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FVDZ-Hauptversammlung

70 Jahre im Zeichen der Freiberuflichkeit

Wie kann die Freiberuflichkeit gestärkt und die zahnärztliche Versorgung auch in Zukunft sichergestellt werden? Darum ging es bei der Eröffnung der Hauptversammlung des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) am 9. Oktober in Berlin. Zugleich feierte der Verband sein 70-jähriges Bestehen.

In einem Video-Grußwort würdigte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) den FVDZ als ­„starke­ Stimme und Impulsgeber für die ­Weiterentwicklung unserer zahnmedizinischen Versorgung“. Sie dankte dem Verband für 70 Jahre Engagement vor Ort und in der berufspolitischen ­Arbeit. „Die Zahnmedizin ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesundheitsversorgung“, betonte sie.

Warken: „Der FVDZ hat viel bewegt"

Der Verband habe viel bewegt, die tägliche Arbeit der Zahnärzte wirke. Die Fortschritte seien beeindruckend: Bei zwölfjährigen Kindern sei die Zahl kariöser, fehlender und gefüllter ­Zähne seit 1990 um 90 Prozent gesunken. Auch bei Erwachsenen und älteren Menschen habe sich die Mundgesundheit deutlich verbessert. Allerdings ­seien Parodontalerkrankungen weiterhin weit verbreitet, räumte ­Warken ein.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) arbeite daran, Abläufe zu vereinfachen und Bürokratie abzubauen, damit Zahnärztinnen und Zahnärzte­ mehr Zeit für die Behandlung der ­Patienten haben. „Ihre Anliegen nehme ich sehr ernst“, betonte Warken und fügte hinzu: „Auch bei der Digitalisierung kommen wir gemeinsam ­voran." Jetzt gehe es darum, Anwendungen wie die elektronische Patientenakte (ePA) praxisnah zu gestalten und Verwaltungsabläufe zu vereinfachen. „Ihre Rückmeldungen sind dafür von großem Wert“, versicherte die Ministerin. Auf der Agenda des BMG stehe auch die Reform der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte. Ziel sei es, Verfahren zu modernisieren, zu digitalisieren und Niederlassungen zu erleichtern.

Dritte Kraft der Standespolitik

Auch der Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) Martin Hendges und der Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) Prof. Dr. Christoph Benz würdigten in ihren Grußworten die Rolle des FVDZ als verlässlichen Partner und dritte Kraft in der gemeinsamen Standespolitik.

Benz dankte dem Freien Verband für seine Arbeit, die von Konstruktivität geprägt sei. „Wir sind Präventionsweltmeister“, sagte er, und nahm damit auf Warkens Grußwort Bezug. Die Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS 6) bezeichnete er als „Meilenstein“; seit der Veröffentlichung werde die Zahnärzteschaft darauf immer und überall mit Respekt angesprochen. Bei der Parodontitisbehandlung werde die Zahnärzteschaft aber weiterhin Probleme haben – da fehle der Respekt. Ein großes Anliegen der BZÄK sei es, die Niederlassungslust zu fördern. Auch der Bürokratieabbau sei ein zentrales Thema, der „Hygiene-Overkill“ nerve seit Jahrzehnten. Bundeskanzler Friedrich Merz habe versprochen, die Bürokratie um 24 Prozent abzubauen. „Wir werden nicht akzeptieren, dass davon null Prozent bei uns ankommt“, stellte Benz klar.

Hendges rief dazu auf, die Bedeutung der Selbstverwaltung herauszustellen, als „geschlossener Berufsstand“ aufzutreten und Prävention als Erfolgsrezept darzustellen. Gerade in schwierigen Zeiten sei es wichtig, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Er hoffe, dass Bundesgesundheitsministerin Warken ihre Ankündigung, auf Dialog zu setzen, auch einlösen werde. Der demografische Wandel stelle das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Doch auch die neue Regierung sei nicht bereit, versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln zu finanzieren, kritisierte Hendges.

Er betonte, dass die Zahnmedizin kein „Kostentreiber“ sei. 50 Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung entstünden im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich. Die zahnärztliche Versorgung mache lediglich 5,8 Prozent der Ausgaben aus, informierte Hendges.

Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbund, appellierte an die Zahnärzteschaft, die Freiberuflichkeit zu stärken. „Zwei wesentliche Elemente des Erfolgs des deutschen Gesundheitswesens sind der freie Beruf und die Ausübung unserer Tätigkeit in Selbstständigkeit“, stellte er heraus. Der freie Beruf sei ein Privileg, gehe aber auch mit vielen Pflichten einher. Wichtig sei, das Wesen des freien Berufs weiter zu verbreiten.

In seinem Grußwort ging Heinrich auch auf den Entwurf für eine neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ein, auf den sich die Ärzteschaft beim Deutschen Ärztetag geeinigt hatte, damit das BMG die Reform auf den Weg bringen kann. Der Virchowbund habe dem Vorschlag zwar „zähneknirschend“ zugestimmt, dennoch bezeichnete Heinrich den gesamten Prozess als „falsch“. „Ein freier Beruf gibt sich selbst seine Gebührenordnung, ohne den Verordnungsgeber“, begründete er seine Kritik und riet den Zahnärzten, sich die Reform der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) nicht aus der Hand nehmen zu lassen. „Machen Sie es anders bei der GOZ“, appellierte Heinrich an die Zahnärzteschaft.

Hecken: „BMG sollte Deckelung für Parodontitis aufheben“

Sehr viel Beifall erhielt Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), für seine Festansprache. Er forderte die Politik auf, Prävention und Versorgungsqualität stärker in den Fokus gesundheitspolitischer Entscheidungen zu rücken. Die Zahnärzteschaft mache vor, wie Prävention gehe. „Sie können stolz auf das sein, was Sie erreicht haben“, sagte Hecken. Ein großer Erfolg sei auch, dass die zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen ab Januar 2026 im Gelben Heft dokumentiert werden müssen. Parodontitis habe gesundheitsökonomische Bedeutung – durch Folgeerkrankungen entstünden dem Gesundheitssystem Milliardenkosten. „Es wäre eine Aufgabe für die Ministerin, die Deckelung für Parodontitis aufzuheben“, appellierte Hecken an Warken.

Politik sei zunehmend „beliebig“; denn Politikerinnen und Politiker dächten nur noch in Vier-Jahres-Etappen. Deshalb rate er gerade jungen Menschen: „Wenn Sie Ideale bewahren und patientenzentriert arbeiten wollen, müssen Sie den Mumm haben, in einem Verband der Selbstverwaltung zu arbeiten.“ Die Selbstverwaltung bezeichnete Hecken als „Garant für Prävention und eine wohnortnahe Versorgung“.

Anschließend vertiefte der FVDZ-Bundesvorsitzende Dr. Christian Öttl auf dem Podium gemeinsam mit Hecken Fragen wie das Präventionsgesetz und notwendige Strukturveränderungen. Das Präventionsgesetz sei noch nie wirklich mit Leben erfüllt worden, monierte Hecken. Prävention sei nur möglich, wenn der Gesetzgeber den Kassen dafür eine bestimmte Summe für jeden Versicherten zusichere. Hecken schlug vor, Erlöse aus der Tabaksteuer für Prävention heranzuziehen. Eine Zuckersteuer hält er ebenfalls für sinnvoll.

Thema waren auch Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung von Zahnarztpraxen in ländlichen Regionen. Dieses Problem müsse der Berufsstand in den Griff bekommen, sagte Hecken. Das gehe nur mit Anreizen und Werbung. Er habe etwas gegen Heuschrecken, bekannte Hecken und warnte, dass das Problem noch größer werde, falls die Niederlassung auf Länderebene geregelt wird. Öttl wies darauf hin, dass manche Praxisinhaber auch frühzeitig aus dem Beruf ausschieden, da sie zu zwei Dritteln mit Bürokratie beschäftigt seien. 

Verbesserungsbedarf sieht Hecken zudem noch bei der ePA: „Daran müssen wir weiter arbeiten.“ Ihn habe die „Brachialgewalt“ gestört, mit der diese eingeführt wurde. „Wenn die ePA funktionieren würde, könnte sie einen Mehrwert schaffen“, sagte er. Bislang sei sie jedoch lediglich eine PDF-Sammlung. Öttl versicherte, dass die Zahnärztinnen und Zahnärzte bereit seien, sich mit der E-Akte auseinanderzusetzen. „Dafür muss aber ein Produkt geschaffen werden, das funktioniert.“

Gefragt nach Effizienzreserven, wies Hecken darauf hin, dass der G-BA nicht das Recht habe, Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV zu streichen. Das sei ein Problem, das der Parlamentarische Staatssekretär Tino Sorge (CDU) lösen müsse. Aus seiner Sicht gebe es viele Fehlsteuerungen im Gesundheitssystem. „Solange wir uns solche Fehlsteuerungen leisten, haben wir noch viel Luft im System“, machte er deutlich.

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