Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Experten halten Ampel-Pläne für unzureichend

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Fachverbände und Experten halten die Ampel-Pläne zu einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes für unzureichend. Sie haben große Bedenken, dass damit die Pandemie bei steigenden Infektionszahlen wirkungsvoll eingedämmt werden kann.

Etliche Fachverbände und Einzelsachverständige sehen den Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes sowie die angekündigte Aufhebung der epidemischen Notlage von nationaler Tragweite am 25. November kritisch. Das ergab die gestrige Anhörung im Hauptausschuss des Bundestages zu den Plänen der möglichen Ampelkoalition.

Die Experten äußerten zum Teil erhebliche Bedenken, ob mit der neuen Rechtsgrundlage die Pandemie bei stark steigenden Infektionszahlen auch bundesweit effektiv eingedämmt werden kann.

Starke Bedenken kamen etwa von Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD). Ohne die Feststellung der epidemischen Notlage seien die Auswirkungen der Pandemie nicht zu beherrschen, da in der geplanten Neufassung des Paragrafen 28a Absatz 7 keine wirksamen Vorkehrungen zur Erreichung von Kontaktbeschränkungen mehr aufgeführt seien. Somit stünde dem bisher ungebremsten Verlauf der Pandemie in diesem Winter kein wirksames Instrumentarium mehr entgegen, warnte der Verband.

3G im Büro funktioniert, in Bussen nicht

Die Einzelsachverständige Viola Priesemann, Physikerin und Modelliererin vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen, gab zu bedenken, dass nur 2G oder 3G im öffentlichen Bereich nicht ausreichen werden, um die Fallzahlen zu reduzieren. Nachhaltig seien Impfungen und Boostern. Der Einzelsachverständige Christian Drosten, Virologe an der Charité Berlin, schraubte die Erwartungen an die geplanten 3G-Regel in öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Die Testung als Voraussetzung für den Zugang verhindere keine Infektion von Ungeimpften. Am Arbeitsplatz etwa könne die 3G-Regel jedoch noch etwas ausrichten, zum Beispiel mit Tests, die alle zwei Tage durchgeführt werden könnten. Das Problem seien hier aber logistische Anforderungen.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) führte an, dass die Impfquote und die Präventionsmaßnahmen nicht ausreichen würden, um die massive Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. Die Lage in den Krankenhäusern sei vielerorts angespannt und werde sich weiter zuspitzen. B

esorgt wegen einer drohenden Überlastung der Intensivstationen zeigte sich die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Das gelte auch für die Notaufnahmen und Rettungsdiensten, deren Kapazitätsgrenze in einigen Regionen fast erreicht sei. Die Intensivmediziner forderten ferner Kontaktbeschränkungen, insbesondere bei Veranstaltungen, sowie eine Testpflicht in Kliniken und Pflegeheimen für Mitarbeiter und Besucher, auch wenn sie geimpft oder genesen sind.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) sprach von einem falschen Signal. Zum jetzigen Zeitpunkt sei die Entscheidung, den Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, auch anlässlich der geplanten Aufhebung der epidemischen Notlage unverständlich, zumal die Folgeregelungen eine geringere Eingriffstiefe hätten. Der Deutsche Landkreistag hält es für zwingend notwendig, dass der Bund den Ländern die Möglichkeit gebe, jene Schutzvorkehrungen anzuordnen, die für eine wirksame Eindämmung des Virus erforderlich seien.

In ihrem Gesetzesentwurf planen SPD, Grüne und FDP, einen bundesweit einheitlichen Katalog von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung einzuführen. Er soll unabhängig von der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite bis 19. März 2022 angewendet werden – abhängig davon, wie das regionale Infektionsgeschehen in den Regionen ausgeprägt ist. Ein genereller Lockdown, flächendeckende Schulschließungen oder Ausgangssperren sind nicht mehr vorgehsehen. Arbeitgeber in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen können Beschäftigtendaten zum Impf- und Serostatus der Beschäftigten in Bezug auf Covid-19 im genannten Zeitraum verarbeiten, um die Verbreitung des Virus zu verhindern. Auch Test- und Genesenenzertifikate sollen künftig unter strafrechtlichen Schutz gestellt werden. 

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