Familie UND finanzielle Sicherheit haben Priorität
Bereits zum dritten Mal hat die apoBank Ärzteschaft, Zahnärzteschaft, Apothekerschaft sowie Studierende der Heilberufe befragt. Die Auswertung zeigt auf, wie sich der private und berufliche Alltag von Heilberufsangehörigen im Zeitablauf verändert haben und was das für ihre beruflichen Ziele bedeutet.
Auffallend ist vor allem, dass die finanzielle Sicherheit stark an Bedeutung zugenommen hat und den Heilberuflerinnen und Heilberuflern inzwischen fast genauso wichtig ist wie das Familienleben. Der Ruf nach weniger Bürokratie bleibt ganz oben auf der Wunschliste, die Befragten spüren hier kaum Verbesserungen. So gehört der bürokratische Aufwand weiterhin zu den größten Herausforderungen im Gesundheitswesen und wird nur noch vom Fachkräftemangel übertroffen.
Die Pandemie hat laut der Befragten vor allem das Privatleben stark beeinträchtigt. Auch der Wusch nach mehr fachlichem Austausch und Fortbildung sowie eine höhere Akzeptanz der Digitalisierung sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Einschränkungen durch die Corona-Krise zurückzuführen. Gelitten hat auch die allgemeine Zufriedenheit der Heilberufler mit der beruflichen Situation, besonders negativ haben sich jedoch die Pandemie-Maßnahmen auf die Stimmung der Studierenden niedergeschlagen.
Die Pandemie hat dem Privatleben stark zugesetzt
Für apoBank-Chef Matthias Schellenberg gibt der Stimmungswandel unter den Studierenden Anlass zu Besorgnis, da auch die Befragung seiner Bank bestätigt, dass Fachkräftemangel als größte Herausforderung im Gesundheitswesen angesehen wird. „Doch um qualitative und flächendeckende Gesundheitsversorgung zu sichern, brauchen wir motivierte, engagierte und gut qualifizierte Köpfe, die gerne als ÄrztInnen, ZahnärztInnen oder ApothekerInnen tätig sind.”
Materielle Werte nehmen deutlich an Bedeutung zu
Den höchsten Stellenwert hat nach wie vor das Familienleben, das geben 92 Prozent der Befragten an. Doch in den vergangenen Jahren zunehmend wichtiger wurde die finanzielle Sicherheit: Sie wurde bei der ersten Befragung 2016 von 85 Prozent als wichtig erachtet, 2022 von 91 Prozent. Entsprechend haben materielle Aspekte wie hohes Einkommen und Lebensstandard (von 58 Prozent auf 65 Prozent), Eigentum (von 56 Prozent auf 64 Prozent) oder Vermögensbildung (von 55 Prozent auf 64 Prozent) ebenfalls stark an Relevanz gewonnen.
Vermutlich ist für die steigende Bedeutung der finanziellen Sicherheit nicht nur die Corona-Krise verantwortlich, denn diesen Zusammenhang sehen nur 14 Prozent. Bei der Frage nach Auswirkungen der Pandemie zeigt sich, dass vor allem das Privatleben gelitten hat: Die Befragten sehen sich im Reisen (80 Prozent), in ihrer Freizeit (60 Prozent), in gesunder Lebensweise und Fitness (37 Prozent) sowie im Familienleben (31 Prozent) und ihrem gesellschaftlichen Engagement (28 Prozent) beeinträchtigt. Negative Folgen auf ihre berufliche Karriere nennen lediglich 9 Prozent.
Mit 63 Prozent ist die Relevanz des nachhaltigen Lebensstils und Umweltschutzes in der aktuellen Umfrage nahezu gleichgeblieben (2019 waren es 65 Prozent). Im Berufsgruppenvergleich fallen hier die Werte bei den Apothekerinnen und Apothekern mit 69 Prozent am höchsten aus. Im Geschlechtervergleich hat das Thema für Frauen (69 Prozent) mehr Gewicht als für Männer (57 Prozent).
Gut jeder fünfte Angestellte plant eine Niederlassung
Nach den Vorhaben für die nächsten drei Jahre gefragt, nennen 22 Prozent der angestellten Heilberuflerinnen und Heilberufler die Niederlassung beziehungsweise Selbstständigkeit, insgesamt planen 32 Prozent einen Karrieresprung, für ein Drittel steht aber auch Kindererziehung auf der Agenda. Die Pläne der im Schnitt älteren Niedergelassenen haben demzufolge einen anderen Fokus: Für 29 Prozent steht die Vorbereitung auf den Ruhestand an und in der Regel die Abgabe der eigenen Praxis oder Apotheke. 27 Prozent wollen sich aber auch ehrenamtlich engagieren.
Frauen treiben ihre Karrieren voran
Der Geschlechtervergleich zeigt unterschiedliche Schwerpunkte für die anstehenden Pläne. Allerdings ist die Mehrheit der befragten Frauen angestellt und die der Männer niedergelassen, entsprechend anders sieht die Karriereplanung aus: Während jede vierte Heilberuflerin einen Karrieresprung vorhat, sind es bei ihren männlichen Kollegen nur 15 Prozent. Dabei strebt ein Drittel (33 Prozent) der Frauen vor allem eine Anstellung außerhalb des Klinikbetriebs an, 13 Prozent planen eine Niederlassung.
Weniger Bürokratie steht ganz oben auf der Wunschliste
Der Wunsch nach weniger Dokumentation und Verwaltungsarbeit bleibt weiterhin ganz oben auf der Liste, vor allem für selbstständige Heilberuflerinnen und Heilberufler (91 Prozent), gefolgt von weniger staatlicher Regulierung und mehr Unabhängigkeit für die beruflichen Entscheidungen. Zwei Drittel der Befragten wünschen sich auch mehr Zeit für die Patienten – besonders Allgemeinärztinnen und Allgemeinärzten (74 Prozent) ist das ein wichtiges Anliegen.
Ruf nach mehr fachlichem Austausch und Fortbildung
Pandemiebedingt hat vor allem der Wunsch nach mehr Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (von 44 Prozent auf 56 Prozent) sowie nach mehr Fort- und Weiterbildung (von 46 Prozent auf 48 Prozent) zugenommen. Gerade bei Selbstständigen ist offenbar der Bedarf an Weiterbildung deutlich gestiegen (von 29 Prozent auf 48 Prozent). Ein Blick auf die verschiedenen Heilberufsgruppen zeigt, dass am häufigsten die Apothekerinnen und Apotheker (62 Prozent) hier ein Defizit verspüren.
Digitalisierung findet immer mehr Akzeptanz
Allmählich werden digitales Datenmanagement und innovative Gesundheitsleistungen für immer mehr Heilberuflerinnen und Heilberufler notwendig, im Vergleich zu 2019 ist der Anteil der Befragten, die sich mehr davon wünschen, jeweils um 9 beziehungsweise 8 Prozentpunkte gestiegen. Allerdings gibt es einen großen Unterschied, ob sie als Angestellte oder Selbstständige arbeiten. Für die Niedergelassenen scheint die Digitalisierung der Praxis weiterhin ein ambivalentes Thema zu sein, hier wünschen sich 38 Prozent weniger digitales Datenmanagement und 29 Prozent hätten gern mehr davon.
Für Studierende steht der Patient im Mittelpunkt
Auf die Frage nach Wünschen für die berufliche Zukunft nennen die meisten Studierenden (75 Prozent) genug Zeit für die Patientenschaft. Dabei steht Weiterbildung direkt an zweiter Stelle, freie und flexible Arbeitszeitgestaltung folgt direkt danach. Fachlicher Austausch ist für knapp die Hälfte ein wichtiger Wunsch, erst danach kommt ein hohes Einkommen.
Doch zunächst müssen sie ein anspruchsvolles Studium bewältigen, und das scheint in den letzten Jahren zunehmend frustrierender zu sein: Denn die Zufriedenheitswerte mit der Ausbildungssituation sind seit 2016 von 71 Prozent auf 44 Prozent drastisch zurückgegangen, 22 Prozent der Studierenden sind ausdrücklich unzufrieden. Zuletzt war es vor allem die Pandemie, die das Studieren erheblich erschwert hat, das haben 62 Prozent der Studierenden angegeben.
Fachkräftemangel ist Herausforderung Nummer eins
Die Unzufriedenheit unter den Studierenden ist auch deshalb beunruhigend, weil das Gesundheitswesen sehr stark mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen hat und viele motivierte und gut ausgebildete Köpfe benötigt. 67 Prozent der Befragten zählen das zu den größten Herausforderungen im Gesundheitssystem. Bürokratie (56 Prozent) und Finanzierung (34 Prozent) sind die weiteren wunden Punkte.
Zufriedenheit sinkt weiter
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, gilt es nicht nur für den Nachwuchs zu sorgen, sondern auch den bereits Berufstätigen gute Arbeitsbedingungen zu sichern. Dass hier Handlungsbedarf herrscht, signalisiert die seit 2016 kontinuierlich sinkende Zufriedenheit mit der beruflichen Situation: Der Anteil der Zufriedenen ist in dieser Zeitspanne um elf Prozentpunkte auf 51 Prozent gefallen, und so richtig zufrieden sind nur noch 7 Prozent. Allerdings blieb der Anteil derjenigen, die ausdrücklich unzufrieden sind, seit drei Jahren mit 15 Prozent unverändert, lediglich die Gruppe der Unentschiedenen nimmt stetig zu.
Heilberuf bleibt empfehlenswert
Die fallenden Zufriedenheitswerte führen allerdings nicht zu einer sinkenden Empfehlungsbereitschaft der Befragten. Im Gegenteil, der Anteil an Ärztinnen und Ärzte, die ihren Beruf weiterempfehlen würden, ist im Vergleich zu 2019 gestiegen. Auch Zahnärztinnen und Zahnärzte blicken wieder optimistischer in die Zukunft, denn 60 Prozent würden diesen Beruf weiterempfehlen – das sind 19 Prozentpunkte mehr als noch vor drei Jahren.