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Britische Ärzte misstrauen der Gesundheitsversorgung

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Britische Ärzte vertrauen oft ihren eigenen Kliniken nicht. Jeder zweite Londoner Facharzt gab bei einer aktuellen Umfrage zu, im Notfall einen Angehörigen "lieber nicht" in das eigene Krankenhaus zu schicken.

Londoner Kliniken des staatlichen Gesundheitsdienstes (National Health Service, NHS) befragten die bei ihnen arbeitenden Ärzte, Krankenschwestern und -pfleger, wie die fachärztliche Versorgung auf den Stationen sei. In zahlreichen Kliniken gibt demnach weniger als die Hälfte aller Ärzte einen Familienangehörigen in die Obhut des eigenen Krankenhauses.

"Lieber nicht!"

Die Zahlen: 53 Prozent des Medizinpersonals im Redbridge University Hospital Trust und im South London Healthcare Trust gaben zu Protokoll, im Krankheitsfall einen Angehörigen "lieber nicht" ins eigene Krankenhaus zu schicken.

Selbst große Universitätskliniken in der britischen Hauptstadt leiden offenbar unter einem extrem schlechten Ansehen. Im North Middlesex University Hospital Trust ist zum Beispiel jeder zweite Facharzt misstrauisch gegenüber der medizinischen Leitung im eigenen Haus.

"Ein Armutszeugnis"

Gesundheitspolitiker und Patienten reagierten entsetzt. Fachärztliche Berufsorganisationen und Patientenverbände bezeichneten die Umfrageergebnisse als "skandalös" und sprachen von „einem Armutszeugnis“ für die staatliche Gesundheitsversorgung. "Wenn selbst die Ärzte den eigenen Kliniken nicht mehr richtig vertrauen, dann ist das ein ganz schlechtes Zeichen", so eine Sprecherin des britischen Ärztebundes (British Medical Association, BMA)  in London.

Die Patient Association (PA) äußerte sich ähnlich kritisch. Gesundheitspolitiker wurden aufgefordert, die Zahlen ernst zu nehmen und mehr zu unternehmen, um die Krise im staatlichen stationären Sektor zu beheben. Sowohl ärztliche Berufsorganisationen als auch die Patientenverbände sehen einen direkten Zusammenhang zwischen den Budgetkürzungen und Rationierungen von Gesundheitsleistungen als Folge der anhaltenden Finanz- und Wirtschaftskrise und der schlechten fachärztlichen Moral.

Regierung bestreitet Einsparungen

Zwar behauptet die Regierung unter Premierminister David Cameron, dass der Gesundheitsetat von den Sparmaßnahmen im öffentlichen Sektor nicht betroffen sei. Experten bestreiten das aber. Es gebe Hinweise auf eine Verknappung der Kapazitäten, Bettenstilllegungen und gecancelte Operationen.    

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