Ersatzkassen warnen vor Explosion der Zusatzbeiträge
Das Jahr 2020 sei für alle Krankenkassen coronabedingt ein hartes Jahr gewesen, erklärte der ehrenamtliche Vorsitzende des Verbandes, Uwe Klemens, gestern auf einer Online-Pressekonferenz. Nur durch einen einmaligen Steuerzuschuss des Bundes von fünf Milliarden Euro, den Abbau von Rücklagen in Höhe von acht Milliarden Euro und eine moderate Erhöhung der kassenindividuellen Zusatzbeitragssätze von 0,2 bis 0,5 Prozentpunkte GKV-weit sei es gelungen, die Finanzierungslücke von 16 Milliarden Euro Ende des Jahres zu schließen.
Zusatzbeitragssätze könnten sich sonst 2022 verdoppeln
Der Finanzdruck auf die gesetzliche Krankenversicherung setze sich im Jahr 2021 fort, prognostizierte Klemens. Die Vermögen der Kassen würden im Laufe des Jahres weitestgehend aufgebraucht sein. Wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen würden, bestehe das Risiko, dass sich die Zusatzbeitragssätze für 2022 nahezu verdoppeln. Klemens sprach von rund 2,5 Prozentpunkten. Nach der Bundestagswahl müsse die Politik die Beitragssätze dringend stabilisieren, forderte er.
Akzeptanz von digitalen Anwendungen im Gesundheitswesen steigt
Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen verwies in der Pressekonferenz auf die gestiegene Akzeptanz von digitalen Anwendungen im Gesundheitswesen hin. Allein die Videosprechstunden, bislang ein Nischenprodukt in der Versorgung, seien im zweiten Quartal 2020 auf über eine Million nach oben geschossen – gegenüber 500 im zweiten Quartal 2019 ein deutlicher Anstieg. Auch die zahlreichen digitalen Präventionsangebote der Ersatzkassen hätten einen Boom erfahren, erklärte Elsner. Einen hohen Zuspruch erwartet Elsner von der elektronischen Patientenakte (ePA). Sie bringe sowohl für Leistungserbringer wie Versicherte mehr Transparenz, Vernetzung und eine bessere Versorgungsqualität.
Mit dem geplanten schrittweisen Ausbau der Funktionen steige auch deren Nutzen, zeigte sich Elsner überzeugt. Sie verwies darauf, dass Impfpass, Mutterpass, das Untersuchungsheft für Kinder und das zahnärztliches Bonusheft spätestens zu Beginn 2022 in die ePA integriert werden sollen. Und ab spätestens 2023 können Versicherte dann beispielsweise auch Daten aus der ePA zu Forschungszwecken bereitstellen.
In den neuen Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) sieht Elsner ein sinnvolles Potenzial, um die medizinische Versorgung zu ergänzen. Die vdek-Vorsitzende forderte den Gesetzgeber auf, eine Nachjustierung bei der Preisbildung der neuen Apps auf Rezept vorzunehmen, denn die meisten Apps unterliegen im ersten Jahr der freien Preisbildung durch die Hersteller. Momentan seien zehn DiGAs zugelassen und 24 Zulassungsanträge beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bearbeitung zur Aufnahme in das dortige DiGA-Verzeichnis.