Berlin: Monitoring für Gehandicapte nach Zahn-OP

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Zahnmedizin
Mehrfachbehinderte Patienten können jetzt nach einem umfangreichen zahnärztlichen Eingriff unter ITN im Berliner Vivantes Klinikum Neukölln stationär via Monitoring überwacht werden.

Am Vivantes Klinikum Neukölln wurde gestern das erste Berliner Behandlungszentrum für die zahnärztliche Behandlung schwer mehrfachbehinderter Menschen mit Belegbetten eröffnet. In der Spezialambulanz werden Patienten, die aufgrund ihrer Medikamentierung, ihrer geistigen und/oder auch ihrer körperlichen Behinderung zur Behandlung nicht in die Praxis kommen können, intensivmedizinisch betreut.

Verlässliche Betreuung durch Monitoring

Zwar ist es bundesweit in vielen Zahnarztpraxen heute möglich, mit einem Stand-by-Anästhesisten eine Intubationsnarkose (ITN) durchzuführen, die oft erst eine umfangreiche Zahnsanierung bei dieser Patientengruppe möglich macht, aber ein lückenloses Monitoring gab es bislang nicht. 

Denn oft treten aufgrund der Vorerkrankung Komplikationen auf. "Das liegt vor allem daran, dass der Zahnarzt nicht stationär einweisen darf", sagte der zuständige Leiter der Einrichtung, Matthias Viehoff, Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Das Vivantes-Klinikum hat nun nach großen Anstrengungen seitens betroffener Eltern und und Petitionen von Vertretern von Selbsthilfegruppen an die Politik diese Einrichtung geschaffen.

Zwei Krankenbetten ermöglichen 400 Patienten jährlich

Dem Klinikum Neukölln sind dazu im Rahmen der Krankenhausplanung durch den Senat zwei zusätzliche Betten bewilligt worden. Diese stehen in einer interdisziplinären "Übergangsabteilung“, in der nur Patienten aufgenommen werden, die erwartungsgemäß über einen nur kurzen Zeitraum hinweg observiert werden müssen. Damit sind rund 400 Patienten jährlich stationär betreubar.

Sollte durch einen Zwischenfall die Aufnahme auf die Intensivstation nötig sein, sei auch dieses gewährleistet, sagte der Geschäftsführender Direktor des Vivantes Klinikums Neukölln, Christian Dreißigacker, auf Nachfrage von zm-online.

Acht Jahre Vorlaufzeit: kämpfen, verhandeln, planen

Bei der zahnmedizinischen Versorgung schwer mehrfachbehinderter Menschen gab es in Berlin bisher Defizite, denn die Möglichkeit einer stationären Aufnahme für eine zahnärztliche Behandlung war zwar bis ins Jahr 2005 im Tempelhofer Krankenhaus St. Marien Hospital möglich, wurde dann aber trotz vieler Proteste von Angehörigen von Behinderten sowie von Selbsthilfevertretern vom Senat eingestellt.  

Die Patienten und ihre Familien waren an Erhard Templiner, den behandelnden Zahnarzt, und sein Team seit vielen Jahren gewöhnt, daher riss das Schließen dieser Einrichtung ein großes Loch in die zahnärztliche Behindertenversorgung. Die Neugründung einer derartigen Einrichtung wurde dann aber nach intensivem Bemühen 2006 direkt in den Koalitionsvertrag der Berliner Regierung aufgenommen, mehrjährig geplant, mit vielen Mühen und Meistern vieler Hürden schließlich realisiert und nun umgesetzt. Und Zahnarzt Templiner bleibt seinen Schützlingen erhalten. Zwei Tage die Woche wird er behandeln.

Patienten akzeptieren keinen herausnehmbaren Zahnersatz

Das Behandlungspektrum ist vielschichtig, erklären die anwesenden Zahnärzte. Während Kieferchirurg Viehoff mehr die großen invasiven Eingriffe vornimmt, ist Templiner auf die "normale Zahnheilkunde“, wie das Anfertigen von Zahnersatz oder die Extraktion einzelner Zähne spezialisiert. "Herausnehmbarer Zahnersatz ist bei Mehrfachbehinderten so gut wie nicht möglich, sie adaptieren ihn nicht“, erklärt er im Gespräch. "Unser Ziel ist es, Schmerzfreiheit zu schaffen und vor allem Funktionsfähigkeit wieder herzustellen!“

Überweisung durch jeden Zahnarzt möglich

Zahnärzte, die in und um Berlin herum praktizieren und mehrfachbehinderte Patienten haben, die eine größere Sanierung benötigen, können diese nun in die neue Behindertenabteilung überweisen. Zwar sind umfangreiche Behandlungen unter ITN durchaus ambulant möglich, "das setzt aber voraus, dass der medizinische Zustand des Patienten das zulässt und dass eine lückenlose Überwachung des Patienten in seinem häuslichen Umfeld gewährleistet ist“, sagte der zuständige Anästhesist, Ronald Thoms, gegenüber zm-online.

"Behinderte, die zum Beispiel in einer freien Wohngruppe leben und nachts nicht von einem Betreuer  beobachtet werden können, kommen für eine ambulante ITN-Behandlung nicht infrage“. Im Klinikum wird daher ein Rooming-In grundsätzlich begrüßt und ermöglicht, um für den Patienten ein möglichst persönliches Umfeld zu schaffen, so Dreißigacker.

Vertrag ratifiziert

Der Verwaltungsvertrag wurde am Mittwoch zwischen dem Gesundheitssenator Mario Czaja und dem Vorstandsvorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin, Dr. Jörg-Peter Husemann, unterzeichnet. Die KZV Berlin hat sich explizit für die Möglichkeit dieser Kooperation eingesetzt, erklärte Husemann während des Pressegesprächs. Das Land Berlin unterstützt als einziges Bundesland den Aufbau dieses Behandlungszentrums mit einem Betrag von 30.000 Euro.  

Rund 27 Zahnärzte bieten allein in Berlin eine spezielle Behindertenbehandlung in ihrer Praxis an. Eine Intubationsnarkose ist durch einen anwesenden Anästhesisten dann gewährleistet. Die Adressen sind auf der Homepage der KZV Berlin sowie der Kammer Berlin zu finden.

In anderen Bundesländern wird diese Möglichkeit ebenso angeboten. Adressen sind immer über die zuständigen zahnärztlichen Organisationen oder über die Homepage der Bundesorganisationen (www.kzbv.de)$, $(LEhttp://www.bzaek.de:www.bzaek.de) zu ermitteln.

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