Institut für Weltwirtschaft Kiel

180 Millionen Euro Gesundheitskosten durch Ungeimpfte – pro Woche!

ck/pm
Gesellschaft
Im Winter drohen Ausgaben von rund 180 Millionen Euro pro Woche für die stationäre Behandlung von Ungeimpften. Das geht aus Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW) hervor.

Fast 85 Prozent der Corona-Erkrankten, die ab August deswegen im Krankenhaus behandelt werden müssen, sind ungeimpft. Bei nach AOK-Angaben durchschnittlichen Behandlungsausgaben von 10.200 Euro ergeben sich laut IfW für die Monate August und September 2021 Kosten von mehr als 160 Millionen für die stationäre Behandlung von ungeimpften Corona-Erkrankten. Bezieht man die zu erwartenden Nachmeldungen durch das Robert-Koch-Institut (RKI) mit ein, steigt die Summe demnach auf rund 180 Millionen Euro.

„Da allen Erwachsenen bis Ende Juli ein Impfangebot gemacht wurde, ist davon auszugehen, dass ein überwiegender Teil der Ausgaben für die stationären Behandlungen vermeidbar gewesen wäre“, sagt Autorin Lena Merkel.

Das RKI rechnet mit einer Inzidenz von 400

Im Winter drohen sich die Kosten für Ungeimpfte zu vervielfachen und auf 180 Millionen Euro pro Woche zu steigen. Denn sollte die Impfquote auf ihrem aktuellen Stand verharren und sich die Prognose des RKI von einer 7-Tage-Inzidenz von 400 pro 100.000 Einwohnern bewahrheiten, dürften auch die Krankenhauseinweisungen drastisch zunehmen.

„Wir stehen vor dem ersten Winter, in dem das Infektionsgeschehen von der viel ansteckenderen Delta-Variante getrieben wird. Sollte sich die Impfquote in Deutschland nicht rasch noch weiter steigern lassen, muss mit einer starken Belastung deutscher Krankenhäuser durch Covid-19 gerechnet werden“, prognostiziert Merkel.

Die Behandlung wird sich bei Jüngeren verlängern

Die Autoren rechnen darüber hinaus mit einer Steigerung der durchschnittlichen Behandlungskosten, da die Intensivbetten laut RKI zunehmend mit Jüngeren belegt sein werden. "Deren Überlebenschancen stehen besser als die von älteren Patienten, was die Behandlungszeit verlängert", folgert das IfW. "Daher dürften künftig öfter als bislang Behandlungsausgaben in der Spitzenkategorie von mehr als 77.700 Euro erreicht werden, derzeit ist dies laut AOK nur bei 10 Prozent der Intensivbehandlungen der Fall."

Die Autoren fordern eine bessere Datenbasis, um den Pandemieverlauf prognostizieren zu können, sowie eine Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Die Hospitalisierungsrate halten sie wegen der starken zeitlichen Verzögerung zwischen Ausbruch der Erkrankung, Einweisung ins Krankenhaus und der Meldung der Daten als alleinigen Leitindikator für unzureichend. Das Auslaufen der kostenlosen Antigenschnelltests halten sie für einen Fehler.

Ungeimpfte lassen sich nicht umstimmen

In einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums stellte sich heraus, dass 65 Prozent der 3.048 Befragten, sich „auf keinen Fall“ in den nächsten zwei Monaten impfen lassen wollen. 23 Prozent der Ungeimpften schließen es ganz aus. Nur zwei Prozent wollen sich „auf jeden Fall“ impfen lassen. Die restlichen 10 Prozent sind unentschlossen.

Bei der Befragung, die vom 29. September bis 10. Oktober stattfand, gaben 89 Prozent der Ungeimpften an, dass ihre eigene Impfbereitschaft nicht dadurch beeinflusst wäre, wenn die Intensivstationen erneut an ihre Kapazitätsgrenzen gelangen.

Bei 75 Prozent hätten Belohnungen keinen Einfluss auf ihre Entscheidung. Bei 18 Prozent würden Prämien sogar dazu führen, dass ihre Impfbereitschaft abnimmt. Auch wenn die Politik festlegen würde, alle Schutzmaßnahmen für Geimpfte aufzuheben, würden sich 86 Prozent der Befragten dafür nicht impfen lassen.

Maßnahmen, die den Druck auf Ungeimpfte erhöhen sollen, wirken sich mehrheitlich negativ auf die Impfbereitschaft aus: Eine generelle Anwendung der 2G-Regel im Freizeitbereich, eine 3G-Pflicht am Arbeitsplatz oder die Selbstzahlung von Corona-Tests führen demnach eher zur Ablehnung. Für den Großteil der Befragten haben die genannten Maßnahmen keinen Einfluss auf ihre Impfbereitschaft.

Als Grund für die Nicht-Inanspruchnahme der Corona-Schutzimpfung gaben 34 Prozent der Befragten an, dass sie die verfügbaren Impfstoffe für nicht ausreichend erprobt halten. Mehr als jeder Zehnte (18 Prozent) meinte, Angst vor Nebenwirkungen zu haben, einen Impfzwang abzulehnen (16 Prozent), an der Sicherheit der Impfstoffe zu zweifeln (15 Prozent), den offiziellen Informationen zur Schutzimpfung beziehungsweise zum Coronavirus generell nicht zu vertrauen (15 Prozent), Angst vor Impfschäden und Langzeitfolgen zu haben (15 Prozent) und an der Wirksamkeit der Impfstoffe zu zweifeln (12 Prozent).

Die Zulassung von Totimpfstoffen könnte bei 56 Prozent der Befragten zum Umdenken führen und ihre Impfbereitschaft steigern. Bei den Gründen, warum sie sich bisher nicht habe impfen lassen, gaben drei Viertel (74 Prozent) an, dass sie Zweifel an der Sicherheit der verfügbaren Impfstoffe haben. Angst vor Impfschäden und Langezeitfolgen nannten 62 Prozent.   

Bisher sind 66,5 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen COVID-19 geimpft, 69,3 Prozent haben sich mindestens einmal impfen lassen. Das Robert Koch-Institut (RKI) geht mittlerweile davon aus, dass die tatsächliche Impfquote bis zu fünf Prozentpunkte höher liegt. Bis zum 28. Oktober wurden dem RKI binnen 24 Stunden 28.037 Neuinfektionen gemeldet. Die aktuelle Sieben-Tage-Inzidenz steigt damit auf 141,8, einen Tag zuvor lag sie noch bei 130,2 und vor einer Woche bei 85,6.

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