Eßer: Erhalt der Versorgung ist oberstes Ziel
Aufgrund der Corona-Pandemie muss die VV der KZBV bereits zum zweiten Mal in digitaler Form durchführt werden. Ursprünglich als Präsenzveranstaltung in München geplant, zwangen die rapide steigenden Infektionszahlen die Verantwortlichen kurzfristig zu einer mehrtägigen Videokonferenz. Ein Format, das beim KZBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Eßer keine Freude auslöste, wie er in seiner Rede einleitend unumwunden zugab.
Er machte zum Auftakt deutlich, dass auch die Zahnarztpraxen aufgrund des dramatischen Infektionsgeschehens erneut vor besondere Herausforderungen stünden. „Wir werden aber alles dafür tun, dass unsere Praxen möglichst unbeschadet auch durch diese zweite Welle der Pandemie kommen. Wir müssen mit aller Kraft Strukturen erhalten und Zukunft gestalten“, fasste er das aktuelle, übergeordnete Ziel zusammen.
Man habe im Frühjahr und Sommer eindrucksvoll bewiesen, dass sich die Menschen hierzulande auf die Zahnärztinnen und Zahnärzten sowie das vertragszahnärztliche Versorgungssystem verlassen könnten. „Wir haben dafür keinen Beifall bekommen, aber wir haben das getan, was unsere Aufgabe ist.“
Ziel bleibt ein echter Schutzschirm für die Zahnärzteschaft
Mit Blick auf einen möglichen erneuten Einbruch des Leistungsgeschehens forderte Eßer die Politik zum wiederholten Male auf, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um der Zahnärzteschaft die Bewältigung der Krise zu erleichtern. Ziel bleibe es, die Versorgung aller Patientinnen und Patienten bei maximalem Infektionsschutz aufrechtzuerhalten.
Daher werde die KZBV auch weiterhin alles daransetzen, doch noch einen echten Schutzschirm für die Zahnärztinnen und Zahnärzte in der Gesetzgebung zu verankern. „Der mit der COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung eingeführte Pauschalansatz eines Liquiditätskredits in 2020 reicht zur Sicherung dieser Strukturen nicht aus“, unterstrich Eßer erneut.
Zentralen und eilbedürftigen Handlungsbedarf sehe man aktuell bei der Schaffung einer Regelung für eine verzerrungsfreie Fortschreibung der Gesamtvergütung für die Jahre 2021 und 2022, erklärte der KZBV-Vorstandsvorsitzende. Eine krisenbedingte Verzerrung des Versorgungsgeschehens dürfe nicht Grundlage für eine Fortschreibung sein.
„Wenn die Politik auch nach der Krise auf eine funktionierende flächendeckende und wohnortnahe Versorgung bauen will, dann darf sie diese jetzt nicht aufs Spiel setzen“, warnte Eßer. Dass Deutschland bislang vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen sei, liege nicht zuletzt an der Stärke des freiberuflichen und selbstverwalteten Gesundheitssystems.
Zwei Gutachten belegen negativen Einfluss von iMVZ
Dieses funktionierende Gesundheitssystem werde aber zunehmend durch Vergewerblichung und Kommerzialisierung, wie sie von Investoren-betriebenen Zahnmedizinischen Versorgungszentren (iMVZ) vorangetrieben wird, gefährdet. Zwei zur VV vorgelegte wissenschaftliche Gutachten, die von der KZBV beauftragt worden waren, bestätigten den negativen Einfluss der iMVZ auf das Versorgungsgeschehen.
KZBV bietet Gutachten zum Download an
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Mit den Gutachten liege nun endlich eine belastbare Analyse vor, betonte Eßer. Das IGES-Gutachten bestätige, dass iMVZ kaum einen Beitrag zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung leisteten und sich gerade nicht in strukturschwachen und ländlichen Regionen niederließen.
Auch der oft gehörte Hinweis, dass iMVZ flexible Arbeitszeitmodelle insbesondere für jüngere Zahnärztinnen und Zahnärzte böten, werde durch das IGES-Gutachten als „Scheinargument“ entkräftet.
In Bezug auf iMVZ sei sogar festgestellt worden, dass der Anteil von Teilzeitbeschäftigten unter den angestellten Zahnärzten um mehr als zehn Prozentpunkte unter dem Wert in den Einzelpraxen liegt. „Im Klartext: Um jungen Zahnärzten ein attraktives, flexibles Berufsangebot zu machen, brauchen wir die MVZ nicht“, betonte der KZBV-Vorstandsvorsitzende.
Aufsuchende Betreuung und Prävention bei Kindern nicht rentabel genug für die Investoren
Darüber hinaus liefere das Gutachten Hinweise, dass iMVZ sich nicht nennenswert an der Versorgung vulnerabler Patientengruppen, wie älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen, aber auch Kindern, beteiligen. Aufsuchende Betreuung und Prävention bei Kindern seien offensichtlich nicht rentabel genug für die Investorenbranche, kritisierte Eßer und fügte hinzu: „Da sage noch einer, es werde dort kein Leistungspicking betrieben.“
Aus den Gutachten ergebe sich notwendigerweise die Einführung eines MVZ-Registers, das in Anlehnung an die Zahnarztregister bei den KZVen und der KZBV geführt werden sollte. Nur wenn gesicherte und umfassende Informationen über Inhaber- und Kettenstrukturen der iMVZ vorliegen, könne der Sicherstellungsauftrag ausreichend wahrgenommen und Risiken für die Versorgung vermieden werden, fasste Eßer zusammen.