Bundesgerichtshof

Einheiten in einem Ärztehaus dürfen nicht zu Privatwohnungen umgebaut werden

ck/pm
Praxis
Einheiten in einem Ärztehaus dürfen nicht einfach so zu Privatwohnungen umgebaut werden. Es sei denn, der Eigentümer weist nach, dass eine gewerbliche Vermietung nicht möglich ist. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) heute entschieden.

Der Sachverhalt

Die Parteien sind Mitglieder einer Teileigentümergemeinschaft. Nach der Teilungserklärung von 1989/1990 dient das aus sieben Einheiten bestehende Gebäude "zur beruflichen und gewerblichen Nutzung", wobei die Räumlichkeiten "ausdrücklich beruflich oder gewerblich, insbesondere auch als Apotheke oder Arztpraxis genutzt werden" dürfen.

In sechs Einheiten waren zunächst Arztpraxen untergebracht, die siebte diente als Apotheke. Verklagt wurde der Eigentümer einer der ursprünglichen Arztpraxen von den anderen Mitgliedern der Teileigentümergemeinschaft.

2013 wurde in unmittelbarer Nähe zur Anlage ein großes Ärztehaus gebaut. Die Mieter des verklagten Eigentümers kündigten das Mietverhältnis. Aktuell werden nur noch drei Einheiten als Arztpraxen genutzt. Die Apotheke wurde zu einem Teil an ein Büro für Tierschutzhilfe vermietet und steht ansonsten leer. In einer der ehemaligen Arztpraxen befindet sich eine Schülernachhilfe. Der Beklagte teilte seine Einheit auf, baute sie um und vermietete beide Teile als Wohnraum.

Bisheriger Prozessverlauf

Nachdem das Amtsgericht Dachau die Klage abgewiesen hatte, gab das Landgericht München der Berufung der Kläger statt und verurteilte den Eigentümer dazu, die Nutzung seiner Einheit zu Wohnzwecken zu unterlassen. Mit der Revision, die der Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, wollte dieser nun erreichen, dass die Klage abgewiesen wird.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof wies heute die Revision zurück, hält aber die Entscheidung des Landgerichts nur im Ergebnis für richtig.

Im Ausgangspunkt steht den Klägern den obersten Richtern zufolge ein Unterlassungsanspruch zu, weil die betreffende Einheit des Beklagten nicht als Privatwohnung, sondern nur für berufliche und gewerbliche Zwecke genutzt werden darf. Zwar kann eine dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung zulässig sein, wenn sie nicht mehr stört als die vorgesehene. Das ist aber bei der Nutzung zu Wohnzwecken nicht anzunehmen, wenn sich die Einheit - wie hier - in einem ausschließlich beruflichen und gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude befindet.

In einem solchen Gebäude ist die Wohnnutzung laut BGH schon deshalb störender als die vorgesehene, weil sie mit typischen Wohnimmissionen wie Küchengerüchen, Freizeit- und Kinderlärm oder Musik sowie einem anderen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums (etwa im Flur herumstehenden Gegenständen) einhergeht und zu anderen Zeiten - nämlich ganztägig und auch am Wochenende - erfolgt. Die Teileigentümer haben ein berechtigtes Interesse daran, dass der professionelle Charakter einer derartigen Anlage erhalten bleibt, um Konflikte, die durch nicht angelegte gemischte Nutzung hervorgerufen werden können, von vornherein zu vermeiden.

Der Beklagte könne jedoch die Änderung der Gemeinschaftsordnung dahingehend verlangen, dass seine Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken genutzt werden darf, wenn - wie er es vorträgt - eine dauerhafte gewerbliche Vermietung angesichts von Lage und Ausstattung des Gebäudes nicht ernsthaft zu erwarten ist. Dann würde der Beklagte an einer wirtschaftlichen Verwertung der Einheit gehindert.

Maßgebliche Vorschriften § 10 WEG Allgemeine Grundsätze § 15 WEG Gebrauchsregelung

Maßgebliche Vorschriften

§ 10 WEG Allgemeine Grundsätze

§ 15 WEG Gebrauchsregelung

Sofern der Eigentümer auf seine Forderungen besteht, müsse daher - wie vom Beklagten beantragt - ein Sachverständigengutachten eingeholt werden.

Vor dem Hintergrund, dass in der Nachbarschaft ein modernes Ärztehaus entstanden ist, drei der ehemaligen Arztpraxen leer stehen, die Apotheke nicht mehr als solche genutzt wird und das Amtsgericht nach Zeugenvernehmung mehrerer Makler zu der Überzeugung gekommen ist, dass eine Vermietung als Praxis oder für ähnliche Zwecke trotz längerer intensiver Bemühungen des Beklagten unabhängig von dem geforderten Mietzins nicht möglich gewesen sei, weil es keine Interessenten gegeben habe, lässt sich ohne sachverständige Begutachtung nicht ausschließen, dass schwerwiegende Gründe für den Wunsch des Beklagten sprechen.

Darüber hinaus müsste geklärt werden, welche konkreten Nachteile den Klägern erwachsen, wenn die Einheit zu Wohnzwecken genutzt wird. Dabei könnten unter anderem die baulichen Gegebenheiten von Bedeutung sein. Gegebenenfalls müsste auch in den Blick genommen werden, dass sich ein dauerhafter Leerstand für die gesamte Anlage - und damit auch für die Kläger - als nachteilig erweisen kann.

Gleichwohl hat das Berufungsgericht der Klage im Ergebnis stattgegeben. Selbst wenn nämlich ein Anpassungsanspruch bestehen sollte, müsste der Beklagte diesen zunächst per Klage durchsetzen. Berechtigte Anpassungsbegehren müssen laut BGH erst in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden, damit klar und eindeutig ist, welche Vereinbarungen für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten.

BundesgerichtshofAz.: V ZR 307/16Urteil vom 23. März 2018

AG DachauAz.: 5 C 18/15 WEGUrteil vom 28. April 2016 –

LG München IAz.: 1 S 9709/16 WEGUrteil vom 14. Dezember 2016

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