Ifo-Institut zur Finanzierung der Sozialversicherungssysteme

„Ausweitung der Beitragspflicht ist ungeeignet!"

pr
Eine Ausweitung der Beitragspflichten würde nicht ausreichen, um die Sozialversicherungssysteme in Deutschland langfristig zu finanzieren. Die Mehreinnahmen wären sehr gering, meint das ifo-Institut Dresden.

Aktuell wird eine Ausweitung der Beitragspflichten zur Renten- und Krankenversicherung auf alle Einkunftsarten diskutiert, also auch auf Zins-, Gewinn- und Mieteinnahmen. Laut einer aktuellen Berechnung des Ifo-Instituts werde diese nicht ausreichen, um die Sozialversicherungssysteme in Deutschland langfristig zu finanzieren. Die dadurch erzielbaren Mehreinnahmen wären verschwindend gering, so das Institut.

Bei der Gesetzlichen Rentenversicherung würden die Mehreinnahmen lediglich 5,6 Milliarden Euro ausmachen – bei Gesamtausgaben in Höhe von 341 Milliarden Euro. Auch in der Gesetzlichen Krankenversicherung seien die erzielbaren Mehreinnahmen mit 5,3 Milliarden Euro angesichts der Gesamtausgaben von 275 Milliarden Euro zu vernachlässigen. Grund hierfür sei, dass sozialversicherungspflichtig Beschäftigte typischerweise nur geringe zusätzliche Einnahmen aufweisen.

„Höhere Einnahmen ließen sich erzielen, wenn auch die Beitragsbemessungsgrenze abgeschafft würde oder weitere Personengruppen in die Sozialversicherungspflicht einbezogen würden,“ sagt Joachim Ragnitz von der Niederlassung des ifo Instituts in Dresden. „Allerdings steigen dann zumindest in der Rentenversicherung mittelfristig auch die Zahlungsansprüche. Ein Beitrag zur Erhöhung der Nachhaltigkeit der Rentenversicherung ist das also nicht“, urteilt Ragnitz.

Marcel Thum, Leiter der ifo Niederlassung Dresden, ergänzt: „Um die Sozialversicherungssysteme demografiefest zu machen, führt kein Weg an Anpassungen auf der Ausgabenseite vorbei. Dazu gehört in der Rentenversicherung auch eine längere Lebensarbeitszeit.“

Aus ökonomischer Sicht sei von einer Ausweitung der Bemessungsgrundlage auf weitere Einkommensarten abzuraten, bilanzieren die Autoren. Da die Ursachen des Kostenanstiegs in den einzelnen Sozialversicherungszweigen sehr unterschiedlich seien, wären differenzierte Reformmaßnahmen für eine nachhaltige Finanzierung notwendig. Diese sollten an den Ursachen der Ausgabenanstiege ansetzen. So wäre in der Rentenversicherung eine regelgebundene Erhöhung des Renteneintrittsalters sinnvoll. Dieses könnte zum Beispiel an der restlichen Lebenserwartung einer Alterskohorte ansetzen.

Als eine weitere Möglichkeit sehen die Wissenschaftler in einem Verzicht auf die von der Bundesregierung festgelegte Untergrenze (Haltelinie) von 48 Prozent für das Rentenniveau. Denkbar sei auch ein Abschmelzen der Rentenpunkte ab einer bestimmten Beitragshöhe. Beide Schritte würden die Finanzierbarkeit des Systems erhöhen, zu niedrigeren Beitragssätzen führen und den Bundeszuschuss verringern. Bei diesen Reformoptionen wären jedoch zumindest einige Rentnerinnen und Rentner mit einem etwas niedrigeren relativen Rentenniveau konfrontiert.

Wie viel Beitragsaufkommen lässt sich durch die Einbeziehung zusätzlicher Einkommenskomponenten in der Sozialversicherung erzielen?Anne Steuernagel, Marcel Thumifo Institut, Dresden, 2023ifo Dresden berichtet, 2023, 30, Nr. 5 vorab

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