Medikamente

ABDA kritisiert Lieferengpässe – BfArM gibt Entwarnung

silv/pm
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erwartet durch die Folgen des Coronavirus vorerst keine Arzneimittel-Engpässe. Die Apotheker sehen das anders – auch ohne Corona-Auswirkungen gehörten Lieferengpässe zu ihrem täglichen Geschäft.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) schlägt deshalb regelmäßig Alarm. Auch jetzt in einer Pressemitteilung: „Die Lieferengpässe bei Arzneimitteln haben sich im Jahr 2019 auf 18,0 Millionen Packungen fast verdoppelt – nach 9,3 Millionen Medikamenten im Jahr 2018. Die Gesamtzahl der in den Apotheken auf Rezept abgegebenen Medikamente ist derweil in allen drei Jahren bei etwa 650 Millionen konstant geblieben.“

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sagt: „Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind leider schon seit Jahren ein großes Problem für die Versorgung von Millionen Patienten. Apotheker müssen immer mehr als Krisenmanager agieren, wenn sie ihre Patienten wenigstens mit Alternativpräparaten versorgen wollen.“

BfArM erwartet "gute Versorgung" bis zum Herbst 

Beim BfArM sieht man die Lage indes entspannter. „Aktuell haben wir keine Hinweise darauf, dass wir in gravierende Lieferprobleme hineinlaufen werden. Bis zum Herbst sind wir gut versorgt“, sagt BfArM-Präsident Karl Broich, „die Arzneimittelherstellung im Bereich Hubei, die jetzt zum Erliegen gekommen ist, hat für uns in Deutschland und Europa markttechnisch überhaupt keine Bedeutung".

Das stellte sich Anfang Februar noch anders dar. Da ließ das BfArM prüfen, ob wegen des Coronavirus hierzulande ein Arzneimittelnotstand eintreten könne und bat die Herstellerverbände um Unterstützung. Sie sollten bei ihren Mitgliedsunternehmen nachfragen, ob deren chinesische Wirkstofflieferanten von möglichen Produktionsausfällen wegen des Coronavirus betroffen sein könnten.

Die BfArM-Experten ermittelten, dass für 19 Arzneimittel ein Wirkstoffhersteller in der Stadt Wuhan gemeldet ist. 17 Wirkstoffe davon wurden als versorgungsrelevant eingestuft. Insgesamt werden in Wuhan laut Recherchen des BfArM – Stand Anfang Februar – 136 Arzneimittel hergestellt.

Auf Platz eins der nichtverfügbaren Arzneimittel: Candesaratan

Broichs Einschätzung bezüglich drohender Engpässe gilt unter Vorbehalt: Nur wenn es gelingt, die Ausbreitung der Corona-Erkrankungen zu verlangsamen, seien keine Lieferprobleme zu befürchten. Andernfalls sei ein abrupt ansteigender Bedarf an zugelassenen Arzneimitteln wie Antibiotika und anderen Medikamenten für die Intensivbehandlung von Corona-Patienten zu erwarten.

In den vergangenen Wochen hatten Pharma-Experten und Politiker, darunter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wiederholt die Produktion von Medikamenten in China kritisiert und gefordert, die Herstellung wieder verstärkt nach Europa zu holen.

Die ABDA präsentierte gerade eine Rangliste der Nichtverfügbarkeiten im Jahr 2019. Auf Platz eins liegt Candesaratan (Blutdrucksenker, 1,8 Millionen Packungen), gefolgt von Allopurinol (Gichtmittel, 0,8 Millionen Packungen) und Valsartan (Blutdrucksenker, 0,8 Millionen Packungen). Auf Platz vier lag das Antidepressivum Venlafaxin (0,7 Millionen Packungen), auf Platz fünf das Schmerzmittel Diclofenac (0,7 Millionen Packungen).

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