Gelockerte Einfuhrregeln für Produkte aus dem Ausland.

Bundesländer reagieren auf Antibiotika-Engpass

pr
Immer mehr Bundesländer haben Notmaßnahmen für den Antibiotika-Mangel bei Kindern erlassen. Sie lockern die Einfuhrregeln für Produkte aus dem Ausland. Auch in der Zahnmedizin sind bestimmte Antibiotika knapp.

Neben Bremen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hat jetzt auch Brandenburg befristete Regeln zur Abweichung vom Arzneimittelgesetz erlassen. Nachdem auf Bundesebene offiziell ein Versorgungsmangel mit antibiotikahaltigen Säften für Kinder bekanntgegeben wurde, war es möglich geworden, von Vorgaben des Arzneimittelgesetzes (AMG) abzuweichen.

Nicht zugelassene oder registrierte Arzneien dürfen vorübergehend in Verkehr gebracht werden

So dürfen zum Beispiel in Deutschland nicht zugelassene oder registrierte Arzneimittel vorübergehend in Verkehr gebracht werden. Ein Mangel bestehe derzeit nicht nur bei Fiebersäften und Antibiotika für Kinder, sondern auch an Blutfettsenkern, Blutdruckmitteln und Krebsmedikamenten, heißt es nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz. In der Zahnheilkunde betrifft dies Antibiotika aus der Gruppe der Penicilline, wie zum Beispiel Amoxicillin.

Inzwischen fordern Apothekervertreter den Aufbau einer nationalen Antibiotika-Reserve. Der Staat solle wie beim Impfstoff feste Abnahmemengen zusagen, damit könnte der Versorgungsmangel geheilt und eine nationale Antibiotika-Reserve aufgebaut werden, sagte der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis. Dass der Bund einen Versorgungsmangel bei Antibiotika für Kinder erklärt hat, zeige zwar den Ernst der Lage. Es werde aber kaum nützen, dass dadurch der Import von Antibiotika in größerem Stil aus dem Ausland möglich wird, da auch in anderen EU-Ländern Antibiotikasäfte für Kinder knapp seien, betonte er.

In der Zahnheilkunde sind Antibiotika aus der Gruppe der Penicilline knapp

Vor einem gravierenden Mangel an Medikamenten für Kinder im Herbst und Winter hatte auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (bvkj) gewarnt. Es fehle an Fieber- und Schmerzmedikamenten für Kinder sowie auch an Antibiotikum Penicillin, erklärte der Verbandspräsident Thomas Fischbach. Zuvor hatten die Kinderärzte-Verbände Deutschlands, Frankreichs, Österreichs und der Schweiz einen Brief an die Gesundheitsminister ihrer Länder geschrieben. Man sei in großer Sorge aufgrund des erheblichen Medikamentenmangels.

Die Engpässe der letzten Monate führten dazu, dass weder kindgerechte noch an Therapierichtlinien ausgerichtete Behandlungen möglich seien. Noch vor wenigen Jahren sei das Szenario eines Versorgungsmangels in den Ländern nicht einmal ansatzweise vorstellbar gewesen. Die Politik stehe dringend in der Verantwortung, eine ausreichende Produktion und Bevorratung wichtiger Arzneimittel der pädiatrischen Grundversorgung in Europa sicherzustellen, heißt es in dem Brief.

Bei der Diskussion um die Mangellage bei Kindermedikamente gab Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Ländern Recht und verwies auf das vom Bundeskabinett Anfang April auf den Weg gebrachte Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz, das nun zügig beschlossen werden müsse. Er wies darauf hin, dass die Probleme seit zehn Jahre bekannt seien. Es sei jedoch nie viel daran gemacht worden, kritisierte er.

Das Gesetz muss noch von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Der Entwurf sieht unter anderem gelockerte Preisregeln für Kinderarzneimittel vor. Damit soll Herstellern ermöglicht werden, höhere Abgabepreise für Kindermedikamente in Deutschland zu verlangen, so dass sich Lieferungen nach Deutschland mehr lohnen. Zudem ist eine Lagerhaltung von mindestens drei Monaten für bestimmte Medikamente auf Vorrat geplant.

Nach Angaben des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller handelt es sich bei der Mangellage auch um ein strukturelles Problem: Ein über die Jahre hinweg kaputt gesparter Markt, der das Preisniveau bei patentfreien Arzneimitteln so gedrückt habe, dass eine Reihe von Herstellern den Markt verlassen habe.

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