Vergütung von angestellten Zahnärzten

Wie geht Umsatzbeteiligung?

Rebecca Richter
In vielen Zahnarztpraxen erhalten angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte neben ihrem festen Gehalt eine Umsatzbeteiligung. Ein gern gesehener Anreiz und Motivationsgeber, der für beide Seiten Vorteile bietet. Doch was passiert eigentlich, wenn diese Beschäftigten krank werden oder in den Urlaub gehen? Wie diese gängige Regelung im Arbeitsverhältnis fair und rechtssicher ausgestaltet werden kann, erklärt die Rechtsanwältin Rebecca Richter.

1. Fall: Urlaub

Es gibt Gesetze, die regeln, dass Arbeitnehmende auch im Urlaub weiterhin bezahlt werden müssen. Das Bundesurlaubsgesetz spricht in § 1 jeder arbeitnehmenden Person einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub zu. § 11 regelt die Höhe des zu zahlenden Entgelts, das sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs richtet. Prinzipiell nichts anderes – und dies klarstellend – zementierte eine wichtige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2014 (Az. C-539/12) für Angestellte mit Umsatz- oder Provisionsbeteiligung. Denn während des Urlaubs entstünde ein finanzieller Engpass, da von der Person keine Gewinne erwirtschaftet werden. Dies würde (oft) dazu führen, dass das Gehalt in den folgenden Monaten aufgrund des fehlenden Umsatzanteils erheblich niedriger ausfällt.

Gemäß der Entscheidung des EuGH muss eine angestellte Person während des Jahresurlaubs das reguläre Entgelt erhalten. Es ist daher unrechtmäßig, wenn Angestellte nach dem Urlaub nur das Grundgehalt erhalten und dadurch finanzielle Einbußen erleiden. Nichts anderes gilt für angestellte Zahnärzte mit Umsatzbeteiligung. Trotzdem gibt es oft Schwierigkeiten, diese Regelung richtig umzusetzen. Es muss also sein, dass die Umsatzbeteiligung im Urlaub weiterhin gezahlt wird, selbst wenn eine vereinbarte Umsatzschwelle während des Urlaubs nicht erreicht wird. Dies ist fast immer der Fall, wenn die Umsatzbeteiligung in monatlichen oder quartalsweisen Abständen mit dem Festgehalt ausgezahlt wird und nicht nur einmalig und klar als Bonus definiert ist.

Da die Umsatzbeteiligung stets als Entgelt betrachtet wird, wird für jeden Urlaubstag der entsprechende durchschnittliche Umsatz der letzten 13 Wochen berechnet und zusätzlich zum Festgehalt ausgezahlt. Es ist ratsam, dies im Einzelfall anwaltlich prüfen zu lassen.

2. Fall: Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit

Die anzuwendende Regelung stellt § 4 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes dar. Nach dieser Norm muss im Fall von Krankheit das Gehalt für sechs Wochen weitergezahlt werden. Gehalt umfasst in diesem Fall wieder das regelmäßig ausgezahlte Gehalt samt der Umsatzbeteiligung. Dabei wird geschaut, wie viel Provision in den letzten drei Monaten vor der Krankheit im Durchschnitt verdient wurde. Wenn während dieser Monate eine Umsatzbeteiligung erfolgt ist, ist eine Reduzierung auf das Grundgehalt während der Krankheit ausgeschlossen. Es gibt sogar die Möglichkeit, auf einen längeren Zeitraum zurückzugreifen, wenn der Verdienst bei der Umsatzbeteiligung sehr unregelmäßig ist.

3. Fall: Entgeltfortzahlung an Feiertagen

Hier verhält es sich ganz ähnlich wie bei der Krankenvergütung (2. Fall) gemäß § 2 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz bei gesetzlichen Feiertagen an üblichen Arbeitstagen. Hier wird der hypothetische Verdienst anhand eines zurückliegenden Zeitraums – oft auf Basis des monatlichen Durchschnittsverdienstes der letzten 12 Monate – herangezogen.

4. Fall: Mutterschutz

Während des Mutterschutzes gelten besondere Vorschriften, um sicherzustellen, dass schwangere Arbeitnehmerinnen angemessen geschützt und finanziell abgesichert sind. Gemäß dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) müssen Praxen sicherstellen, dass schwangere Mitarbeiterinnen während des Mutterschutzes weiterhin ihr reguläres Gehalt erhalten. Dies gilt auch für alle Vergütungskomponenten, einschließlich etwaiger Umsatzbeteiligungen. Berechnet wird hier die weiter zu zahlende Vergütung während des Mutterschutzes anhand des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der vorigen drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft.

Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bleibt unberücksichtigt. Hierunter fallen Zahlungen wie Weihnachtsgratifikationen oder Bonuszahlungen, die nicht als direkte Gegenleistung für die Arbeitsleistung erfolgen und nicht regelmäßig, sondern beispielsweise einmal jährlich oder zu einem bestimmten Anlass ausgezahlt werden.

Worauf bei der 
Vertragsgestaltung zu achten ist

1. Kritische Klauseln: Einige Vertragsbestimmungen bergen das Risiko der Unwirksamkeit, darunter:

  • Eine alleinige Vergütung basierend auf einer Umsatzbeteiligung ohne festes Gehalt: Arbeitnehmende benötigen angemessene Verdienstmöglichkeiten, daher sollte üblicherweise neben der Umsatzbeteiligung ein festes Grundgehalt vereinbart werden. Die Höhe der Umsatzbeteiligung sollte individuell angepasst sein, wobei als Faustregel gilt, dass mindestens zwei Drittel des branchen­üblichen Gehalts unabhängig vom Umsatz bleiben sollten.

  • Die Bezeichnung als „Bonus“ während gleichzeitig eine regelmäßige Auszahlung erfolgt und eine fiktive Umsatzbeteiligung in Zeiten, in denen die Angestellten nicht wirtschaften können, ausgeschlossen wird.

2. Entscheidende Aspekte bei der Vertragsgestaltung: Bei der Ausarbeitung von Arbeitsverträgen ist es entscheidend, die spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, um einen gerechten Interessenausgleich sicherzustellen. Hier sind einige Schlüsselpunkte:

  • Das individuell erwirtschaftete Honorar einer angestellten Person sollte üblicherweise als Grundlage dienen.

  • Eine genaue Definition und Begrenzung der Bemessungsgrundlage ist empfehlenswert, beispielsweise durch die Festlegung, dass das Honorar tatsächlich der Praxis zugeflossen sein muss.

  • Ratsam ist, die Bemessungsgrundlage genauer zu spezifizieren, etwa in Bezug darauf, wie Materialkosten berücksichtigt werden sollen.

Fazit

Unser Rechtssystem gewährleistet einen konsequenten Schutz der Arbeitnehmenden. Ob dies jedoch fair gegenüber den Praxisinhabern ist, die das wirtschaftliche Risiko tragen, ist eine andere Frage. Wenn man Mitarbeiter anstellt und am Umsatz beteiligen möchte, um Anreize zu schaffen, müssen (trotzdem) Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und des Urlaubs berücksichtigt werden. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine vollständige Ausschließung der weiteren Beteiligung ohne entsprechende Arbeitsleistung während Krankheits- oder Urlaubsphasen festgelegt wird. Es wäre zwar denkbar, dies im Vertrag klar zu regeln oder die Umsatzbeteiligung geschickt als „Bonus“ zu bezeichnen. Tatsächlich wäre selbst in letzterem Fall bei regelmäßiger Auszahlung eine Umsatzbeteiligung gegeben, die vertraglich nicht ausgeschlossen werden kann, selbst im Fall von Urlaub oder Krankheit. Solche Ausschlüsse, die zum Nachteil der Arbeitnehmer sind, werden vermutlich vor Gericht keinen Bestand haben.

Rebecca Richter

DUNKEL RICHTER
Rechtsanwältinnen
Mühsamstr. 34, 10249 Berlin

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