Modifizierter Glazionomerzement bei atraumatischer Kariestherapie

Ätherische Öle verbessern die Eigenschaften von GIZ in vitro

Kerstin Albrecht
Zahnmedizin
Ätherische Öle haben eine bakteriozide Wirkung gegen orale Pathogene. Könnte ein Zusatz zu Glasionomerzementen verbliebene Kariesbakterien hemmen, ohne dass das Material seine guten Eigenschaften einbüßt? Ägyptische Forscher haben das in vitro getestet.

ART (Atraumatic restorative treatment) ist eine minimalinvasive Kariestherapie, bei der mit Handinstrumenten mit minimaler Kavitätenpräparation kariöses Dentin entfernt wird. Diese ursprünglich für Entwicklungsländer entwickelte Methode hat sich inzwischen zur Behandlung sehr junger und/oder nicht kooperativer Kinder, älterer Menschen, Menschen mit Handicap und solchen mit extremer Zahnbehandlungsangst etabliert.

Das Material der Wahl für ART ist Glasionomerzement (GIZ) mit seinen selbsthärtenden, selbstklebenden und fluoridfreisetzenden Eigenschaften, kombiniert mit hoher Verschleißfestigkeit. Nachteil der ART-Technik: Es verbleiben Reste von Kariesbakterien in der Kavität, die unter GIZ bis zu zwei Jahre lang lebensfähig sind [Weerheijm et al., 1999].

Um Misserfolge zu minimieren, experimentieren Wissenschaftler schon länger mit dem Zusatz von antimikrobiellen Therapeutika zu Glasionomerzement – von Chlorhexidin über Antibiotika bis hin zu Propolis [Duque et al., 2017; Prabhakar et al., 2013; Hatunoglu et al., 2014]. Da ätherische Öle aus Thymian und Zimtrinde bereits in mehreren Studien antimikrobielle Wirkungen gegen orale Pathogene wie Streptococcus mutans, Candida albicans, Aggregatibacter actinomycetemcomitans und Porphyromonas gingivalis gezeigt hatten [Tardugno et al., 2018; Nabavi et al., 2015], entschieden sich Forscher aus Ägypten in ihrer Studie für den Zusatz dieser beiden Substanzen zu der flüssigen Phase von GIZ (Fuji IX posterior restorative GC; GC International, Tokio, Japan).

Ergebnisse:

Antimikrobielle Wirkung: Sowohl die mit Zimt- als auch die mit Thymianöl versetzten Glasionomerzemente zeigten eine signifikant verbesserte bakterielle Hemmwirkung gegenüber S. mutans und C. albicans bei direktem Kontakt zur Bakterienkultur als der GIZ ohne ätherische Öle.

Druckfestigkeit: Die Druckfestigkeit litt erheblich unter der Zugabe von fünf- und zehnprozentigem Thymianöl und der von zehnprozentigem Zimtöl. Lediglich die Beimischung von fünfprozentigem Zimtöl wies ähnliche Druckfestigkeitswerte wie GIZ ohne ätherische Öle auf.

Fluoridfreisetzung: Die kumulative Freisetzung an Fluoridionen war zu allen Messzeitpunkten von sieben, 14 und 28 Tagen beim ölhaltigen GIZ signifikant höher als beim konventionellen GIZ. Die höchsten Werte erreichte der GIZ mit zehnprozentigem Zimtöl.

Da es sich um eine In-vitro-Studie handelt, konnten die ägyptischen Wissenschaftler nicht die intraoralen Kaukräfte zusammen mit der dauernden Feuchtigkeit der Mundhöhle simulieren. Doch die Neuartigkeit der experimentellen GIZ-Zusammensetzung rechtfertigt zunächst den In-vitro-Ansatz.

Schlussfolgerung:

Innerhalb der Grenzen der aktuellen Studie hat die Zugabe von fünfprozentigem Zimtöl zu herkömmlichem GIZ eine starke inhibitorische Wirkungen sowohl gegen S. mutans als auch gegen C. albicans gezeigt und die Fluoridfreisetzung verbessert. Die Druckfestigkeit des experimentellen GIZ litt nicht darunter.

Dalia I. Sherief, Marwa S. Fathi, Reham K. Abou El Fadl: “ Antimicrobial properties, compressive strength and fluoride release capacity of essential oil-modified glassionomer cements—an in vitro study.“ Clinical Oral Investigations, 15 August 2020;https://doi.org/10.1007/s00784-020-03493-0Literatur:

Weerheijm KL, Kreulen CM, de Soet JJ, Groen HJ, van Amerongen WE (1999) Bacterial counts in carious dentine under restorations: 2-year in vivo effects. Caries Res 33:130–134

Duque C, Aida KL, Pereira JA, Teixeira GS, Caldo-Teixeira AS, Perrone LR, Caiaffa KS, Negrini TC, Castilho ARF, Costa CAS (2017) In vitro and in vivo evaluations of glass-ionomer cement containing chlorhexidine for atraumatic restorative treatment. J Appl Oral Sci 25(5):541–550

Prabhakar AR, Prahlad D, Kumar SR (2013) Antibacterial activity, fluoride release, and physical properties of an antibiotic-modified glass ionomer cement. Pediatr Dent 35:411–415

Hatunoglu E, Ozturk F, Bilenlerc T, Aksakalli S, Simseke N (2014) Antibacterial and mechanical properties of propolis added to glass ionomer cement. Angle Orthod 84(2):368–373

Tardugno R, Pellati F, Iseppi R, Bondi M, Bruzzesi G, Benvenuti S (2018) Phytochemical composition and in vitro screening of the antimicrobial activity of essential oils on oral pathogenic bacteria. Nat Prod Res 32(5):544–551

Nabavi SF, Di Lorenzo A, Izadi M, Sobarzo-Sánchez E, Daglia M, Nabavi SM (2015) Antibacterial effects of cinnamon: from farm to food, cosmetic and pharmaceutical industries. Nutrients. 7(9):7729–7748

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.