Burnout in Zeiten der Industrialisierung
Mit der Entwicklung der Industriestädte veränderte sich der Arbeitsalltag der Menschen: In den Fabriken wurde in immer schnellerem Takt immer mehr Ware produziert. Die Arbeiter wurden zu neuen Höchstleistungen angetrieben; ein Arbeitstag dauerte oft bis zu 16 Stunden.
Rätselhaftes Unwohlsein
George Miller Beard, ein US-amerikanischer Arzt, veröffentlichte 1869 einen Aufsatz im Boston Medical and Surgical Journal, in dem er das damals noch rätselhafte Unwohlsein beschrieb. Viele seiner New Yorker Patienten klagten darüber. Er fasste das Leiden unter dem Begriff Neurasthenie (griechisch für Nervenschwäche) zusammen. Der Ausdruck war nicht neu, doch Beard brachte ihn in Zusammenhang mit dieser Krankheit, berichtet die Zeitschrift P.M. History.
Ein Problem: die Taschenuhr
Den Grund für die zunehmende Zahl an Neurasthenie-Patienten sah Beard in der sich verändernden Zivilisation: Wachsende Städte, dampfende Eisenbahnen, elektrisch beleuchtete Boulevards und riesige Kaufhäuser überforderten die Menschen. Aber auch die Erfindung der Taschenuhr sei einer der Gründe, denn der moderne Mensch blicke andauernd auf die Uhr, um sich bloß niemals zu verspäten.
Beard sah die Neurasthenie als rein amerikanische Krankheit an, doch auch in Deutschland litten Menschen unter der Nervenschwäche. Der Schriftsteller Rainer Maria Rilke klagte 1903 in einem Brief über Müdigkeit und Schmerzen. Sobald er sich an die Arbeit machen wollte, fühlte er sich wie gelähmt. Viele Mediziner hielten damals andere Arbeit als die gewohnte für ein Allheilmittel gegen Erschöpfung.
Holzsägen, Waldläufe und Gymnastik
Rilke bezeichnete seine wiederholten Aufenthalte in einer Naturheilanstalt als Kur-Arbeit: Holzsägen, Waldläufe und Gymnastik standen dabei auf dem Tagesplan. Doch diese Frischluftkur half immer nur kurzfristig gegen die Nervenschwäche.