Ärztevertreter weisen Nonnemacher-Kritik entschieden zurück
Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sei extrem komplex, werde von niemandem mehr verstanden und sei für die Demokratie ein Problem, hatte Nonnemacher (Grüne) am 3. August im Interview mit der Ärzte Zeitung gesagt.
Die Gesundheitsministerin fügte hinzu: Dass man als Landesregierung keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Zuteilung von Ärztinnen und Ärzten in der ambulanten Versorgung habe, sei unbefriedigend, auch vor dem Hintergrund, dass man seit Jahren über eine Verzahnung des ambulanten und stationären Sektors spreche. Nonnemacher: „Die Krankenhausplanung ist Ländersache. Aber die Planung bei den niedergelassenen Ärzten ist Sache der KVen. Wenn ich nun ambulante und stationäre Leistungen verzahnen will, das Land aber im ambulanten Bereich gar keine Planungshoheit hat, kann das nicht funktionieren.“ Aus diesem Grund plädierte die brandenburgische Gesundheitsministerin in dem Interview für ein Veto- und Initiativrecht der Länder.
KZVLB: Nonnemacher bisher konstruktive Gesprächspartnerin
Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Land Brandenburg (KZVLB) zeigte sich überrascht über die Äußerungen der Ministerin. „Wir haben Ursula Nonnemacher bisher als konstruktive Gesprächspartnerin kennengelernt, die der Selbstverwaltung wertschätzend und sachlich gegenübergetreten ist“, sagte KZVLB-Vorstandsmitglied Rouven Krone.
„Selbstverwaltung ist erfolgreich gelebte Demokratie!“
Vertreterinnen und Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) reagierten mit Unverständnis. „Woher die Gesundheitsministerin ableitet, dass durch die Selbstverwaltung eine Gefährdung der Demokratie entsteht, will mir und meinen Vorstandskollegen auch bei längerem Nachdenken nicht einfallen. Vielmehr ist die Selbstverwaltung, und das seit nunmehr 100 Jahren, erfolgreich gelebte Demokratie!“, teilte Dr. Catrin Steiniger, Vorstandsvorsitzende der KVBB, in einer Pressemitteilung vom 4. August mit.
Die KVBB betonte, dass sie nicht alleine über die Vergabe von Arztsitzen entscheide. „Bei den konkreten Zulassungsfragen handelt es sich keinesfalls um die Hoheit der KVBB, ob, wann und wo ein Arztsitz entsteht beziehungsweise besetzt wird, sondern die Sitze werden aufgrund von Beschlüssen von unabhängigen Vertretern der ambulanten Ärzteschaft und Vertretern der Krankenkassen beschlossen. Dies auf Basis von Bundesgesetzen und Beschlüssen des GBA — an die sich dieses Gremium halten muss“, heißt es in dem Statement der KVBB.
Befremden und Unverständnis auf Seiten der KBV
Auch der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wies den Standpunkt der brandenburgischen Gesundheitsministerin zurück. „Der Schlüssel für unser erfolgreiches Gesundheitssystem ist die Selbstverwaltung“, zitiert die Ärzte Zeitung das Gremium. Nicht die Auflösung der Selbstverwaltung, sondern „Rahmenbedingungen, die es erlauben, ohne überbordende Regulierung die Menschen in diesem Land zu versorgen“, seien entscheidend.
Selbstverwaltung stellt die Versorgung sicher
Der Vorsitzende des Brandenburgischen Hartmannbundes, Dr. Hanjo Pohle, forderte den brandenburgischen Ministerpräsidenten auf, sich von den Äußerungen seiner Gesundheitsministerin zu distanzieren. „Ich bin erschüttert, von einer Spitzenpolitikerin im Ministerrang solche Äußerungen zu vernehmen. Stellt doch die Selbstverwaltung im Gegensatz zu staatlich geleiteten Gesundheitssystemen wie zum Beispiel in Großbritannien die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicher und macht dies nachweislich seit Jahrzehnten besser als jede zentralistische Organisationsform“, so Pohle.