Urteile

Beihilfe bei Implantatversorgung

sg/ck
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Eine medizinisch notwendige Zahnextraktion fällt nicht automatisch unter die Ausschlussregelung der BVO. Sie ist für den Beihilfeberechtigten alternativlos und erfolgt unabhängig von der späteren Art des Zahnersatzes.

Auch ein medizinisch notwendiger anschließender Knochenaufbau fällt nur dann unter die Ausschlussregelung, wenn diese Maßnahme ausschließlich oder jedenfalls überwiegend im Hinblick auf die spätere Implantatversorgung erfolgt. Sind diese dem Zahnersatz vorgelagerten Maßnahmen unabhängig von der späteren Art des Zahnersatzes erforderlich, handelt es sich nicht um "damit [mit dem Implantat] verbundene weitere zahnärztliche Leistungen" im Sinne der genannten Vorschrift. Das entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe.

Geklagt hatte eine Patientin aus Baden-Württemberg, die zu 50 Prozent beihilfeberechtigt ist. Wegen einer parodontalen Zyste musste ihr ein Zahn gezogen werden. Infolgedessen erfolgten weitere chirurgische Eingriffe, etwa wegen eines Knochendefekts ein gezielter Knochenaufbau mit Blick auf eine geplante Implantatversorgung.

Beihilfestelle lehnt Zuschuss ab

Das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg verweigerte die Beihilfe jedoch mit der Begründung, es handele sich um Leistungen, deren Beihilfefähigkeit lediglich auf zwei Implantate pro Kieferhälfte beschränkt ist. Dies gelte auch für die mit den Implantaten verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen. Das Landesamt berief sich hierbei auf die Beihilfeverordnung (BVO), die eine vorherige Zahnentfernung ausschließe.

Patientin widerspricht

Hierauf machte die Klägerin im Rahmen ihres Widerspruchs geltend, die Extraktion der Zähne und der durchgeführte Knochenaufbau seien unabhängig von einer Versorgung mit Implantaten notwendig gewesen. Die Extraktion sei aufgrund einer weitreichenden Entzündung erfolgt, die es unmöglich gemacht habe, die Zähne im Kiefer zu belassen.

Aufgrund einer Knochenzyste im Kiefer habe auch der Knochenaufbau unabhängig von der weiteren Versorgung mit Implantaten oder einer anderen Form von Zahnersatz zwingend erfolgen müssen. Die Behandlung sei daher notwendig und medizinisch sinnvoll gewesen. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer Implantatversorgung bestehe nicht.

Verwaltungsgericht widerspricht Beihilfe

Nachdem das Landesamt den Widerspruch abgewiesen hatte, wandte sich die Klägerin an das Verwaltungsgericht in Karlsruhe. Die dortige Kammer ersuchte den behandelnden Zahnarzt der Klägerin um Auskunft. Nachdem dieser die Darstellung der Klägerin bestätigte, gab das Gericht der Klägerin recht. Somit hat die Patienten Anspruch auf die Beihilfe über die gesamten bei ihr erbrachten und abgerechneten zahnärztlichen Leistungen.

Entsprechend der Darlegungen der Klägerin und des behandelnden Arztes war die Entfernung der Zähne infolge einer parodontalen Zyste demnach erforderlich. Die anschließenden weiteren chirurgischen Maßnahmen waren den Richtern zufolge aufgrund eines Knochendefekts notwendig und dienten in erster Linie dazu, die schwer in Mitleidenschaft gezogenen lückenbegrenzenden Zähne 34 und 42 zu erhalten und die anatomischen Strukturen wiederherzustellen.

Dem Zahnarzt zufolge erfolgten diese Maßnahmen unabhängig von der späteren Versorgung mit Zahnersatz, wären also nicht nur bei einer geplanten späteren implantologischen Versorgung, sondern auch bei einer Versorgung mit „herkömmlichem“ Zahnersatz erforderlich gewesen. Demnach fällt eine medizinisch notwendige Zahnentfernung von vorneherein nicht unter die Ausschlussregelung der BVO, urteilten die Richter. VG KarlsruheUrteil vom 12. November 2015Az.: 9 K 2979/1

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