Notfälle in der Zahnarztpraxis

Fremdkörper-Aspiration beim Zahnarzt

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ZahnmedizinPraxis
Was tun, wenn der Verdacht besteht, dass ein Fremdkörper während einer zahnärztlichen Behandlung aspiriert wurde? Hier sind die wichtigsten Maßnahmen zusammengefasst.

Eine Aspiration von kleinen Fremdkörpern während einer zahnärztlichen Behandlung ist zwar selten, aber potenziell lebensbedrohlich. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete kürzlich von einem 56-jährigen Patienten, der während einer Implantatbehandlung einen zwei Zentimeter langen Schraubendreher aspirierte [Eis et al., 2021]. Bis auf ein Druckgefühl im Larynxbereich sei der Patient symptomfrei gewesen. Im Röntgenthorax konnte der Fremdkörper im rechten Unterlappenbronchus lokalisiert und schließlich mittels Bronchoskopie entfernt werden.

prothetische Behandlungen bergen das gröẞte Aspirationsrisiko 

Bei einer Fremdkörperaspiration gelangt ein Gegenstand in den Tracheobronchialbaum, wobei meist der rechte Hauptbronchus betroffen ist [Araujo et al., 2021]. Davon abzugrenzen ist das versehentliche Verschlucken eines Fremdkörpers mit Weiterleitung in den Verdauungstrakt (Ingestion). Obgleich Fremdkörperaspirationen bei Zahnarztbehandlungen sehr selten sind, stellen sie "angesichts der Häufigkeit von Zahnbehandlungen […] die zweithäufigste Ursache für Fremdkörperaspirationen, nach Aspirationsereignissen bei Kindern, dar" [Eis et al., 2021].

Eine aktuelle Übersichtsarbeit bestätigt nur wenige dokumentierte Fälle von Fremdkörperaspirationen bei zahnärztlichen Behandlungen, wohingegen über das Auftreten von Ingestionen wesentlich häufiger berichtet wird [Araujo et al., 2021]. Am häufigsten scheinen Aspirationen demnach bei prothetischen Behandlungen aufzutreten, wobei vorwiegend Zahnkronen aspiriert werden, da diese aufgrund ihrer glatten, eher runden Form den Fingern leichter entgleiten. Seltener traten Aspirationsereignisse im Rahmen von Implantationen auf, noch seltener wurden Zähne oder endodontische Instrumente aspiriert.

In der Übersichtsarbeit werden mehrere Umstände beschrieben, die das Risiko einer Fremdkörperaspiration bei einer zahnärztlichen Behandlung erhöhen [Araujo et al., 2021]. Unter anderem scheinen die Größe der Mundhöhle, eine Makroglossie und ein kurzer Gaumen eine Rolle zu spielen, ebenso wie neurokognitive Behinderungen oder verminderte (Schluck-)Reflexe bei älteren Patienten. Die Lagerung des Patienten auf dem Rücken kann insbesondere bei Behandlungen an den Oberkieferzähnen die Gefahr einer Aspiration erhöhen, da Instrumente beim Entgleiten aus der Hand direkt in den Oropharynx gelangen könnten.

Die Symtome sind nicht immer eindeutig

Nicht immer sind die Symptome einer Fremdkörperaspiration eindeutig oder heftig, manchmal bleiben sie gänzlich aus [Araujo et al., 2021]. Gelangt während einer Behandlung ein kleines Instrument oder eine Krone versehentlich in den Oropharynx und wird aspiriert, gehört ein starker Hustenreiz zu den klassischen Symptomen. Auch Dyspnoe, verminderte Atemgeräusche, ein inspiratorischer oder expiratorischer Stridor, Würgen oder ein Fremdkörpergefühl im Hals können auftreten [Araujo et al., 2021; Schwenzer und Ehrenfeld, 2008]. Ein inspiratorischer Stridor kann ein Indiz für eine Verlegung des Larynx oder des Pharynx, ein expiratorischer Stridor für die Verlegung der unteren Atemwege sein [Schwenzer und Ehrenfeld, 2008]. Ist nicht eindeutig festzustellen, ob es sich um eine Aspiration oder eine Ingestion handelt, sollte dies unbedingt ärztlich abgeklärt werden, denn die Komplikationen einer nicht behandelten Aspiration können schwerwiegend sein.

Die Sofortmaßnahmen bei einer Fremdkörperaspiration richten sich nach der Situation und den Symptomen den Patienten. Ist der Fremdkörper noch sichtbar, sollte zunächst versucht werden, diesen zu entfernen, zum Beispiel mit einer Magilll-Zange [Enke et al., 2019]. Ist der Gegenstand nicht mehr sichtbar, können dorsale Schläge zwischen die Schulterblätter (bis zu fünf) und das Heimlich-Manöver versucht werden [Enke et al., 2019]. Bei einer Nicht-Entfernung, aber stabilem Zustand des Patienten sollte umgehend eine Klinikeinweisung erfolgen. Verschlechtert sich der Zustand des Patienten, sollten die Atemwege möglichst freigehalten und ein Notarzt gerufen werden. Das Freihalten kann durch ein Überstrecken des Kopfes erfolgen (Esmarch-Handgriff) [Schwenzer und Ehrenfeld, 2008]. Dabei müssen die Vitalparameter weiterhin überwacht werden. In einer Klinik wird, um den Fremdkörper zu lokalisieren, zunächst eine Bildgebung durchgeführt, meist in Form einer Röntgenthoraxaufnahme, die Entfernung erfolgt dann häufig durch eine Bronchoskopie [Araujo et al., 2021].

Auch wenn Fremdkörperaspirationen selten sind, sollten Zahnärztinnen und Zahnärzte präventive Maßnahmen ergreifen, um das Risiko zu minimieren. Hierzu zählen unter anderem die Verwendung eines Kofferdams oder - wenn möglich - die Befestigung der Kronen an Zahnseide während der Anprobe.

Quellen:

Quellen:

1. Eis D, Gautschi F, Thiel S: Aspiration of an instrument during dental treatment.Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 377. Dhttps://www.aerzteblatt.de/archiv/219272/Aspiration-eines-Instrumentes-waehrend-Zahnbehandlung?rt=1249c371112e28f7eb6d80104c66d619 - external-link-new-window

2. Araujo SCS et al.: Aspiration of dental items: Case report with literature review and proposed management algorithm. J Stomatol Oral Maxillofac Surg. 2021 Oct 21:S2468-7855(21)00234-2.https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2468785521002342 - external-link-new-windowEpub ahead of print. PMID: 34687948.

3. Schwenzer N und Ehrenfeld M: Chirurgische Grundlagen. 4. Auflage 2008, Thieme Verlag.

4. Enke K et al.: Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin (NotSan). 6. Auflage 2019, Verlag Stumpf & Kossendey.

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