Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Dringend gesucht: ZFA und Zahnärzte

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Die Zahl der Engpassberufe ist von 148 auf 200 gestiegen. Das meldet die Bundesagentur für Arbeit (BA). Es fehlen auch immer mehr ZFA und je nach Region Zahnärzte.

Die jährliche Fachkräfteengpassanalyse der BA zeigt: In 200 der rund 1.200 bewerteten Berufe wurde ein Engpass festgestellt, das sind 52 mehr als im Jahr zuvor. In mittlerweile jedem sechsten Beruf werden somit Fachkräfte knapp.

Arbeitslose Fachkräfte meiden oft Engpassberufe

Zu den beschäftigungsstärksten Engpassberufen zählen Pflegeberufe, Berufskraftfahrer, Medizinische Fachangestellte, Bauberufe sowie Berufe in der Kinderbetreuung oder Kraftfahrzeugtechnik.

Auf Ebene der Spezialisten und Experten kommen Apotheker, Architekten und IT-Berufe hinzu. Neu aufgenommen wurden Berufe im Hotel- oder Gastronomieservice, im Metallbau und Busfahrer. Dass 2022 die Hälfte gemeldeten Fachkraftstellen auf einen dieser Engpassberufe entfielen, unterstreicht der BA zufolge den Mangel.

Seit der ersten veröffentlichten Engpassanalyse 2014 zeigen sich in Deutschland auch durchgehend Fachkräfteengpässe in der Human- und Zahnmedizin. Auch 2022 deuten die Indikatoren mit Ausnahme von Schleswig-Holstein und Hamburg auf einen Engpass hin.

In Berlin und Brandenburg liegt die Human- und Zahnmedizin im Beobachtungsbereich. Für Mecklenburg-Vorpommern liegen keine Angaben vor. Der Beruf der ZFA hat auf Bundesebene einen Punktwert von 2,8 erreicht und zählt damit ebenfalls zu den Engpassberufen.

BFB: 340.000 Stellen sind derzeit unbesetzt!

Der Bundesverband der Freien Berufe e.V. (BFB) spricht – angesichts von mehr als 340.000 offenen Stellen – von einer „äußerst angespannte Fachkräftesituation“.

Um die Zukunftsaufgabe Fachkräftesicherung auch im Sinne der rund 1,47 Millionen selbstständigen FreiberuflerInnen sowie ihrer rund 4,5 Millionen Angestellten in ihren Teams zu meistern, sind laut BFB diese Punkte zentral:

  • „Die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft gelingt nur, wenn auch die Freien Berufe ihre zentralen Beiträge leisten und unverzichtbaren Dienstleistungen erbringen können – für die Energiewende, für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums oder die Versorgung einer im Zuge des demografischen Wandels immer älter werdenden Bevölkerung.

  • Die Fachkräftesicherung ist eine existentielle Aufgabe für die Freien Berufe und letztlich wegen ihrer Bedeutung für Daseinsvorsorge und Zukunftsaufgaben für die ganze Gesellschaft. Dabei erfordert die hohe Qualität der Dienstleistung mehr denn je ein gutes Bildungsniveau.

  • Wir müssen sämtliche Potenziale mobilisieren, um Fachkräfte zu gewinnen: Passgenaue Instrumente helfen dabei, die Erwerbsbeteiligung aller potenziellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu sichern.

  • Wir brauchen auch qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten. Das beschleunigte Fachkräfteverfahren ist hinsichtlich der Behördenkommunikation zu optimieren. Die Freien Berufe haben eine besonders hohe Integrationskraft. Ausländische Fachkräfte punkten bei den Freien Berufen mit einer zusätzlichen Sprache und ihrer interkulturellen Kompetenz.

  • Wir begrüßen das 'Europäische Jahr der Kompetenzen' und dessen Akzent auf digitale Kompetenzen: So werden Fachkräfte mobilisiert und die Akzeptanz digitaler Anwendungen gestärkt.

  • Wir anerkennen die Chancen von Künstlicher Intelligenz: Sie kann bei Routineaufgaben entlasten. So können sich Fachkräfte komplexeren Aufgaben widmen. Wichtig ist hier ein Rahmen, der Verantwortung klärt und den freiberuflichen Vertrauensschutz sicherstellt.

  • Wir fordern eine Entlastung der Fachkräfte durch den Abbau des Ressourcenverbrauchs von überbordender und mehrfach belastender Bürokratie.“


Diese Forderungen zur Zukunftsaufgabe Fachkräftesicherung wurden auf der Fachkräftekonferenz am 7. Juni 2023 in Berlin erarbeitet.

Auf der Fachkräftekonferenz, zu der der Bundesverband der Freien Berufe e.V. (BFB) am 7. Juni 2023 verschiedene Experten aus der Politik, den maßgeblichen Bundesressorts, dem Deutschen Bundestag und befreundeten Verbänden nach Berlin eingeladen hatte, wurde der Fokus unter anderem auf die praktische Dimension des Fachkräftemangels und eine bessere Integration von neuen Arbeitskräften gelegt. Bei der Eingliederung ausländischer Fachkräfte sei vor allem ein rundum abgestimmter Onboarding-Prozess entscheidend, der alle Schnittstellen einbinde, von der Ausländerbehörde bis hin zur Botschaft und den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. So können Synchronisierungseffekte entstehen und Kulturkompetenz gefördert werden. Menschen mit ausländischen Wurzeln können mit ihren zusätzlichen Sprachkenntnissen und ihrer interkulturellen Kompetenz Teams bereichern – so eine der Botschaften.

CED: Delegation statt Substitution

Wie soll der Berufsstand europaweit mit dem Fachkräftemangel in der Zahnmedizin umgehen? Diese Frage diskutierte auch der Council of European Dentists (CED) auf seiner Vollversammlung Ende März in Stockholm.

Vor allem die personellen Herausforderungen in der Zahnmedizin seien ein Problem, das sich in ganz Europa abzeichne, formulierte der Verband in einem Positionspapier. Es gehe dabei um die ungleiche Verteilung der Arbeitskräfte innerhalb der europäischen Länder. Der Verband verweist auf Unterschiede zwischen Stadt und Land, auf geschlechts- und altersbedingte Ungleichgewichte oder auch auf Bestrebungen junger Zahnärztinnen und Zahnärzte, sich verstärkt in Dentalketten anstellen zu lassen.

Ganz wichtig sei auch die klare Rollenverteilung zwischen dem Zahnarzt und seinem Team. Das Gleichgewicht in der Beziehung zwischen dem Zahnarzt und dem zahnärztlichen Praxispersonal müsse gewahrt bleiben, fordert der CED in dem Positionspapier. Dabei müsse der Zahnarzt die Rolle des Teamleiters übernehmen, es gelte das Prinzip der Delegation statt der Substitution. Zahnärzte seien erstklassig ausgebildete und hochqualifizierte Fachkräfte. Als solche könnten sie nicht durch weniger qualifizierte Fachkräfte mit geringerem Ausbildungsstand ersetzt werden, macht der Verband deutlich.

Auch plädiert der CED dafür, dass die Personalplanung für den Beruf auf nationaler Ebene beginnen müsse. Alle Länder sollten bereit sein, die richtige Anzahl von Zahnärzten für ihren eigenen Bedarf aus- und fortzubilden. Dazu gehöre auch die Bereitstellung von epidemiologischen Daten und Informationen, um die Bedürfnisse in der Bevölkerung abzubilden.

Zur Aus- und Weiterbildung müssten laut CED-Papier außerdem die Vermittlung digitaler Fertigkeiten und Kenntnisse über die Leitung eines Praxisteams gehören. Ferner sollten die Länder verpflichtet werden, Investitionen in Präventionsmaßnahmen vorzunehmen. Die nationalen Zahnärztekammern und –verbände sollten verstärkt bei der Entscheidungsfindung und Planung der Arbeitskräfte auf Länderebene eingebunden werden. Eine angemessene Vergütung müsse in allen europäischen Ländern Vorrang bekommen, zeigte sich der CED überzeugt. Dies würde helfen, die Bindungsraten an den Beruf zu verbessern und Diskrepanzen bei der Verteilung auszugleichen.

Darüber hinaus könnten sich 157 Berufsgattungen potenziell zu Engpassberufen entwickeln, wie Bürokaufleute, Berufe im Verkauf oder auch Berufe in der Lagerwirtschaft. Von den arbeitslos gemeldeten Fachkräften, Experten oder Spezialisten suchten sich zudem nur 26 Prozent eine Beschäftigung in einem Engpassberuf.

So liest sich die Statistik

Die Bundesagentur für Arbeit bewertet einmal jährlich die Fachkräftesituation am Arbeitsmarkt. Für die Analyse werden rund 1.200 Berufsfelder einbezogen und auf Basis von insgesamt 14 Indikatoren bewertet:

  • Engpassindikatoren: Vakanzzeit (Median), Arbeitsuchenden-Stellen-Relation, berufsspezifische Arbeitslosenquote, Veränderung des Anteils sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung von Ausländern, Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit, Entwicklung der mittleren Entgelte.

  • Risikoindikatoren: Veränderung des Anteils älterer Beschäftigter (60 Jahre und älter), Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen an allen gemeldeten Ausbildungsstellen, Absolventen-Beschäftigten-Relation, Substituierbarkeitspotenzial (IAB)

  • Ergänzungsindikatoren: berufliche Mobilität, Arbeitsstellenbestandsquote, Teilzeitquote, Selbstständigenanteil

Die Entscheidung, ob berufsfachliche Engpässe vorliegen, wird auf Grundlage der sechs Engpassindikatoren getroffen. Anhand dieser statistischen Indikatoren wird dabei ein Punktewert für die Berufe ermittelt, soweit belastbare Daten vorliegen. Ist der Punktwert größer gleich 2,0 handelt es sich um einen Engpassberuf. Die Risikoindikatoren tragen dazu bei, Risiken absehbarer Besetzungsschwierigkeiten in naher Zukunft zu erkennen und einzuschätzen. Die vier Ergänzungsindikatoren liefern zusätzliche Informationen. So ist eine hohe Arbeitslosenquote bei gleichzeitiger hoher beruflicher Mobilität anders zu interpretieren, als wenn die Mobilität des Berufs sehr eingeschränkt ist, wie bei reglementierten Berufen.

Bundesagentur für Arbeit,
Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung,Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Fachkräfteengpassanalyse 2022, Nürnberg, Mai 2023

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