Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf

9 Punkte gegen die Arznei-Lieferengpässe

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Das Kabinett hat nun den Entwurf eines „Gesetzes zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln“ (ALBVVG) beschlossen. Diese Maßnahmen sollen in Zukunft vor Mangelsituationen schützen.

Der Entwurf umfasst unter anderem ein Frühwarnsystem zur Erkennung von drohenden Lieferengpässen, die Vereinfachung der Austauschregeln für Apotheken sowie die Lockerung der Preisregeln für Kinderarzneimittel. Um die Versorgungssicherheit kurz- und langfristig zu stärken, sind strukturelle Maßnahmen im Bereich der Festbeträge, Rabattverträge und der Versorgung mit Kinderarzneimitteln erforderlich.

Diese Punkte umfasst das Lieferengpassbekämpfungsgesetz:

  • Für Kinderarzneimittel werden die Preisregeln gelockert. Das bedeutet, Festbeträge und Rabattverträge werden abgeschafft. Pharmazeutische Unternehmer können ihre Abgabepreise einmalig um bis zu 50 Prozent des zuletzt geltenden Festbetrages beziehungsweise Preismoratoriums-Preises anheben. Krankenkassen übernehmen die anfallenden Mehrkosten von verordneten Arzneimitteln. Zukünftig dürften keine Festbetragsgruppen mehr mit Kinderarzneimitteln gebildet werden.

  • Antibiotika mit Wirkstoffproduktion in der EU sowie im Europäischen Wirtschaftsraum müssen bei Ausschreibungen von Kassenverträgen zusätzlich berücksichtigt werden. Zudem wird die Anbietervielfalt erhöht.

  • Der Preisdruck durch Zuzahlungsbefreiungsregeln wird gesenkt: Statt heute 30 Prozent liegt die Zuzahlungsbefreiungsgrenze künftig bei 20 Prozent. Das heißt: Liegt der Preis mindestens 20 Prozent unter Festbetrag, kann der GKV-Spitzenverband Arzneimittel von der Zuzahlung freistellen. Der Preisdruck bei Festbeträgen soll dadurch gedämpft werden.

  • Vereinfachung der Austauschregeln für Apotheken: Ist ein Arzneimittel nicht verfügbar, dürfen Apothekerinnen und Apotheker ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben. Für den Austausch sollen Apotheken und Großhändler einen Zuschlag erhalten. Können die verordneten Arzneimittel nur noch in Kleinpackungen abgegeben oder muss aus einer Packung eine Teilmenge entnommen werden, wird die Zuzahlung für die Versicherten auf die verordnete Menge begrenzt.

  • Preisinstrumente für versorgungskritische Arzneimittel können im Fall einer Marktverengung gelockert werden – gibt es zu wenig Anbieter, können Festbetrag oder Preismoratorium einmalig um 50 Prozent angehoben werden.

  • Verbindliche, dreimonatige Lagerhaltung von rabattierten Arzneimitteln wird für Rabattverträge vorgeschrieben. Das beugt kurzfristigen Lieferengpässen beziehungsweise gesteigerten Mehrbedarfen vor und stellt eine bedarfsgerechte Versorgung sicher.

  • Vorhandene Strukturen zur Bewältigung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln werden gestärkt: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhält zusätzliche Informationsrechte etwa gegenüber Herstellern und Krankenhausapotheken. Zudem wird ein Frühwarnsystem zur Erkennung von drohenden Lieferengpässen eingerichtet.

  • Verbesserung der Versorgung durch Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken: Die Bevorratungsverpflichtungen für parenteral anzuwendende Arzneimittel und für Antibiotika zur intensivmedizinischen Versorgung werden erhöht.

  • Verfügbarkeit neuer Reserveantibiotika: Die Regeln zur Preisbildung werden so angepasst, dass der finanzielle Anreiz für die Forschung und Entwicklung von neuen Reserveantibiotika für pharmazeutische Unternehmen verstärkt wird.

„Auch in der Arzneimittelversorgung haben wir es mit der Ökonomisierung übertrieben. Das korrigiert die Bundesregierung mit Augenmaß. Wir machen Deutschland wieder attraktiver als Absatzmarkt für generische Arzneimittel. Wir stärken europäische Produktionsstandorte. Und wir verbessern die Reaktionsmechanismen. Lieferengpässe wie im jüngsten Winter wollen wir damit vermeiden,“ erklärt Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach.

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