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Schlagfertigkeit im Praxisalltag

Strike!

In einer unangenehmen Situation mit der richtigen Reaktion punkten – wer wünscht sich das nicht im Arbeitsalltag? Eine schlagfertige Antwort kann brenzlige Situationen entschärfen und dabei helfen, sich abzugrenzen. Dabei geht es um mehr als einen flotten Spruch. Welche Techniken gibt es und wie wendet man sie an?

Auf den Umgang mit Patientinnen und Patienten, aber auch mit den Kolleginnen und Kollegen kann sich Schlagfertigkeit positiv auswirken“, sagt Kommunikationstrainerin Birgit Stülten. „Schlagfertigen Menschen gelingt es, in herausfordernden Situationen schnell und souverän zu agieren und humorvoll oder treffend zu kontern. Konflikte und Missverständnisse lösen sich dann oft in Wohlgefallen auf.“ In der Zahnarztpraxis kann die richtige Dosis Schlagfertigkeit aus Stültens Erfahrung außerdem dazu beitragen, das Vertrauen von Patienten zu gewinnen, die Angst vor der anstehenden Behandlung haben.

Demzufolge kommt es bei Schlagfertigkeit grundsätzlich darauf an, die eigenen Gefühle zu erkennen und zu steuern. „Wut, Ärger oder Frust können beispielsweise dazu führen, dass eine Reaktion impulsiv und unüberlegt ausfällt und die Situation sich verschlimmert.“ Auch Selbstbewusstsein spiele eine entscheidende Rolle. „Man sollte sich über seine Stärken und Schwächen im Klaren sein, sich damit akzeptieren und auch in schwierigen Momenten an sich glauben“, führt Stülten aus. „Selbstzweifel und Unsicherheit stehen einer schlagfertigen Reaktion im Weg.“

Selbstzweifel und Unsicherheit am besten ausblenden

Klingt leichter gesagt als getan. Der Rat der Expertin: „Man sollte zunächst überlegen, wie man sich in vergangenen Situationen verhalten hat. Auch von Kolleginnen und Kollegen kann man sich dazu Feedback holen.“ Allein Selbstreflexion eröffne schon die Chance, seine Kommunikationsfähigkeit Stück für Stück zu verbessern und dadurch schlagfertiger zu werden.

Tipp 1

Für einen selbstbewussten Auftritt empfiehlt Trainerin Birgit Stülten die von der Sozialpsychologin Amy Cuddy entwickelte Methode der „Power Posen“. Cuddy hat in ihrer Forschung Hinweise darauf entdeckt, dass bestimmte Körperhaltungen unser Selbstbewusstsein stärken. Wenn man sich zum Beispiel breitbeinig mit den Händen in die Hüften gestemmt hinstellt, hat das laut Cuddy einen positiven Einfluss auf das Stresshormon Cortisol und das Dominanzhormon Testosteron. Bereits zwei Minuten in einer Power Pose zeigen demnach Wirkung.

In ihren Workshops vermittelt Stülten Strategien, die die Kontrolle der eigenen Emotionen und das selbstbewusste Auftreten fördern sollen. Zum Beispiel:

Selbstreflexion: „Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit, um über Ihre Gefühle, Gedanken und Handlungen nachzudenken. Dies hilft, ein besseres Verständnis für sich selbst zu entwickeln und emotionale Reaktionen besser steuern zu können.“

Selbstwahrnehmung: „Achten Sie auf Ihre Körpersprache, Stimme und Wortwahl, um selbstsicher und souverän aufzutreten. Eine aufrechte Haltung, Blickkontakt und eine klare, deutliche Stimme tragen dazu bei, Selbstbewusstsein auszustrahlen und schlagfertiger zu wirken.“

Humor: „Probieren Sie, auch in schwierigen Situationen Humor einzusetzen. Das kann dazu beitragen, Spannungen abzubauen, die Stimmung zu heben und eine schlagfertige Reaktion aufzulockern.“

Tipp 2

Lernen Sie diese Sätze auswendig, damit Sie sie in einem passenden Moment ausprobieren können:

„Das ist eine interessante Perspektive. Wie meinen Sie das genau?“

„Ich verstehe, was Sie sagen wollen, aber haben Sie auch schon in Betracht gezogen, dass ...“

„Ein nachvollziehbarer Standpunkt. Lassen Sie uns trotzdem auch Folgendes ausprobieren.“

„Das ist eine klare Aussage. Ich frage mich allerdings, ob …“

Respekt: „Setzen Sie Ihr Gegenüber nicht herab. Es geht bei Schlagfertigkeit nicht darum, die andere Person zu dominieren. Ziel ist es, die eigene Position auf eine konstruktive, respektvolle und nach Möglichkeit wertschätzende Weise zu vertreten. Zeigen Sie Empathie und Verständnis für die Gefühle der anderen Person, ohne dabei Ihre eigene Position zu untergraben.“

Fokus: „Bleiben Sie in schwierigen Situationen ruhig und besonnen, indem Sie nicht Ihre Emotionen in den Vordergrund stellen, sondern sich auf das eigentliche Problem konzentrieren. Hören Sie aufmerksam zu und versuchen Sie, die Perspektive der anderen Person zu verstehen, bevor Sie Ihre eigene Meinung äußern.“

Ausprobieren und immer besser werden

Es gibt verschiedene Schlagfertigkeitstechniken, die man trainieren und in Konfliktsituationen einsetzen kann. Stülten empfiehlt diese Methoden:

Die „Ja, aber“-Technik: Bei dieser Technik stimmt man zunächst der Aussage des Gegenübers zu, bringt jedoch anschließend einen Einwand vor. Durch die Zustimmung signalisiert man Offenheit für die Meinung des anderen, ohne den eigenen Standpunkt zu verschweigen. Diese Technik empfiehlt sich besonders als Reaktion auf Kritik oder Beschwerden.

Tipp 3

Führen Sie ein Erfolgstagebuch, in das Sie jeden Abend drei Dinge eintragen, die Sie am Tag gut gelöst haben. Laut Kommunikationstrainerin Birgit Stülten kann es das Selbstbewusstsein langfristig enorm steigern, wenn wir uns auf positive Erlebnisse fokussieren und Negativerlebnissen weniger Aufmerksamkeit schenken.

Die Spiegel-Technik: Dabei fasst man die Aussage des anderen in den eigenen Worten zusammen und kann dabei Rückfragen stellen. Idealerweise lässt diese Reaktion das Gegenüber die eigene Position klarer erkennen und auch Missverständnisse können aufgedeckt werden. Diese Technik eignet sich dazu, die Konversation auf eine sachliche Ebene zurückzuführen.

Die Ablenkungs-Technik: Indem man das Gespräch in eine neue Richtung lenkt (Das Wetter ist immer eine Möglichkeit!), entfernt man sich erst einmal von unangenehmen Themen oder Konflikten. Die Ablenkung kann dazu beitragen, Spannungen abzubauen und den Fokus auf positivere oder konstruktivere Themen zu richten.

Die Zeitgewinn-Technik: Wenn man sich unsicher ist, wie man auf einen persönlichen Angriff reagieren soll, kann es helfen, Zeit zu schinden. Man kann beispielsweise sagen: „Jetzt müssen Sie mir erst einmal einen Moment geben, meine Gedanken zu sammeln!“ Es entsteht eine Pause, die einer impulsiven Reaktion vorbeugt und das Formulieren einer durchdachten Antwort ermöglicht. Man könne die eigene Sprachlosigkeit auch als bewusste Pause verkaufen, regt Stülten an, und so dem Gespräch unter Umständen eine andere Richtung geben.

Beide Parteien müssen das Gesicht wahren

Alle, die Schlagfertigkeit nicht zu ihren Talenten zählen, will Stülten ermutigen: „Schlagfertigkeit lässt sich durch Übung und Erfahrung verbessern. Ich empfehle, die verschiedenen Techniken im Praxisalltag auszuprobieren und zu prüfen, womit man sich wohlfühlt. Im Nachhinein sollte man immer auswerten, welche Reaktionen gut funktioniert haben und welche nicht.“ Ergebnisoffen zu sein und nicht sofort Perfektion von sich zu erwarten, lautet die Maxime.

Eine wichtige Rolle in der Kunst der souveränen Reaktion spielen aus Erfahrung der Praxisberaterin Chefinnen und Chefs. Von der Schlagfertigkeit ihres Teams könnten die Praxisabläufe und damit sie selbst extrem profitieren. Voraussetzung dafür sei aber, dass Mitarbeitende das Gefühl haben, offen ihre Meinung vertreten zu können. „Wer Angst vor seinen Vorgesetzten hat, wird sich auch gegen viele Patientinnen und Patienten nicht behaupten können“, sagt sie. Und nicht zuletzt sei der selbstbewusste Auftritt nach außen davon abhängig, dass Chefinnen und Chefs ihren Mitarbeitenden nicht vor Dritten in den Rücken fallen.

„Es geht darum, Wege zu finden, die beide Parteien das Gesicht wahren lassen. Das Anliegen des anderen soll nicht diskreditiert werden – die eigene Kompetenz aber auch nicht.“

Der ängstliche Patient

Ein Mann kommt sichtlich angespannt und mit Schweißperlen auf der Stirn ins Behandlungszimmer, setzt sich auf den Stuhl und sagt mit angespannter Stimme: „Frau Doktor, das wird bestimmt furchtbar weh tun, oder?“

Wie Sie nicht reagieren sollten: „Das kann ich Ihnen wohl kaum sagen, bevor wir überhaupt angefangen haben.“ Mit dieser Antwort verspielen Sie das Vertrauen des Patienten und verstärken das Unsicherheitsgefühl.

Schlagfertige Alternativen:

Humorvoll: „Wissen Sie, die meisten sagen hinterher: ‚War gar nicht so schlimm wie befürchtet‘. Ich hoffe, Sie enttäuschen mich da nicht.“

Zeitgewinnend: „Lassen Sie uns erst einmal in Ruhe schauen, was wirklich gemacht werden muss. Dann können Sie immer noch entscheiden, ob es schlimm klingt.“

Wirkung: Die Angst wird entkräftet, ohne den Patienten kleinzumachen. Humor bringt Leichtigkeit, Zeitgewinn und Ruhe.

Die verärgerte Patientin

Eine Frau steht an der Rezeption und beschwert sich laut, dass es eine absolute Frechheit sei, „schon wieder“ über 20 Minuten warten zu müssen. Andere Patientinnen und Patienten hören mit.

Wie Sie nicht reagieren sollten: „Da können wir auch nichts für! Das liegt an den vielen Schmerzpatienten ohne Termin.“ Diese Reaktion wirkt konfrontativ, stört sofort die Patientenbeziehung und verärgert möglicherweise andere Wartende.

Schlagfertige Alternativen:

Spiegeln: „Ich kann absolut verstehen, dass Sie verärgert sind, weil Sie länger warten mussten. Sie können sich aber sicher sein, dass wir dafür sorgen, dass es schnellstmöglich weitergeht.“

Ja-aber: „Ja, es stimmt, die Wartezeit war heute länger als geplant, aber wir nehmen uns für jede Behandlung die nötige Zeit, damit nichts übersehen wird. Davon profitieren auch Sie.“

Wirkung: Der Ärger der Patientin wird anerkannt, die eigene Perspektive eingebracht und gleichzeitig wird das Image der Praxis geschützt.

Die überhebliche Kollegin

In der Team-Sitzung wirft eine erfahrene Kollegin – mit Blick zum Chef und nicht zur Praxismanagerin, um die es geht – in spöttischem Tonfall ein: „Ach, die jungen Kolleginnen meinen immer, sie wüssten alles besser. Aber ohne die erfahrenen Kolleginnen läuft hier am Ende sowieso nichts.“

Wie Sie nicht reagieren sollten: „Ja klar, ohne Sie wären wir alle aufgeschmissen.“ Der sarkastische Ton eskaliert die Spannung im Team, wirkt respektlos und aggressiv.

Die schlagfertige Alternative:

„Stimmt, Ihre Erfahrung ist wirklich Gold wert. Wenn wir die mit neuen Ideen verbinden, können wir mehr erreichen und am Puls der Zeit bleiben.“

Wirkung: Die Abwertung bleibt nicht unangesprochen, wird aber konstruktiv gedreht. Die Zustimmung- und Ergänzung-Technik vermeidet offene Konfrontation und betont gemeinsame Stärke.

Der rücksichtslose Patient

Ein Mann spricht im Wartezimmer beruflich laut am Handy und stört die Ruhe. Als er ins Behandlungszimmer gebeten wird, sagt er: „Na, da müssen Sie jetzt mal warten. Das hier ist wichtiger!“

Wie Sie nicht reagieren sollten:

„Dann telefonieren Sie halt draußen – wir haben hier auch Wichtigeres zu tun als auf Sie zu warten.“ Auf diese Weise kommen Sie schroff rüber und erhöhen wahrscheinlich den Widerstand, weil der Patient sich bloßgestellt fühlt und verärgert ist. In einen kleinen Machtkampf verstrickt, verlieren beide Parteien das Ziel aus den Augen.

Schlagfertige Antwort:

Fokus: „Für Ihre Behandlung nehmen wir uns die volle Aufmerksamkeit – und die brauchen wir dafür auch von Ihnen.“

Klare Botschaft: „Können wir uns darauf einigen, dass für Ihre Zähne jetzt wir wichtiger sind. Ihr Telefonat können Sie später mit mehr Ruhe weiterführen.“

Wirkung: Die Ablenkungs- und Fokus-Technik rückt ruhig, aber eindeutig in den Mittelpunkt, was in dieser Situation Priorität haben sollte, ohne den Patienten vorzuführen.

Die gedankenlose Chefin

Die Zahnärztin ist im Stress und spricht die ZFA genervt an: „Meine Güte, das dauert ja. Können Sie nicht mal schneller arbeiten?“

Wie Sie nicht reagieren sollten: „Dann machen Sie es doch selbst, wenn es Ihnen so nicht passt!“Diese Reaktion führt zu einer vor dem Patienten unangemessenen Konfrontation mit der Vorgesetzten und kann als respektlos oder unprofessionell empfunden werden. Dem Ziel näher bringt sie keinen der Beteiligten.

Schlagfertige Alternativen:

Spiegeln: „Ich verstehe, dass Sie sich wünschen, dass es zügiger geht. Ich gebe mein Bestes – und mit klaren Anweisungen geht es bestimmt noch schneller.“

Humorvoll: „Wenn ich einen Turbogang hätte, würde ich ihn sofort einlegen – leider geht das nicht ohne die nötige Sorgfalt.“

Wirkung: Die Antwort signalisiert, dass die Bemerkung angekommen ist, ohne ins Trotzige zu rutschen. Humor kann die Aussage entschärfen.

Der übergriffige Patient

Eine ZFA beugt sich über den Patienten, um das Tablett zu richten. Plötzlich legt der Mann seine Hand an ihre Hüfte.

Wie Sie nicht reagieren sollten: Wortlos oder ohne Reaktion. Das signalisiert Duldung, verstärkt das Machtgefälle und gefährdet die Sicherheit und den Respekt für die Mitarbeiterin.

Schlagfertige Alternativen:

Sachlich und klar: „Bitte nehmen Sie Ihre Hand sofort weg. Wir halten hier Abstand.“ (Wichtig ist hier der bestimmte Tonfall und ein direkter Blickkontakt für eine starke Wirkung)

Humorvoll, aber bestimmt: „Hände gehören in der Praxis nur auf die Armlehnen – und nicht an die Mitarbeiterinnen.“

Spiegeln: „Sie haben mich gerade an der Hüfte berührt, das ist unangemessen. Ich bitte Sie, das zu unterlassen.“

Wirkung: Es wird sofort eine Grenze gesetzt. Die Schlagfertigkeit zeigt Selbstbewusstsein, schützt die Mitarbeiterin und macht deutlich, dass Übergriffe nicht toleriert werden. Ganz wichtig ist, dass hier direkt reagiert wird. Bei körperlichen Übergriffen sollte die Zahnärztin oder der Zahnarzt informiert werden. In dem zugrundeliegenden Praxisfall wurde der Patient der Praxis verwiesen.

Beispiele aus dem Praxisalltag

Zahnärztinnen, Zahnärzte und Zahnmedizinische Fachangestellte haben Birgit Stülten schon von vielen Erlebnissen berichtet, bei denen es mit der Schlagfertigkeit mal mehr oder weniger gut geklappt hat. Hier einige Situationen, die wirklich passiert sind, und mögliche Reaktionen darauf.

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