Ethikrat lehnt Immunitätsausweis ab
Frei verkäufliche Tests zum Nachweis einer Immunität gegen SARS-CoV-2 sollten zudem aufgrund ihrer zweifelhaften Verlässlichkeit und des daraus folgenden Gefährdungspotenzials strenger reguliert werden, empfiehlt der Deutsche Ethikrat in seiner Stellungnahme vom 22. September.
Rat lehnt Einführung von Corona-Ausweisen derzeit einstimmig ab
Der Ethikrat lehnt die Einführung von Immunitätsausweisen gegenwärtig jedoch einstimmig ab: "Der aktuelle naturwissenschaftlich-medizinische Sachstand spricht nach Auffassung aller Ratsmitglieder dagegen, zum jetzigen Zeitpunkt die Einführung einer Immunitätsbescheinigung zu empfehlen", heißt es in der Stellungnahme wörtlich.
Noch sei nicht abschließend geklärt, ob beziehungsweise in welchem Umfang nach einer überstandenen Infektion mit SARS-CoV-2 eine Immunität ausgebildet wird, denn aussagekräftige Studien existierten dazu bislang nicht. Annahmen über eine Immunität gegenüber SARS-CoV-2 seien derzeit grundsätzlich mit Unsicherheit verbunden.
Gegenwärtig ist die Aussagekraft von Antikörpertests eingeschränkt
So sei die Aussagekraft von Antikörpertests in mehrerlei Hinsicht eingeschränkt. Zum einen komme es darauf an, ob von einem Test diejenigen Antikörper erfasst werden, die tatsächlich auch eine Schutzwirkung gegen SARS-CoV-2 haben. Zum anderen variiere die technische Zuverlässigkeit, mit der ein Test bei Vorliegen bestimmter Antikörper – und auch nur dann – anschlägt.
Deshalb müssten vorab öffentliche Stellen eingerichtet werden, die die Nachweisverfahren einer Immunität Hersteller-unabhängig kontrollieren. Gegenwärtig befinde sich eine Vielzahl frei zugänglicher Antikörpertests auf dem Markt, die sich in ihrer Funktionsweise und Qualität sehr stark unterscheiden und oftmals eine sehr hohe Unsicherheit aufweisen.
Wie es für die Zukunft aussieht, ist der Rat uneins
Für den Fall, dass Immunität künftig hinreichend verlässlich nachweisbar werden sollte, gibt es im Rat demnach unterschiedliche Auffassungen dazu, ob und – wenn ja – unter welchen Bedingungen die Einführung von Immunitätsbescheinigungen zu empfehlen wäre.
Wie der Rat mitteilt, komme die Hälfte seiner Mitglieder kommt auf Basis risikoethischer Abwägungen zu dem Ergebnis, dass bei günstiger Entwicklung der naturwissenschaftlich-medizinischen Voraussetzungen mindestens eine stufenweise, anlassbezogen wie bereichsspezifisch ansetzende Einführung einer Immunitätsbescheinigung unter bestimmten Bedingungen sinnvoll wäre. Teilweise werde auch ein weiterreichender Einsatz für verantwortbar erachtet.
Gemeinsame Empfehlungen des Deutschen Ethikrats
Gemeinsame Empfehlungen des Deutschen Ethikrats
Auszug aus der
Stellungnahme desDeutscher Ethikrats vom 22. September 2020
Für die andere Hälfte führten praktische, ethische und rechtliche Gründe zu einer Ablehnung des Einsatzes von staatlich kontrollierten Immunitätsbescheinigungen selbst dann, wenn Unsicherheiten mit Blick auf den Sachstand in Zukunft nicht länger bestünden.
Pro und Kontra Corona-Ausweis Chancen Risiken
Pro und Kontra Corona-Ausweis
Chancen
Risiken
Auszug aus der Stellungnahme des Deutschen Ethikrats vom 22 September 2020
Ungeachtet dieser unterschiedlichen Positionierungen spricht sich der Ethikrat in weiteren gemeinsamen Empfehlungen dafür aus, die Bevölkerung umfassend über einen gemeinwohlorientierten Infektionsschutz aufzuklären und über die Aussagekraft von Antikörpertests zu informieren. Darüber hinaus empfiehlt er eine zielgerichtete und koordinierte Erforschung der infektiologischen und immunologischen Eigenschaften des neuartigen Coronavirus.
Hintergrund
Hintergrund
Den vollständigen Wortlaut der Stellungnahme sowie die einzelnenen Empfehlungen finden Sie hier .