Sie wurden erfolgreich abgemeldet!

30 Jahre Zahnhotline Schleswig-Holstein

„Jeder bekommt so viel Zeit, wie er benötigt“

Vor 30 Jahren riefen die Zahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein mit der Zahnhotline die erste Patientenberatungsstelle dieser Art in Deutschland ins Leben. Wie wird das Angebot nach all den Jahren angenommen und mit welchen Anliegen wenden sich Patientinnen und Patienten an die Hotline? Wir haben nachgefragt.

Im Jahr 1995 beschlossen die Vertreterversammlung der KZV und die Kammerversammlung der Zahnärztekammer, gemeinsam eine Hotline einzurichten. Grund waren häufige Anfragen von Patienten. Mit dem Angebot wollten Kammer und KZV den Patienten eine fachlich unabhängige Anlaufstelle für Fragen rund um die Mundgesundheit anbieten. „Beim Aufbau der Zahnhotline war Schleswig-Holstein damals bundesweit Vorreiter“, erzählt Patientenberaterin Christina Kiencke. Mittlerweile gibt es ein flächendeckendes Beratungsangebot in allen Bundesländern.

Kiencke ist gelernte Zahnmedizinische Fachangestellte. Seit 2010 ist sie Ansprechpartnerin für die Patientinnen und Patienten an der „zahnhotline.sh – Patientenberatungsstelle der schleswig-holsteinischen Zahnärztinnen und Zahnärzte“ in Kiel. Sie nimmt sämtliche Anrufe entgegen, beantwortet Fragen, berät und zeigt Wege auf, wie die Patienten weiter vorgehen können. Bei Bedarf verweist sie auf weitere Ansprechpartner.

„Wir haben eine Lotsenfunktion“

„Ich habe eine Lotsenfunktion“, erklärt sie. Bei zahnmedizinischen Fragen koordiniert sie Beratungstermine mit Dr. Claudia Stange, Vorstand Öffentlichkeitsarbeit & Beruflicher Nachwuchs der Zahnärztekammer und Peter Oleownik, 1. stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein.

Die meisten Ratsuchenden rufen an, es gehen aber täglich auch schriftliche Anfragen bei der Zahnhotline ein. Auf Wunsch beraten Kiencke, Stange und Oleownik Patienten auch persönlich vor Ort. Außerdem ermöglicht eine Kooperation mit der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, die mittlerweile seit 25 Jahren besteht, einmal im Monat Beratungsgespräche mit Beratungszahnärzten in Flensburg, Heide, Kiel, Lübeck oder Norderstedt anzubieten. 

Statement Dr. Claudia Stange

„Seit nunmehr 30 Jahren bietet die unabhängige zahnärztliche Patientenberatung eine neutrale, vertrauenswürdige Anlaufstelle für alle Menschen mit Fragen und Problemen rund um die Zahnmedizin. Auch künftig bleibt sie ein unverzichtbarer Partner für Patientinnen und Patienten, indem sie individuelle Anliegen ernst nimmt, Orientierung bietet und sich den Herausforderungen eines komplexen Gesundheitssystems stellt.“

Die Zahl der Anrufer sei in den vergangenen Jahren relativ konstant geblieben, aber der Beratungsbedarf und die Intensität der Gespräche hätten zugenommen, berichtet Kiencke. Wandten sich im Jahr 2017 insgesamt 2.239 Anrufer mit 2.577 Beratungsthemen an die Hotline, waren es im vergangenen Jahr zwar mit 2.101 Anrufern etwas weniger; sie wünschten aber Auskünfte und Beratung zu insgesamt 3.525 Themen. In Summe haben die Ansprechpartner der Zahnhotline in den vergangenen 30 Jahren über 130.000 Beratungen angeboten.

„Viele Ratsuchende haben mehrere Fragen. Dadurch nehmen die einzelnen Gespräche im Schnitt mehr Zeit in Anspruch“, berichtet Kiencke. Gewachsen sei auch das Bedürfnis der Anrufer, dass sich jemand Zeit für sie und ihre Anliegen nimmt. Viele seien dankbar, dass sie in Ruhe ihre Fragen vorbringen können und nicht sofort weiterverwiesen werden.

„Ein älterer Herr hat mich einmal gefragt, ob ich eine KI wäre“, erzählt die Patientenberaterin. Er sei sehr froh gewesen, als sie ihm erklärte, dass am anderen Ende der Leitung tatsächlich ein Mensch sitzt, der sich Zeit nimmt und ihm zuhört. „Jeder Anrufer ist uns wichtig. Jeder bekommt so viel Zeit, wie er benötigt“, betont Kiencke. Manchmal sei eine Frage in fünf Minuten beantwortet, ein andermal dauere ein Gespräch eine Dreiviertelstunde. Viele Patienten rufen auch mehrmals an.

Vor allem Fragen zu Kosten und rechtlichen Themen

Die meisten Fragen betreffen Kosten und rechtliche Themen, dazu zählen zum Beispiel Patientenrechte und Berufspflichten. Beispielsweise wollen Patienten wissen, ob sie das Recht auf Herausgabe ihrer Behandlungsunterlagen haben oder wann sie sich eine ärztliche Zweitmeinung einholen können. Oder sie fragen, wie sie bei Problemen mit dem neuen Zahnersatz vorgehen können. Ist ein Heil- und Kostenplan richtig aufgestellt? Müsste der Festzuschuss nicht höher ausfallen? Wie kann ich fehlende Bonusnachweise erhalten? Welche Leistungen übernimmt die gesetzliche Krankenkasse? Kann ich eine Privatrechnung überprüfen lassen? Wie gehe ich bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler vor? Wenn Patienten wegen Problemen mit ihrem neuen Zahnersatz anrufen, empfiehlt Kiencke, über die Krankenkasse ein Gutachten einleiten zu lassen. Sind die Fronten verhärtet und können Konflikte nicht mehr „bilateral“ gelöst werden, verweist Kiencke auf die Schlichtungsstelle der Zahnärztekammer. Vorher erklärt sie aber, wie eine Schlichtung abläuft und welche Unterlagen benötigt werden.

Häufig geht es auch um Praxisbesonderheiten, berichtet Kiencke. Wenn Patientinnen und Patienten beispielsweise eine barrierefreie Zahnarztpraxis suchen oder eine Praxis, die im Rollstuhl behandeln kann, kann sie ihnen Adressen nennen. Einzelne Praxen empfehlen darf sie nicht. Sehr häufig fragten Patienten auch nach Praxen, die unter Narkose behandeln. „Das ist ein Dauerthema“, erzählt Kiencke. Auch dann gibt sie Adressen weiter.

Statement Peter Oleownik

„Unsere Zahnhotline ist in den 30 Jahren ihres Bestehens zu einem ­wichtigen Bestandteil unserer zahnärztlichen Selbstverwaltung geworden. Die konstant hohe Zahl an Beratungen zeigt, dass viele Patientinnen und Patienten nicht auf ‚Dr. Google‘ oder KI-generierte Antworten setzen, sondern eher jemandem vertrauen, der zuhört und ‚menschliche‘ Ratschläge erteilt.“

Wenn Zahnärzte aufgehört und keinen Nachfolger haben, wenden sich ebenfalls immer wieder Patienten an die Hotline – meist, weil sie Unterlagen oder Informationen benötigen. So brauchte zum Beispiel eine 19-Jährige, die in den Polizeidienst eintreten wollte, für die Einstellung Auskünfte zu einer kieferorthopädischen Behandlung. „Ich konnte ihr eine Kontaktadresse nennen. Dafür war sie sehr dankbar“, erzählt Kiencke.

Die Patientenberaterin geht auf alle Anliegen ein, hört genau zu und versucht auch bei komplizierten Problemen, gemeinsam mit den Ratsuchenden eine Lösung zu finden. „Wir können aber nicht immer helfen“, stellt sie klar. So führen die Hotline-Berater und Zahnärzte in den Verbraucherzentren keine Untersuchungen durch. „Wir zeigen aber Wege auf, wie die Patientinnen und Patienten weiter vorgehen können.“

Am Ende der Leitung sitzt ein Mensch, keine KI

Dafür sind die meisten Ratsuchenden sehr dankbar. Auch nach gut 15 Jahren macht Kiencke die Beratung viel Spaß. „Ich habe das Gefühl, vielen Menschen helfen zu können. Und ich lerne immer wieder etwas dazu.“

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.