Urteil des Bundessozialgerichts

BSG bestätigt Honorarkürzung für TI-Verweigerer

Martin Wortmann
Arzt- und Zahnarztpraxen müssen die Telematik-Infrastruktur (TI) nutzen und damit einen Versicherten-Stammdatenabgleich vornehmen. Und das bereits seit Anfang 2019, urteilte heute das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.

Die Datensicherheit sei ausreichend geregelt gewesen. Auch habe der Gesetzgeber Ärzte und Zahnärzte hier mit in die Pflicht nehmen dürfen, den Missbrauch von Gesundheitskarten zu verhindern. In einem weiteren Verfahren zu den Kosten nahm der Kläger die Revision zurück.

Im Streit um die Anbindungspflicht wies der BSG-Vertrags(zahn)arztsenat die Klage einer Gynäkologischen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) aus Rheinland-Pfalz ab. Sie hatte ihre Praxis für den Versicherten-Stammdatenabgleich nicht bis zum Jahresbeginn 2019 an die TI angeschlossen. Daraufhin kürzte die KV das Honorar der BAG für das Quartal I/2019 um ein Prozent. Das Sozialgesetzbuch sieht eine solche Kürzung bis zum Anschluss an die TI vor.

Mit ihrer Klage rügte die BAG, dass bis zum Patientendatenschutzgesetz vom 20. Oktober 2020 die Datensicherheit nicht gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet worden sei. Insbesondere sei noch nicht „ein hohes Datenschutzniveau“ vorgegeben gewesen, das sich „am Stand der Technik“ orientiert. Auch die Frage, inwieweit Ärzte oder Gerätehersteller für Datenschutzverstöße verantwortlich sind, sei ungeklärt gewesen. Erst mit dem Patientendatenschutzgesetz seien diese Mängel ausgeräumt worden. Insbesondere habe der Gesetzgeber eine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit allein der Ärzte und Zahnärzte festgelegt.

Demgegenüber argumentierte die KV Rheinland-Pfalz, die Datensicherheit sei durch die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch 2019 schon ausreichend vorgegeben gewesen. Der Stand der Technik sei durch die Einbindung des Bundesamts für die Sicherheit der Informationstechnik (BSI) gewährleistet gewesen.

Wie hierzu nun das BSG betonte, seien technische Mängel in der Vorinstanz vom Sozialgericht Mainz nicht festgestellt worden. Zu prüfen sei daher allein das gesetzliche Regelungskonzept. Dass dies hinsichtlich der Datensicherheit unzureichend gewesen sei, sei „nicht ersichtlich“.

Das gesetzliche Konzept habe die Datensicherheit ausreichend gewährleistet, befanden die Kasseler Richter – „auch wenn der Gesetzgeber später weitere Regelungen erlassen und konkretisiert hat“. So sei bereits für 2019 die Gesellschaft für Telematikanwendungen (Gematik) verpflichtet gewesen, Vorgaben zur Datensicherheit zu machen. Das BSI habe dies überwacht.

Laut DSGVO lag die datenschutzrechtliche Verantwortung auch schon 2019 bei den Ärzten und Zahnärzten

Auch die datenschutzrechtliche Verantwortung sei geregelt gewesen. Nach der DSGVO habe diese auch schon 2019 „bei den Leistungserbringern“, hier also bei den Ärzten und Zahnärzten gelegen. Im Übrigen lasse die DSGVO eigene „bereichsspezifische Regelungen“ ausdrücklich zu. Hier sei die Verarbeitung der Versichertendaten auch sachlich gerechtfertigt. Denn der Datenabgleich über die TI solle den Missbrauch verlorener oder gestohlener Gesundheitskarten verhindern. Dabei habe der Gesetzgeber die Vertrags(zahn)ärzte mit in die Pflicht nehmen dürfen. Auch die ihnen zugewiesene Haftung sei zumutbar, weil diese laut DSGVO nur bei „schuldhaften Verstößen“ greife.

In einem weiteren Streit um die Erstattung der laufenden Kosten nahm der vom Medi-Verbund unterstützte Kläger die Revision zurück. Medi strebe ein Muster-Urteil lieber in anderen Verfahren an, bei denen es im Gesamtpaket auch um die Kosten der Erstausstattung geht, hieß es. Entsprechende noch beim Sozialgericht Stuttgart anhängige Klagen will Medi nun möglichst rasch zum BSG bringen.

Bundessozialgericht
Az.: B 6 KA 23/22 R (Anbindungspflicht) und B 6 KA 24/22 R (Betriebskosten)
Urteile vom 6. März 2024

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