Sondersitzung des Gesundheitsausschusses zur UPD

„Ein Scherbenhaufen!"

pr
Patientenverbände verweigern die Zusammenarbeit, Mitarbeiter sind frustriert, Politiker empört: Der Ärger um den geplanten Umbau der UPD kochte gestern auch im Gesundheitsausschuss hoch. Was ist da los?

Gestern befasste sich der Bundestags-Gesundheitsausschuss in einer Sondersitzung mit der geplanten Neuausrichtung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) zu einer Stiftung. Das Ergebnis ist offen. Statt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nahm die BMG-Staatssekretärin Sabine Dittmar an der nicht-öffentlichen Sitzung teil. Vor der Sitzung hatte Dittmar in einem Schreiben die Positionen des Ministeriums verteidigt. Grundlage der einigenden Gespräche mit dem GKV-Spitzenverband sei es gewesen, die gesetzlich normierten Vorgaben (laut § 65b Absatz 1 Satz 4 SGB V) sicherzustellen. Danach soll es Aufgabe der künftigen UPD-Stiftung, eine unabhängige, qualitätsgesicherte und kostenfreie Beratung von Patientinnen und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen umzusetzen. Das Ministerium arbeite intensiv daran, dass die neue Stiftung ihre Arbeit zum 1. Januar 2024 aufnehmen könne, heißt es in dem Sachstandsbericht.

Zwar werde der Schwerpunkt der Beratungstätigkeit – wie bisher auch – auf den gesetzlich Versicherten liegen, da diese auch den größten Anteil in der Bevölkerung ausmachen. Dennoch seien zusätzliche Fragestellungen wie etwa Pflege nicht ausgeschlossen. Zudem könnten auch Privatversicherte die Beratung in Anspruch nehmen. Das BMG geht davon aus, dass der GKV-Spitzenverband dem BMG und dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung in Kürze einen Entwurf einer Stiftungssatzung vorlegen wird.

Fliegen die Mitarbeiter zum Jahresende raus?

Am letzten Dienstag wurde bekannt, dass sämtlichen Beschäftigten der UPD zum Jahresende gekündigt wurde. In seinem Bericht betont das BMG nun, dass die Kündigungen der UPD-Angestelltenausschließlich einen formalen Anlass hätten, da die Aufgabe der bisherigen UPD zum Ende des Jahres beendet sei. Es sei dem BMG aber wichtig, dass die Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, ihre Tätigkeit in der neuen Stiftung fortzuführen. Ein Betriebsübergang sei jedoch vom Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen, so dass gegenüber den Beschäftigten der derzeitigen UPD keine verbindlichen Arbeitsplatzzusagen gemacht werden könnten. Dies sei der Belegschaft in persönlichen Gesprächen frühzeitig mitgeteilt worden.

Nach Auskunft von teilnehmenden Abgeordneten bleiben nach der Sondersitzung vor allem zwei Fragen offen: Lässt sich der Zeitplan halten, wonach die Beratungstätigkeit der bisherigen GmbH bereits Anfang Januar nahtlos in eine Stiftung übergehen soll? Und wie unabhängig kann diese Stiftung sein, wenn sie – wie vom BMG gewollt – allein von der gesetzlichen Krankenkassenversicherung (GKV) finanziert und inhaltlich dominiert wird? Problematisch sei auch, dass die maßgeblichen Patientenverbände ihre Mitarbeit an der Stiftung verweigerten, da sie durch die Zugeständnisse des BMG an den GKV-Spitzenverband die Unabhängigkeit der UPD in Gefahr sehen.

„Die Bundesregierung spielt ein schäbiges Spiel mit der Unabhängigen Patientenberatung“, empörte sich der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Tino Sorge. Mit den Kündigungen sei die Funktionsfähigkeit der UPD ab dem kommenden Jahr nicht mehr gewährleistet. Noch im Frühjahr hatte Minister Lauterbach jedoch zugesichert, die Mitarbeiter, wenn irgend möglich, in der neu zu errichtenden Stiftung weiterbeschäftigen zu wollen. Dieses Versprechen sei offenbar nichts wert gewesen, kritisierte er.

Hubert Hüppe (CDU), Berichterstatter für das Thema im Gesundheitsausschuss des Bundestags, bekräftigte: „Der Minister lässt sehenden Auges zu, dass die Unabhängigkeit der Patientenberatung an den GKV-Spitzenverband verkauft wird. Die Patientenorganisationen drohen zurecht mit ihrem Ausstieg, der Neustart am 1. Januar 2024 ist nicht mehr zu halten, und die Beschäftigten der UPD und vor allem die ratsuchenden Patienten werden in diesem Dilemma alleingelassen.“ Erneut appellierte er an die Abgeordneten der Ampel, dem Vorschlag der Unionsfraktion zu folgen und für eine wirkliche Unabhängigkeit die Steuerfinanzierung der UPD zu beschließen.

Eine UPD am Rockzipfel der Krankenkassen

Mit Nachdruck meldete sich auch Ramona Popp, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) zu Wort: „Es ist gut, dass der Gesundheitsausschuss die Brisanz erkannt und eine Sondersitzung einberufen hat. Dies ist die letzte Chance, eine wirklich unabhängige Patientenberatung zu schaffen,“ erklärte sie. Eine Trennung von GKV-SV und UPD sei notwendig, so Popp weiter: „Denn eine UPD am Rockzipfel der Krankenkassen ist für die Patient:innen nichts wert. Sollte eine unabhängige und staatsferne Tätigkeit nicht zweifelsfrei möglich sein, wird sich der vzbv vollständig aus der Mitwirkung an der UPD-Stiftung zurückziehen. Denn ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende.“

Marcel Weigand, Mitarbeiter der UPD, twitterte gestern: „@Karl_Lauterbach versprach im Januar eine noch unabhängigere #UPD. Das Gegenteil ist eingetreten. Auf ein suboptimales Gesetz folgte ein absurder Deal mit dem @GKV_SV. Ein Scherbenhaufen. Heute lässt sich der Minister im Gesundheitsausschuss vertreten.“

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