Gutachten zur Reform der Unabhängigen Patientenberatung

„Die UPD-Regierungspläne sind verfassungswidrig“

pr
Die Pläne der Bundesregierung zur Reform der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) sind verfassungswidrig. Das besagt ein aktuelles Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags.

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Reform der Unabhängigen Patientenberatung Deutschlands (UPD) ist nach Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags verfassungswidrig. Das betrifft vor allem die geplante Finanzierung durch gesetzliche und privaten Krankenkassen. Wie aus einem jetzt veröffentlichten Gutachten hervorgeht, werde mit der vorgesehenen Verpflichtung zur Finanzierung der UPD den gesetzlichen Krankenkassen und den privaten Versicherungsunternehmen eine grundgesetzwidrige Sonderabgabe auferlegt, heißt es dort. Das Gutachten, über das das Redaktionsnetzwerk Deutschland zuerst berichtet hatte, war vom CSU-Gesundheitsexperten Stephan Pilsinger in Auftrag gegeben worden.

Untersucht wurde die Kompetenz des Bundes zur Regelung der Finanzierung der geplanten Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland. Nach dem von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf vom 23. Januar 2023 soll die Stiftung ab dem 1. Januar 2024 die unabhängige Patientenberatung übernehmen. Mit der Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung soll eine dauerhafte, staatsferne und unabhängige Struktur für die Patientenberatung geschaffen werden, so die Gesetzespläne. Vorgesehen ist, dass die Stiftung UPD durch jährliche Zuwendungen in Höhe von insgesamt 15 Millionen Euro seitens der Krankenkassen (93 Prozent) und der privaten Krankenversicherungsunternehmen (sieben Prozent) finanziert werden soll. Den Plänen zufolge sollen sie aber weder inhaltlich mitreden noch die Mittelverwendung prüfen dürfen.

Gutachten sieht „öffentlichen Finanzierungsbedarf“

Die Bundestags-Gutachter betonen, dass zum einen die Aufgaben der geplanten Stiftung weit über die Pflichten von Kassen und Versicherern hinausgingen. Zum anderen hätten diese trotz der Finanzverpflichtung keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Arbeit der UPD. Eine Patientenberatung in dem Umfang und der Art und Weise der Durchführung gehöre nicht zu den rechtlichen Pflichten der Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen, heißt es in der Expertise. Die UPD solle im Interesse der Allgemeinheit vielmehr allen Patienten zur Verfügung stehen und nicht nur den Versicherten. Deshalb bestehe ein öffentlicher Finanzierungsbedarf. Eine Sonderabgabe nur für Kassen und Versicherungsunternehmen verstoße damit gegen das Grundgesetz, heißt es in dem Gutachten.

Der Gesetzesentwurf war am 26. Januar in erster Lesung im Bundestag beraten und danach an die zuständigen Ausschüsse zur Beratung weitergeleitet worden. Bei den Oppositionsabgeordneten zeigte sich zum Teil scharfe Kritik. Vor allem entzündete sich diese an der Finanzierung, aber auch an den Stiftungsstrukturen. Für den Fall, dass die Pläne Gesetz werden sollten, kündigte der GKV-Spitzenverband bereits eine Klage an. Der Vorwurf geht an die Politik, sich unzulässig aus Beitragsmitteln zu bedienen. Aus GKV-Sicht nehme die UPD eine staatliche Aufgabe wahr und müsse aus Steuermitteln bezahlt werden. In einem für die PKV erstellten Rechtsgutachten äußerte auch der Verfassungsrechtler Gregor Thüsing, Bonn, Bedenken. Bei den Leistungen der UPD handele es sich um einen auf die Gesundheitsversorgung bezogenen Verbraucherschutz. Dies sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und keine originäre Sozialversicherungsleistung.

Bundesrat plädiert für Präzisierungen

Inzwischen hat sich auch der Bundesrat zur Umstrukturierung der UPD ausgesprochen und plädiert für einige Präzisierungen am Regierungsentwurf. Er will unter anderem sichergestellt wissen, dass die regionalen physischen Informations- und Beratungsangebote in jedem Land vorgehalten werden. Diese könnten von Betroffenen in Anspruch genommen werden, die die Möglichkeiten der digitalen und telefonischen Informations- und Beratungsangebote aus den verschiedensten Gründen nicht nutzen könnten. In ihrer Gegenäußerung stimmt die Bundesregierung dem Ansinnen zu.

Unterdessen hat sich auch der UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede in der Presse zu Wort gemeldet. Er warnt in einem Beitrag im „Tagesspiegel Background“, dass es für die UPD allmählich zeitlich eng werde. Durch den langwierigen Streit über Finanzierung und rechtliche Details der anvisierten Stiftung drohe nicht nur eine Unterbrechung des Beratungsangebots, sondern es bestehe auch das Risiko einer Abwanderung erfahrener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

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