Bahr als Wahlkampfhelfer?
Während die Einladung bei den niedergelassenen und Krankenhausärzten mit knapp 350 Teilnehmern auf großes Interesse stieß, sorgte sie bei der hessischen Opposition aus SPD und Grünen für Empörung und landete sogar auf der Agenda des Sozialpolitischen Ausschusses im Hessischen Landtag, der einen Tag nach der Diskussionsrunde Anfang September tagte. Grund: Die Fraktionen sahen darin eine Wahlkampfhilfe für die hessische FDP.
Bahr selbst konnte die Aufregung nicht nachvollziehen. Der anwesende FDP-Landtagsspitzenkandidat und stellvertretende hessische Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn verzichtete aber vorsorglich auf ein Grußwort, um die Wogen nicht noch höher schlagen zu lassen.
Nicht über die Köpfe der hessischen Ärzte hinweg
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH), Dr. Frank Dastych, mahnte indes an, die Gesundheitspolitik auf Bundes- und Landesebene nach den Wahlen neu auszurichten. „Die Gesundheitsversorgung der hessischen Bevölkerung darf nicht über die Köpfe der hessischen Ärzte und Psychotherapeuten entschieden werden“, forderte er.
Erhalt der Therapiefreiheit und der freien Arztwahl, ein fairer Wettbewerb zwischen Niedergelassenen und Krankenhäusern, eine Stärkung der Selektivverträge sowie die Förderung des medizinischen Nachwuchses als gesamtgesellschaftliche Aufgabe standen beim KVH-Vorsitzenden ganz oben auf der Wunschliste.
Nicht schöngeredet, aber auch nicht dramatisch schlecht
Bahr wiederum machte deutlich, dass das deutsche Gesundheitssystem aus seiner Sicht sehr viel besser dastünde, als oftmals behauptet. „Ich will unser Gesundheitswesen nicht schönreden, aber es gerade auch ist im internationalen Vergleich gesehen nicht alles dramatisch schlecht“, so der Minister.
Als ein Beispiel nannte Bahr die zahnärztliche Versorgung, die hierzulande deutlich umfassender durch die gesetzlichen Krankenkassen abgedeckt sei als in allen anderen EU-Staaten. Als weitere Eckpfeiler des deutschen Systems pries der FDP-Politiker die Wahlfreiheit zwischen den Versicherungssystemen, die Freiberuflichkeit und die Stärkung der regionalen Selbstverwaltung.
Ein Verdienst der derzeitigen Regierung sei, einen Paradigmenwechsel bei den Gesundheitsausgaben herbeigeführt zu haben. „Wir geben heute wieder mehr für die ambulante Versorgung aus als für Arzneimittel“, betonte Bahr. Ein Indiz für das Funktionieren des Systems sei auch, dass in der vergangenen Legislaturperiode zu keinen Leistungskürzungen gekommen sei.
Nicht immer nur die Besten zulassen
Mit dem Versorgungsstrukturgesetz sei zudem erstmals der Ärztemangel gezielt in Angriff genommen worden. Um die hausärztliche Versorgung vor allem in ländlichen Bereichen sicherstellen zu können, bedürfe es aber auch Veränderungen bei der Medizinerauswahl. „Nur wenn wir nicht immer nur die Besten eines Abiturjahrgangs zum Medizinstudium zulassen, können wir dieses Problem in den Griff kriegen und Ärzte gewinnen, die bereit sind, im ländlichen Raum zu arbeiten“, erklärte der Minister.