COVID-19: Stärkster Rückgang der Lebenserwartung seit dem Zweiten Weltkrieg
Der Rückgang war bei Männern ausgeprägter als bei Frauen, ergab die Studie des Leverhulme Centre for Demographic Science an der Universität Oxford, die jetzt im „International Journal for Epidemiology“ veröffentlicht wurde.
Die Studie bezieht sich auf 27 Staaten in Europa sowie Chile und die USA, die ein mit Europa vergleichbares Sterberegister führen. Berechnet wurden die Auswirkungen auf die Lebenserwartung ab der Geburt und der Restlebenserwartung im Alter von 60 Jahren, bezogen auf die Jahre 2015 bis 2020. In allen Ländern war es der Studie zufolge in den fünf Jahren vor der Pandemie zu einem Anstieg der Lebenserwartung bei der Geburt um ein bis drei Monate pro Jahr gekommen.
In 22 Ländern sank die Lebenserwartung um ein halbes Jahr
Insgesamt 27 der 29 analysierten Länder verzeichneten der Studie zufolge im Jahr 2020 aufgrund der Pandemie Einbußen bei der Lebenserwartung. In 22 Ländern sank die Lebenserwartung bei Geburt um ein halbes Jahr oder mehr gegenüber 2019. In Deutschland fiel der Rückgang sehr viel geringer aus als in den meisten anderen untersuchten Staaten.
Männer verloren in elf Ländern und Frauen in acht Ländern statistisch sogar mehr als ein Lebensjahr. In einigen Staaten seien damit Fortschritte der vergangenen Jahre in kurzer Zeit zurückgegangen, heißt es in der Studie. Wie die Untersuchung ergab, sank die Lebenserwartung am stärksten in den USA, wo Männer unter 60 Jahren im Vergleich zu 2019 im Jahr 2020 insgesamt 2,2 Jahre verloren hatten.
In Litauen, Bulgarien und Polen verloren die Männer 2020 über 1,5 Jahre
Als Gründe führt die Studie Ungleichheiten im Zugang zur Gesundheitsversorgung sowie einen strukturellen Rassismus an.In den osteuropäischen Ländern waren die Einbußen größer als nach der Auflösung der Sowjetunion. In Litauen, Bulgarien und Polen verloren die Männer 2020 mehr als 1,5 Jahre.
Nur bei Männern und Frauen in Dänemark und Norwegen und bei Frauen in Finnland konnte die Absenkung der Lebenserwartung unterbunden werden. Als Teil für diesen Erfolg gibt die Studie frühe nicht-pharmazeutische Interventionen verbunden mit einem starken Gesundheitssystem an. In Europa war vor allem eine Erhöhung der Sterblichkeit bei den über 60-Jährigen zu verzeichnen. Die stärksten Einbußen bei den skandinavischen Ländern gab es der Untersuchung zufolge in Schweden.
José Manuel Aburto, Jonas Schöley, Ilya Kashnitsky, Luyin Zhang, Charles Rahal, Trifon I Missov, Melinda C Mills, Jennifer B Dowd, Ridhi Kashyap, Quantifying impacts of the COVID-19 pandemic through life-expectancy losses: a population-level study of 29 countries, International Journal of Epidemiology, 2021;, dyab207,https://doi.org/10.1093/ije/dyab207