Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

COVID 19: Genesene Fußballprofis sind 5 Prozent weniger produktiv

mg
Gesellschaft
Genesene Fußballprofis haben eine um 5,7 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit zu spielen. Danach zeigen sie über Monate eine verminderte Arbeitsleistung. Die Ergebnisse sind auf andere körperlich anstrengende Berufe übertragbar.

Analysiert wurden von Covid-19 genesene Fußballer, weil bei ihnen leichter die individuelle Produktivität in Abhängigkeit verschiedener gesundheitlicher Werte betrachtet werden kann. Dazu gehören physikalische Messgrößen wie Beschleunigung, Kondition und Ausdauer ebenso wie die kognitive Fähigkeit, sich optimal auf dem Spielfeld zu positionieren. So hängt die Anzahl der Pässe demnach direkt mit all diesen Parametern zusammen.

Um Aussagen über die Produktivität machen zu können, untersuchten die Forschenden die Arbeitsleistung der Fußballer, indem sie die deren Spielzeit, Anzahl von Pässen, Ballkontakten, Dribblings, Balleroberungen und Schüssen auswerteten.

Ausgewertet wurden die Spiele von 257 genesenen Fußballern

Insgesamt gab es 81 bestätigte positive Tests bei Spielern in Deutschland und 176 in Italien bis Mitte Juli 2021. Davon ließen sich 233 eindeutig identifizieren. Ihre Daten wurden in der Untersuchung ausgewertet. Die Forschenden betonen, dass 257 gemeldete Infektionen unter 1.406 Spielern die allgemeine Fallhäufigkeit in der Altersgruppe der jungen Erwachsene in beiden Ländern übersteigt, weshalb sie mit Blick auf die strengen Testregimes der Clubs vermuten, alle Infizierten zu erfassen.

Auch wenn das Anforderungsprofil eines Profifußballers sich deutlich von allen anderen Berufen unterscheidet, enthält es den Wissenschaftlern zufolge doch verschiedene Belastungsbestandteile, die in anderen Professionen ebenfalls vorausgesetzt werden. Viele Berufe erfordern hohe körperliche Anstrengung oder Konzentration, so dass gesundheitliche Auswirkungen hier zu ähnlichen Leistungsveränderungen führen können, argumentierten sie.

Sie erstellten einen Datensatz mit Spielstatistiken sowie Daten zu COVID-19-Infektionen von Spielern der deutschen Bundesliga und der italienischen Serie A und nutzten dabei granulare Daten der Spiele auf Minutenebene sowie Match-Phasen-spezifische Analysen. Ergänzten wurden diese Daten mit Informationen zu Verletzungen und Krankheiten, die Spieler dazu zwangen, Spiele auszulassen.

Spieler über 30 büßen zehn Prozent ihrer Performance ein

Das Ergebnisse: Genesene Spieler haben eine um 5,7 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit zu spielen. Der beobachtete Rückgang der Spielfrequenz wird schnell unbedeutend, kehrt aber nicht vollständig auf das frühere Niveau zurück. Direkt nach der Infektion und seiner Rückkehr auf den Platz verbringt ein Spieler durchschnittlich 6 Minuten weniger auf dem Feld als zuvor. Das entspricht einem Rückgang von fast zehn Prozent. Dies könnte auf ein allgemeines Fitnessproblem der Spieler hinweisen, vermuten die Autoren.

Dieser Effekt sei direkt nach der Rückkehr ins Team sichtbar und relativ lang anhaltend. Erst nach etwa fünf Monaten kehren die gespielten Minuten auf ein Niveau zurück, das sich nicht deutlich von den Spielzeiten vor der Infektion unterscheidet. Auffällig ist, dass Spieler über 30 Jahren mit den stärksten Problemen konfrontiert sind. Bei ihnen sinkt die Performance um mehr als 10 Prozent. Im Vergleich dazu sind jüngere Spieler bis 25 Jahre nur marginal betroffen.

Der Effekt ist stärker als bei anderen Verletzungen

Der Vergleich mit anderen Verletzungen zeigt, dass diese geringere statistischen Auswirkungen auf die Performance haben – weder nach kurzen, noch nach langen Spielpausen. Auch hat eine COVID-Infektion offenbar stärkere Auswirkungen auf die Arbeitsleistung der Spieler als Krankheiten mit ähnlichem Impact auf Teile des Organismus.

Außerdem hat eine überstandene COVID-Infektion wesentliche und anhaltende Auswirkungen auf die Arbeitsleistung innerhalb eines Spiels. Die Ergebnisse zeigen eine verminderte körperliche Arbeitsleistung von der ersten Spielminute an, außerdem nimmt die Performance im Laufe eines Spiels ab. Der Effekt liegt in den ersten 30 Minuten bei stabil minus drei Prozent und verschlechtert sich später um weitere drei Prozentpunkte. Ein vergleichbarer Effekt ist selbst bei eingewechselten Spielern zu beobachten, die keine lange Spielzeit haben.

eine verminderte Arbeitsleistung ab der ersten Spielminute

Fazit: Die Produktivität von Elite-Fußballern sinkt nach einer Infektion permanent um etwa fünf Prozentpunkte. 22 Fußballspieler (8,5 Prozent) der Stichprobe leiden nach ihrer überstandenen Infektion unter einer erheblichen Verschlechterung ihrer Leistungsfähigkeit.

Weltweit und über alle Branchen dürften sich diese Folgeeffekte zu einer Stärke kumulieren, die von der Wirtschaft insgesamt zu spüren sein wird, schlussfolgern die Autoren. COVID-19 werfe „einen langen Schatten auf die Arbeitsleistung des Einzelnen". Die vorliegende Arbeit sei ein erster Versuch, den mittel- und langfristigen Effekt einer COVID-Erkrankung auf die Produktivität von Arbeitnehmern wissenschaftlich fassbar zu machen. Zukünftige Studien sollten daher Geschlecht, eine breitere Altersspanne und verschiedene Berufsbilder umfassen, empfehlen sie.

Fischer, Kai; Reade, J. James; Schmal, W. Benedikt (2021): „The long shadow of an infection: COVID-19 and performance at work”, DICE Discussion Paper, No. 368, ISBN 978-3-86304-367-4, Heinrich Heine University Düsseldorf, Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE), Düsseldorf,https://www.econstor.eu/bitstream/10419/237290/1/1767274726.pdf

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