Anhörung zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz

Ärzte warnen und Krankenkassen begrüßen

pr
Politik
Die Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags zeigte: Das geplante Gesundheitsdatennutzungsgesetz stößt auf ein geteiltes Echo. Die Ärzte warnen davor, Krankenkassen eine stärkere Nutzung ihrer Daten einzuräumen, jene begrüßen diesen Schritt.

Die von der Bundesregierung geplante systematische Auswertung von Gesundheitsdaten zum Zweck des Gemeinwohls trifft in der Fachwelt generell auf Zustimmung. Das zeigte sich gestern bei einer Anhörung im Bundestags-Gesundheitsausschuss zum geplanten Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG). Die Neuregelungen könnten dazu beitragen, die Versorgung zu verbessern und die Forschung zu stärken. Allerdings wiesen Experten auf die Notwendigkeit hin, die sensiblen Gesundheitsdaten zu schützen und die Versicherten über deren Verwendung selbst entscheiden zu lassen.

Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge soll eine dezentrale Gesundheitsdateninfrastruktur mit einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle aufgebaut werden. Dazu soll eine unabhängige Stelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichtet werden. Den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen soll die stärkere Nutzung ihrer Daten ermöglicht werden, wenn dies der besseren Versorgung dient, beispielsweise der Arzneimitteltherapiesicherheit oder der Erkennung von Krebserkrankungen oder seltenen Erkrankungen.

Ärzte warnen

Dies wird vor allem von der Bundesärztekammer (BÄK) kritisch gesehen. Aus diesen Daten könnten keine validen Aussagen zur Früherkennung seltener Erkrankungen, Krebsrisiken oder schwerwiegenden Gesundheitsgefährdungen abgeleitet werden. Die BÄK warnte vor einer Verunsicherung von Patienten und Ärzten und schlug vor, zunächst in Pilotprojekten zu prüfen, ob diese Datenauswertung sinnvoll sei.

Auf das besondere Vertrauensverhältnis von Ärzten und Patienten wies die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in ihrer Stellungnahme hin. Gerade im Hinblick auf das Zusammenwirken des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG) mit dem Digital-Gesetz (DigiG) sollte alles vermieden werden, was diese Beziehung beeinträchtigen könnte. Das Sozialgeheimnis sollte gewahrt werden und Daten entsprechend qualifizieren werden. Die KBV lehnt es ab, dass Krankenkassen Patientendaten auswerten und darüber in die Prozesse der Patientenbetreuung einbezogen werden sollen.

Zahnärzte zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) fordern in ihrer Stellungnahme, dass vor allem die zahnärztliche Berufswirklichkeit und die Belange der Patienten in den Blick genommen werden. Neben zahlreichen für sie kritischen Punkten gehen die beiden Standesoganisationen auch auf die geplante datengestützte Erkennung individueller Risiken durch die Kranken- und Pflegekassen ein. Sie merken an, dass aufseiten der Krankenkassen für eine allein auf Datengrundlage ergehende medizinische Empfehlung an der notwendigen medizinischen Qualifikation (sprich: Approbation) fehlen dürfte. Da solche Empfehlungen ohne medizinisches Korrektiv fehleranfällig seien und die Versicherten verunsichern könnten, müssten solche Auswertungen zwingend durch einen approbierten Ärzte und Zahnärzte auf ihre Plausibilität überprüft werden.

Zu bedenken geben KZBV und BZÄK auch, dass eine Empfehlung der Kasse das (Zahn)Arzt-Patienten-Verhältnis belasten könnte. Dies könnte dann erfolgen, wenn der Arzt aus der Empfehlung der Krankenkasse keine Handlungsnotwendigkeit ableitet, dies aber aufgrund der Empfehlung vom Versicherten erwartet und oder eingefordert wird. Empfehlungen der Krankenkasse könnten dazu führen, die Versicherten empfindlich zu verunsichern und in ihrer Lebensführung zu beeinträchtigen, warnen die Organisationen.

Dagegen wird die die Möglichkeit der Krankenkassen für datengestützte Auswertungen zum individuellen Gesundheitsschutz der Versicherten von den Kassenvertretern begrüßt. Anders als Leistungserbringer verfügten Krankenkassen über Informationen zu allen verordneten Arzneimitteln und könnten so mögliche schwerwiegende Wechselwirkungen aufdecken, betonte etwa der AOK-Bundesverband. Positiv zu bewerten sei auch die Verknüpfung von Daten aus dem Forschungszentrum mit jenen aus den Krebsregistern. Damit könne ein wichtiger Beitrag zur Erforschung und Entwicklung neuer Therapieformen geleistet werden. Auch andere Kassenvertreter warben in der Anhörung nachdrücklich für die Auswertung der Abrechnungsdaten und die Kontaktmöglichkeit zu den Versicherten. Als Beispiele wurden unvollständige Impfungen angeführt oder wichtige Hinweise für Schwangere oder Diabetiker.

Krankenkassen begrüßen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vertritt die Ansicht, dass die datengestützte Verbesserung der Versorgungsqualität grundsätzlich im Interesse der Bürger sei. Entscheidend seien angemessene Vorkehrungen für den Datenschutz. Außerdem müsse Verbrauchern zu jedem Zeitpunkt die souveräne Entscheidung ermöglicht werden, für welche Zwecke ihre Daten zur Verfügung gestellt werden.

Der Abschluss des Bundestagsverfahrens zum GDNG im Ausschuss und Plenum erfolgt zusammen mit dem Digital-Gesetz voraussichtlich in der letzten Sitzungswoche im Dezember. Der 2. Durchgang im Bundesrat könnte dann Anfang Februar 2024 stattfinden.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.