur ungleich invasivere Maßnahmen zur Verfügung, wie beispielsweise die Extraktion des entsprechenden Zahnes mit anschließender prothetischer Versorgung oder eine Kronenverlängerung mit Überkronung.

Die Studie: 
Muscholl C., Zamorska, N, , Sekundo, C., Meller, C., Büsch C., Wolff, D., Frese C.: Retrospective Clinical Evaluation of Subgingival Composite Resin Restorations with Deep-Margin Elevation. J Adhes Dent 2022; 24:335-344.

Prof. (a.D.) Dr. Elmar Hellwig

Universitätsklinikum Freiburg, Department
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde,
Klinik für Zahnerhaltungskunde
und Parodontologie
Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg

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