Medscape-Umfrage

Fehlverhalten im Job ist Alltag für Ärzte

LL
GesellschaftPraxis
Erlebtes oder beobachtetes Fehlverhalten gehört für viele Mediziner offenbar zum Berufsalltag. Bemerkenswert ist: Wer sich selbst danebenbenimmt, nimmt das oft nicht wahr.

Ob Beschimpfungen, Mobbing, rassistische oder sexistische Äußerungen oder Verunglimpfungen von Patienten – Fehlverhalten scheint zum Berufsalltag im Gesundheitswesen dazu gehören, wie eine Umfrage des Medizinportals Medscape offenlegt.

Die Online-Befragung von 1.144 Ärztinnen und Ärzten in Deutschland ergab, dass 30 Prozent bereits selbst Erfahrungen mit Fehlverhalten am Arbeitsplatz machen mussten. Weitere 37 Prozent gaben an, Fehlverhalten dort beobachtet zu haben. 24 Prozent bemerkten unangemessenes Verhalten von Ärzten auch außerhalb des Arbeitsplatzes. 21 Prozent registrierten solches zudem in den sozialen Medien, selbst erlebt hatten es dort aber nun fünf Prozent. 

Übergriffe am Arbeitsplatz sind häufiger als woanders

Die Befragten stellten Fehlverhalten wie Übergriffe viel häufiger am Arbeitsplatz fest als in anderen Bereichen des Lebens. So gaben 76 Prozent an, dass sich Ärztinnen und Ärzte über Patienten lustig machen oder diese verunglimpfen. Mit 72 Prozent kam es auch sehr häufig zu Mobbing von Kollegen und Mitarbeitenden.

Weiter gaben 57 Prozent rassistische Ausdrücke und 54 Prozent sexistisches Verhalten als Vorkommnisse an. Auch Alkohol und Drogenkonsum zählten für 44 Prozent zu dem bemerkten Fehlverhalten im Berufsalltag. 32 Prozent führten Lügen und gefälschte Zeugnisse als Inkorrektheiten auf. Und 29 Prozent berichteten von körperlichen Aggressionen gegen Patienten oder Kollegen.

Männer sind offenbar übergriffiger als Frauen

Mit 19 Prozent hatte fast einem Fünftel miterlebt, dass es Versuche gab, Patienten zu daten. Eine echte Straftat hatten 16 Prozent mitbekommen. Insgesamt ging das Fehlverhalten mit 75 Prozent in großer Mehrheit von Männern aus. Nur 21 Prozent gaben an, Frauen bei inkorrektem Verhalten bemerkt zu haben.

Danach hatten insgesamt 48 Prozent der Befragten das Fehlverhalten direkt angesprochen. Männer mit (57 Prozent) taten dies häufiger als Frauen (36 Prozent). Zusammen meldeten 13 Prozent Vorfälle dem Vorgesetzten, aber 36 Prozent blieben gänzlich untätig. Auf die Frage, was bei Fehlverhalten getan werden sollte, gaben die meisten an, sie fänden eine Verwarnung angemessen. Nur 15 Prozent hielten ein Disziplinarverfahren und elf Prozent eine Meldung an die Ärztekammer für notwendig. Eine Kündigung sahen nur vier Prozent als Konsequenz angemessen.

Die hohen Quoten an verschiedenen bemerkten Fehlverhalten steht im Kontrast zur eigenen Wahrnehmung: Die Frage, ob sie sich selbst schon mal daneben benommen hätten – wissentlich oder unbeabsichtigt, beantworteten 20 Prozent mit ja. Zwei Drittel der Befragten gaben dazu an, dass sich die Mediziner besser verhalten sollten als die Allgemeinbevölkerung.

Arroganz ist für die meisten der Grund für die Entgleisung

Für die meisten (60 Prozent) ist Arroganz der Grund für die Entgleisung, gefolgt von persönlichen Problemen außerhalb der Arbeit (52 Prozent) und Stress durch den Beruf (51 Prozent). Pandemie-bedingter Stress gaben allerdings gerade einmal 21 Prozent als Erklärung für unangebrachtes Verhalten an.

In den Kommentaren unten den Fragen wurde beispielsweise aufgezählt, dass es impfkritische Äußerungen und Teilnahmen auf Querdenker-Demos, gezieltes Mobbing von Ärztinnen seitens männlicher Kollegen und unkollegiales sowie narzisstisches Verhalten gab. Die Angaben dort umfassten auch Bloßstellen und Anschreien von Kollegen und das Lästern über Patienten, die zum Beispiel übergewichtig oder gepierct sind.

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