Geflüchtete aus der Ukraine

28 Prozent finden nach einem Jahr einen Job in Deutschland

nb
Gesellschaft
Im Schnitt waren 18 Prozent aller erwerbsfähigen ukrainischen Geflüchteten im Frühjahr 2023 in Deutschland erwerbstätig – ab einer Aufenthaltsdauer von zwölf Monaten steigt die Erwerbstätigenquote auf 28 Prozent. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

Laut der Studie erhöhen mitgebrachte Bildungsabschlüsse und Berufserfahrung die Arbeitsmarktchancen und Verdienste der ukrainischen Geflüchteten. Besonders hoch ist die Erwerbstätigenquote bei Personen mit einem Hochschulabschluss (+6 Prozentpunkte im Vergleich zur Referenzgruppe ohne Berufsabschluss) und bei Personen, die in ihrem Heimatland eine Fachkraft- oder Expertentätigkeit ausgeübt haben (+9 Prozentpunkte im Vergleich zur Referenzgruppe ohne Berufserfahrung).

Spracherwerb und soziale Kontakte erhöhen die Jobchancen

Spracherwerb und soziale Kontakte mit Deutschen stehen zudem in einem statistisch signifikanten Zusammenhang mit einer erhöhten Erwerbstätigenquote. Ukrainische Geflüchtete, die einen Deutschsprachkurs mit C1- oder C2-Niveau beenden, haben eine um 21 Prozentpunkte höhere Erwerbstätigenquote als Geflüchtete, die keinen Sprachkurs absolvieren.

Dennoch ist fast die Hälfte der erwerbstätigen ukrainischen Geflüchteten in Berufen tätig, für die sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt formal überqualifiziert sind. Zudem verdienen ukrainische Geflüchtete unterdurchschnittlich: Die mittleren Bruttomonatsverdienste der vollzeitbeschäftigten ukrainischen Geflüchteten liegen mit 2.550 Euro deutlich unter dem Durchschnittsverdienst aller Vollzeitbeschäftigten in Deutschland von 3.516 Euro.

Ein weiteres Studienergebnis: Bei Frauen und vor allem bei Müttern mit Kleinkindern gestaltet sich die Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter schwieriger als bei den Männern: Frauen haben im Vergleich ein höheres Risiko der Nichterwerbstätigkeit und der Beschäftigung unterhalb ihres Qualifikationsniveaus.

Flucht aus der Ukraine – ein andere Art der Migration

Aufgrund der offenen EU-Grenzen und des Ausreiseverbots für Ukrainer im wehrpflichtigen Alter setzen sich Geflüchtete aus der Ukraine hauptsächlich aus Frauen, Kindern und älteren Menschen zusammen – anders als die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland Geflüchteten. Zudem sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Integration von ukrainischen Geflüchteten sehr viel günstiger: Sie unterliegen keinen Beschäftigungsverboten, müssen keine Asylverfahren durchlaufen und besitzen zumindest bis März 2024 eine Aufenthaltserlaubnis. Außerdem sind sie in das Grundsicherungssystem nach dem Sozialgesetzbuch II (Bürgergeld) integriert und nicht in das Leistungssystem nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, wodurch sie nicht nur höhere Leistungen erhalten, sondern auch unmittelbar in die Unterstützungsstrukturen der Jobcenter integriert sind. Allerdings sind die Ungewissheit über den Kriegsverlauf, Bleibeperspektiven sowie Rückkehrmöglichkeiten eine Quelle der Unsicherheit für die Geflüchteten, was sich negativ auf Investitionen in Sprachkenntnisse, Bildung und Netzwerke auswirken kann.

Die Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung beruht auf einer repräsentativen Befragung von rund 6.000 ukrainischen Geflüchteten im erwerbsfähigen Alter von 18 bis 64 Jahren, die sich seit 24. Februar 2022 in Deutschland aufhalten. Sie ist als Längsschnittbefragung angelegt und basiert auf einer Zufallsstichprobe von 811.000 ukrainischen Staatsangehörigen, die zwischen dem 24. Februar 2022 und 8. Juni 2022 in Deutschland Schutz gesucht haben. Insgesamt nahmen 11.763 Personen an der ersten Befragungswelle 2022 teil, von denen 6.754 Personen 2023 erneut befragt werden konnten. Die Befragung wurde von dem Befragungsinstitut infas von August bis Oktober 2022 (Welle 1) und Januar bis März 2023 (Welle 2) durchgeführt. Durch Verwendung von Gewichten ist die Stichprobe repräsentativ für die Grundgesamtheit der ukrainischen Staatsangehörigen im Alter von 18 bis 70 Jahren, die im oben genannten Zeitraum nach Deutschland zugezogen sind.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.