Meinung

"Die Schwächen im System finden"

jt/dpa
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Kliniken unterlaufen im medizinischen Ablauf zu oft Fehler. Warum es schwer ist, Abhilfe zu schaffen, erklärt Hedwig François-Kettner, Pflegedirektorin an der Berliner Charité und Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit.

Frau François-Kettner, Behandlungsfehler in Krankenhäusern sorgen in jüngster Zeit verstärkt für Schlagzeilen. Ist das Risiko für die Patienten gewachsen?

François-Kettner: Ich glaube, dass vor allem genauer hingesehen wird. Immer mehr Einrichtungen investieren schließlich auch in die Patientensicherheit und richten beispielsweise anonyme Systeme ein, mit denen kritische Ereignisse gemeldet werden können, so dass man daraus lernen kann. 

Warum sollen Ärzte und Pfleger, die Fehler machen, dabei nicht mit Namen genannt werden?

Wir wollen nicht Schuldige suchen, sondern Lösungen finden. Dazu ist es wichtig, Schwächen im System zu identifizieren. Viele Fehler sind nicht einer einzigen Situation geschuldet, sondern passieren aufgrund einer Verkettung verschiedener Dinge.

Wo stecken typischerweise Probleme?

Selbst wenn ein Klinikum gute Abläufe hat, können Brüche entstehen, wenn der Patient ambulant oder etwa in einer Reha-Einrichtung weiterbehandelt wird. Probleme kann es etwa beim Krankentransport geben, durch einen fehlenden Arztbrief oder durch mangelnde Anleitung des Patienten in einer neuen Situation. 

Wie groß ist das Risiko für die Patienten insgesamt?

Das ist schwer konkret zu benennen. Es gibt keine einheitliche Erfassung. Aber beispielsweise bei Klinikinfektionen belegen Studien, dass allein 70 Prozent der Keime von Patienten mitgebracht werden. Die Gefahr, diese Keime weiterzutragen, ist natürlich da. 

Ist das Risiko, als Kranker sich zusätzlich eine gefährliche Infektion im Krankenhaus zu holen, geringer als früher? 

Da hat sich ganz viel getan. Die schon 2008 gestartete Aktion "Saubere Hände" etwa war extrem hilfreich. Die Kampagne richtet sich an die Ärzte und Pflegepersonal und ruft zur Handdesinfektion auf. Doch kommen natürlich trotzdem oft Infektionen vor. Etwa wenn Patienten in einem Vier-Bett-Zimmer mit einer Toilette nicht Sorgfalt walten lassen - oder wenn es wenig Personal auf einer Station gibt und man im Alarmfall sofort zum Patienten geht und sich nicht vorher die Hände wäscht.

Die Koalition will Qualität und Behandlungserfolg stärker zum Maßstab der Bezahlung machen - ein erfolgversprechender Weg? 

Das wird kein leichter Weg sein. Kriterien zu der Bewertung sind zu erarbeiten, 'Behandlungserfolg' ist je nach vorliegenden Sachverhalten und teils sehr unterschiedlicher Akteure im Prozess äußerst fragil und nicht leicht zu bewerten.

Die Fragen stellte Basil Wegner, dpa.

 

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