Anteil der MVZ-Ärzte hat sich seit 2012 verdreifacht
"Die Politik produziert den Arztzeitmangel selbst", kritisiert der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Dr. Andreas Gassen. Durch den Trend zur Anstellung sinke auch die Gesamtarbeitszeit der Ärzte - dadurch werde der Ärztemangel immer größer.
Gemeinsam mit dem NAV-Virchow-Bund hatte die KBV am Donnerstag die Ergebnisse des Ärztemonitor 2018 vorgestellt. Aus der Umfrage geht unter anderem hervor, dass niedergelassene Ärzte mit einer Wochenarbeitszeit von 51 Stunden, über zehn Stunden mehr arbeiten als angestellte Kollegen. Insgesamt hat sich die Zahl der angestellten Ärzte seit 2012 jedoch mehr als verdoppelt - damit bleibt zwar die Zahl der Ärzte konstant, aber die ärztliche Arbeitszeit verringert sich stetig.
Nicht nur weniger niedergelassene Ärzte, sondern auch weniger verfügbare Arbeitszeit der Ärzte
"Insofern wird die Arbeitszeit des Arztes zunehmend zu einem knappen Gut", erläutert Gassen. Außerdem seien die durchschnittlichen Wochenarbeitsstunden von 57 im Jahr 2012 auf nunmehr 51 gesunken. "Wenn diese Entwicklung weiter geht, werden wir zusätzlich zum Ärztemangel auch einen Mangel an verfügbarer Arbeitszeit für Patienten haben."
"In Einzelpraxen arbeiten 90 Prozent der Ärzte in Vollzeit, in MVZ sind es nur 50 Prozent", ergänzt Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes. Das zeige, dass mit MVZ und angestellten Ärzten allein die Versorgung nicht aufrechterhalten werden könne.
Dieser Trend werde durch die Politik jedoch gefördert, kritisiert Gassen. Diese unterstütze Strukturen wie das MVZ und "drangsaliere gleichzeitig die selbstständigen Praxisinhaber mit immer neuen kleinteiligen Regelungen".
So geht aus dem vierten Ärztemonitor, den KBV und NAV-Virchowbund nun seit 2012 erstellen lassen, erneut hervor, dass die Bürokratielast in den Praxen hoch ist: Ärzte wenden pro Arbeitswoche 7,4 Stunden für Verwaltungsarbeit auf, bei den Psychotherapeuten sind es 7 Stunden.
Trotz enormer Belastung hohe Zufriedenheit
Doch obwohl die Rahmenbedingungen von viele Ärzten als schwierig kritisiert werden, sind laut Umfrage 90 Prozent der Ärzte und 97 Prozent der Psychotherapeuten mit ihrem Beruf als solchem zufrieden. Mit 99 Prozent stufen fast alle Ärzte und Psychotherapeuten ihre Arbeit als nützlich und sinnvoll ein. Die meisten würden den Beruf wieder ergreifen.
Auch nahm die Zahl der Ärzte, die mit ihrem Einkommen und der wirtschaftlichen Situation ihrer Praxis zufrieden ist, gegenüber der letzten Umfrage im Jahr 2016 weiter zu. Beim Einkommen beispielsweise sagen dies 73 Prozent der Hausärzte und 68 Prozent der Fachärzte. Dagegen sind nur 56 Prozent der Psychotherapeuten mit ihrem Einkommen zufrieden.
Erstmals wurde im aktuellen Ärztemonitor nach Gewalterfahrungen in den Praxen gefragt. Rund 40 Prozent der Ärzte gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal von verbaler Gewalt betroffen gewesen zu sein. Bei den Psychotherapeuten berichtete dies jeder fünfte. Mit körperlicher Gewalt war in seiner Berufslaufbahn jeder vierte Arzt mindestens einmal konfrontiert.
Für den Ärztemonitor 2018 hat das Meinungsforschungsinstitut infas rund 11.000 Telefoninterviews geführt. Der Ärztemonitor ist deutschlandweit die größte Erhebung unter niedergelassenen und angestellten ambulant tätigen Ärzten und Psychotherapeuten.