FDP-Gesetzesentwurf zur Impfpriorisierung - Anhörung im Gesundheitsausschuss

Experten fordern Gesetz

pr/pm
Die FDP will bei der Priorisierung eine parlamentarische Legitimation. Juristen und Ethiker nahmen auf einer Anhörung Stellung zu einem entsprechenden FDP-Gesetzesentwurf. Sie halten die jetzige BMG-Verordnung zur Coronaschutzimpfung für verfassungsmäßig unzureichend.

Hintergrund: Die FDP hatte bereits im letzten Jahr kritisiert, dass eine Entscheidung wie die Impfpriorisierung nicht durch eine Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) festgelegt werden dürfe - auch wenn das Infektionsschutzgesetz eine solche Verordnungsermächtigung vorgesehen habe.

Ein eigenes im Parlament beschlossenes Gesetz sei notwendig

Die Partei hatte argumentiert, dass dazu ein eigenes Gesetz notwendig sei, das im Parlament beschlossen werden müsse. Ähnlich hatten auch die Grünen und die Linken argumentiert. Die FDP hatte dazu im Dezember einen Gesetzesvorschlag unterbreitet, der jetzt im Gesundheitsausschuss diskutiert wurde.

Die Sachverständigen sprachen sich in der Anhörung für eine gesetzliche Grundlage des Bundestages für die Prioritätensetzung beim Corona-Impfprogramm aus. Die Stellungnahmen lagen in schriftlicher Form vor.

Die Verordnung des BMG - verfassungsrechtlich unzureichend?

Die Verordnung des BMG sei verfassungsrechtlich unzureichend. So argumentierte etwa der Rechtswissenschaftler Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg. Er sieht bei der Frage der Priorisierung das Parlament in der Pflicht. Vor dem Ausschuss erklärte er, die Verfahrensgerechtigkeit sei besonders wichtig, wenn Unsicherheit über das künftige Geschehen bestehe oder grundrechtlich relevante Verteilungsentscheidungen gefällt werden müssten, für die es keine allgemein anerkannten Kriterien gebe.

Es gehe um eine Zuteilung von Lebenschancen

Bei der Reihenfolge der Schutzimpfungen gehe es um eine Zuteilung von Lebenschancen. Der Gesetzgeber müsse die wesentlichen Entscheidungen darüber, wer mit welcher Priorität Anspruch auf die Schutzimpfungen habe, selbst treffen.

Ähnlich argumentierte die Juristin Andrea Kießling von der Ruhr Universität Bochum. Sie wies darauf hin, dass es derzeit keine Vorschrift gebe, die das BMG zur Festlegung der Impfreihenfolge ermächtige. Eine solche Vorschrift sollte im Infektionsschutzgesetz (IfSG) verankert werden, empfahl sie.

Eine eindeutige Rechtsgrundlage fehlt

Der Juristin Anna Leisner-Egensperger von der Universität Jena fehlt ebenfalls eine eindeutige Rechtsgrundlage. Einen ausdrücklichen Hinweis auf die Notwendigkeit einer Priorisierung bei der Verteilung eines knappen Impfstoffs enthalte der entsprechende Paragraf 20i Abs. 3 SGB V nicht. Dieser Paragraf könne nicht als Rechtsgrundlage einer Priorisierungsentscheidung angesehen werden. Die Vorschrift gebe auch nicht an, welchem Zweck eine Priorisierung dienen und welches Ausmaß sie haben solle, wo also Grenzen lägen.

Auch der Theologe und Ethiker Peter Dabrock von der Universität Erlangen-Nürnberg und ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats sah in der jetzigen Rechtslage ein Problem. Wenn in einer akuten Herausforderung wie der Impfpriorisierung der Bundestag diesen Bereich nicht regele, sei dies demokratietheoretisch und konkret-ethisch als schweres Versäumnis anzusehen, argumentierte Dabrock.

Gesetzentwurf der FDP Antrag der Linken

Gesetzentwurf der FDP

Antrag der Linken

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.