Bundesnotbremse war mit Grundgesetz vereinbar
Wie das Oberste Gericht mittteilt, waren die von den Klägern beanstandeten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen Bestandteile eines Schutzkonzepts des Gesetzgebers. Dies diente in seiner Gesamtheit dem Lebens- und Gesundheitsschutz sowie der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems als überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen. Allerdings griffen die Maßnahmen erheblich in verschiedene Grundrechte ein.
Beschränkungen waren verhältnismäßig
Die Karlsruher Richter hatten die Maßnahmen anhand der für sämtliche mit Grundrechtseingriffen verbundenen Gesetze geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen geprüft. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Beschränkungen in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie mit dem Grundgesetz vereinbar waren. Insbesondere waren sie trotz des Eingriffsgewichts verhältnismäßig, sagen sie.
Soweit in diesem Verfahren weitere Maßnahmen des Gesetzes zur Eindämmung der Pandemie angegriffen wurden, wie etwa die Beschränkungen von Freizeit- und Kultureinrichtungen, Ladengeschäften, Sport und Gaststätten, war die entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zulässig, so die Richter.
In einem weiteren Beschluss wiesen die Richter auch mehrere Verfassungsbeschwerden zurück, die sich gegen das vollständige oder teilweise Verbot von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden Schulen zum Infektionsschutz („Schulschließungen“) richteten.
Das Gericht habe mit dieser Entscheidung erstmals ein Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat auf schulische Bildung anerkannt, hoben die Richter hervor. In dieses Recht hätten die seit Beginn der Pandemie in Deutschland erfolgten Schulschließungen in schwerwiegender Weise eingegriffen, wie die in den Stellungnahmen dargelegten Folgen dieser Maßnahmen zeigten.
Darum waren Schulschließungen rechtens
Diesem Eingriff standen jedoch – infolge des dynamischen Infektionsgeschehens – „überragende Gemeinwohlbelange in Gestalt der Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit und für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems“ gegenüber. Dem konnte nach der seinerzeit vertretbaren Einschätzung des Gesetzgebers auch durch Schulschließungen begegnet werden, so die Richter.
Für den laut Bundesverfassungsgericht gerechtfertigten Wegfall des Unterrichts trotz schwerwiegender Belastungen führen die Richter folgende Faktoren an:
Zu vollständigen Schulschließungen kam es - anders als bei den sonstigen Beschränkungen zwischenmenschlicher Kontakte - nicht bereits bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 im jeweiligen Landkreis oder der kreisfreien Stadt, sondern erst bei einem weit höheren Wert von 165. Die Länder waren verfassungsrechtlich verpflichtet, wegfallenden Präsenzunterricht auch während der „Bundesnotbremse“ möglichst durch Distanzunterricht zu ersetzen.
Die Schulschließungen waren auf einen kurzen Zeitraum von gut zwei Monaten befristet. Damit war gewährleistet, dass die schwerwiegenden Belastungen nicht über einen Zeitpunkt hinaus gelten, zu dem der Schutz von Leben und Gesundheit etwa infolge des Impffortschritts seine Dringlichkeit verlieren könnte.
Schließlich hatte der Bund bereits vor Verabschiedung der Bundesnotbremse Vorkehrungen getroffen, dass etwaige künftige, auch die Schulen betreffende Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie die Schüler möglichst nicht mehr derart schwerwiegend belasten. Dazu zählen unter anderem eine vom Bundesgesundheitministerium geförderte Studie zur Erforschung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen („StopptCOVID-Studie“) sowie Finanzhilfen des Bundes an die Länder im Rahmen des „DigitalPaktSchule“ von insgesamt 1,5 Milliarden Euro zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Durchführung digitalen Distanzunterrichts.