„Die Bundesregierung muss sich endlich zusammenraufen“
Aus Sicht der vzbv-Vorständin gibt es keinen vernünftigen Grund, vor allem Kinder weiterhin überall gesundheitsschädlicher Werbung für fettige Snacks und Süßes auszusetzen. „Die Zeit der wirkungslosen freiwilligen Selbstverpflichtungen ist vorbei“, sagte vzbv-Vorständin Ramona Pop der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „An Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung muss umfassend reguliert werden, um ernährungsmitbedingten Krankheiten vorzubeugen.“
Der ursprüngliche Gesetzentwurf wurde entschärft
Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) hatte vor rund einem Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt, der TV-Werbeverbote für Produkte mit zu viel Zucker, Salz oder Fett zwischen 6 und 23 Uhr vorsah. Dem stimmte der Koalitionspartner FDP allerdings nicht zu, so dass der Entwurf entschärft wurde. Nun soll es ein entsprechendes Werbeverbot an Wochentagen nur noch zwischen 17 und 22 Uhr, samstags zwischen 8 und 11 Uhr sowie sonntags zwischen 8 und 22 Uhr geben. Abgeschwächt wurde auch das ursprünglich vorgesehene Plakatverbot für ungesunde Produkte an Orten, an denen sich Kinder aufhalten. Es soll nur noch in der Umgebung von Kitas und Schulen gelten, aber nicht im Umfeld von Sport- und Spielplätzen sowie Freizeiteinrichtungen.
Ramona Pop merkte an, dass eine reine Regulierung von Werbespots bei Kindersendungen nicht weit genug greife, da Familien auch zur Primetime gemeinsam Fernsehen gucken und TV-Werbung für Ungesundes Kinder so trotzdem erreiche.
Studie: Schockbilder könnten Zuckerkonsum senken
Gesundheitswarnungen auf Süßwaren würden die Kaufentscheidung und damit direkt den Konsum beeinflussen. Zu diesem Schluss kommt eine Göttinger Studie. Warnungen in Form von Bildern in Kombination mit Text können Menschen dazu bewegen, weniger zuckerhaltige Produkte zu kaufen oder sogar ganz darauf zu verzichten. Am wirkungsvollsten sind schockierende Bilder, ähnlich wie auf Zigarettenpackungen, heißt es in der Publikation, die in der Fachzeitschrift BMC Public Health erschienen ist.
In einer Online-Umfrage hatten 1.040 Personen (Durchschnittsalter 51,7 Jahre, 50,3 Prozent Frauen) angegeben, wie sie verschiedene Arten von Warnhinweisen zu kurzfristigen gesundheitlichen Folgen wie Karies oder eher langfristigen Folgen wie Übergewicht und Typ-2-Diabetes wahrnehmen. Warnungen zu kurzfristigen Gesundheitsproblemen erregten dabei mehr Aufmerksamkeit. „Das liegt möglicherweise daran, dass die Konsequenzen unmittelbarer erlebbar sind“, erklärt Erstautorin Dr. Clara Mehlhose. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Warnungen effektiver sind, wenn sie emotionale und bereits bekannte Symbole oder Bilder verwenden, die kulturell verstanden werden. Schockierende Bilder und rote Stoppschilder prägen Kaufentscheidungen besonders deutlich.“
Die Studie liefert nach Ansicht der Autorinnen wichtige Erkenntnisse „für die Entwicklung von Strategien, die eine gesunde Ernährung fördern und so die öffentliche Gesundheit verbessern“. Wie sich Gesundheitswarnungen zusammen mit anderen Maßnahmen wie einer Zuckersteuer auswirken, sollen zukünftige Studien zeigen.
Mehlhose, C., Risius, A. Effects of immediate and distant health consequences: different types of health warning messages on sweets affect the purchase probability. BMC Public Health 23, 1892 (2023). https://doi.org/10.1186/s12889-023-16760-y