Heilberufler zum Europäischen Gesundheitsdatenraum

„Datennutzung darf Vertrauensbasis nicht infrage stellen“

pr
De Spitzenvertreter der deutschen Heilberufler fordern in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Schutz von Patientendaten und eine Opt-out-Lösung bei der Weitergabe von Gesundheitsdaten in Europa.

Auf EU-Ebene wird derzeit über den Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums (European Health Data Space, kurz: EHDS) beraten. Ziel des EHDS ist es, die nationalen Gesundheitssysteme interoperabel zu verbinden, um einen sicheren Transfer von Gesundheitsdaten zu ermöglichen.

Jetzt haben sich die Spitzenvertreter der deutschen Heilberufler in die Diskussion eingeklinkt. In einem Schreiben haben sich die unter dem Dach des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB) zusammengeschlossenen Heilberufe an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gewandt undwesentliche Nachbesserungen am bisherigen EHDS-Konzept verlangt. Mit Nachdruck fordern sie die deutsche und europäische Politik dazu auf, ein besonderes Augenmerk auf die Garantie der heilberuflichen Schweigepflicht, den Schutz der Privatsphäre und der personenbezogenen Daten der Patienten zu legen.

„Heilberufler sind Treuhänder der vertraulichen Daten“

Konkret müsse Patienten die Möglichkeit eingeräumt werden, der Weitergabe ihrer Gesundheitsdaten insgesamt oder teilweise zu widersprechen (Opt-out) – auch nach einer etwa bereits erfolgten Zustimmung, heißt es in dem Schreiben, das auch die Bundeszahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung unterzeichnet haben. Sofern ein Zugriff auf die Primärdokumentation der Angehörigen der Heilberufe geplant sei, müsse sichergestellt sein, dass kein Risiko eines Datenverlusts besteht. Auch ein Zugriff von Unbefugten auf die Gesundheitsdaten der Patienten müsse technisch ausgeschlossen sein, ebenso ein Kompromittieren der bestehenden, technischen Infrastruktur der Praxen oder sonstiger Einrichtungen der Gesundheitsberufe, heißt es in dem Brief.

Die Heilberufler seien dem Patientenwohl verpflichtet und verstünden sich als Treuhänder der ihnen vertraulich offenbarten Informationen. Das geschützte Vertrauen zwischen Angehörigen der Heilberufe und ihren Patienten muss auch im Rahmen eines EHDS gewährleistet sein, argumentieren die Spitzenvertretungen in dem Schreiben. Auch in einem europäischen Datenraum müssten das Vertrauensverhältnis und die heilberufliche Schweigepflicht bewahrt bleiben. Eine Nutzung von Daten durch Dritte dürfe diese Vertrauensbasis nicht infrage stellen.

Die Einhaltung der Schweigepflicht, des Berufsgeheimnisses und der Zustimmungserfordernisse der Patienten dürften nicht für sekundäre Zwecke geschwächt, aufgehoben oder umgangen werden. Andernfalls würde dies unweigerlich dazu führen, dass Patienten die Informationen nicht mehr zur Verfügung stellten und oder ihrem Arzt nicht mehr mitteilten, wenn sie befürchten müssten, dass die Daten nicht vertraulich bleiben.

Die Spitzenvertreter betonen, sie seien gerne bereit, ihren Beitrag zur Verwirklichung der Ziele des EHDS zu leisten und so auch die Effizienz der Gesundheitssysteme in der EU zu steigern. Gleichzeitig müsse aber darauf geachtet werden, dass technische Anpassungen, notwendige Schulungen und der administrative Aufwand auf das Notwendige zu begrenzen und finanzielle Ausgleiche zu leisten seien. Vor allem aber müssten höchste Sicherheitsstandards für die sensiblen Gesundheitsdaten garantiert werden.

Im Verordnungsentwurf zur Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums ist unter anderem vorgesehen, dass Patienten auf Datenmindestsätze EU-weit zugreifen können, zum Beispiel Rezepte, Laborergebnisse, Röntgenbilder, Entlassungsberichte oder Impfnachweise. Darüber hinaus sollen die Gesundheitsdaten im Wege einer sekundären Nutzung für die Gesundheitsforschung oder die Politikgestaltung verwendet werden dürfen.

Unterzeichnet haben den Brief die Spitzen der Bundesärztekammer (BÄK), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Das Schreiben ging auch an die Bundesministerien für Bildung und Forschung und für Justiz sowie an mehrere Europa-Abgeordnete, die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Bundestags sowie an den Vorsitzenden der Gesundheitsministerkonferenz, den baden-württembergischen Gesundheitsminister Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen). Auf dem diesjährigen Europatag der Bundeszahnärztekammer am 10. Mai in Berlin ist das Thema „Europäischer Gesundheitsdatenraum“ der Schwerpunkt.

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