Massive Kritik der Vertragszahnärzte am GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

"Frontalangriff auf die Patientenversorgung!"

pr
Mit harscher Kritik reagiert die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) auf den neuen Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz. Es drohe ein Rückfall in die Zeit strikter Budgetierung für die Zahnärzte.

Der Entwurf des neuen GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes sehe für die kommenden zwei Jahre Regelungen vor, die faktisch einer drastischen Vergütungskürzung für die Zahnärzteschaft und einem Rückfall in die Zeit strikter Budgetierung gleichkämen, kritisiert die KZBV. Damit gingen langfristige, erhebliche Folgen für die zahnärztliche Patientenversorgung einher.

„Das ist ein Frontalangriff auf die zahnärztliche Versorgung”, sagte der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer und forderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf, die strikte Budgetierung wieder zu streichen.

"ein Schlag ins Gesicht der Zahnärzte und Praxisteams"

Bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche hatte Lauterbach nach Angaben der KZBV noch angekündigt, dass es angesichts der Inflation keinen Spielraum dafür gebe, die Honorare und Einkünfte der Ärzteschaft zu reduzieren. Jetzt lege er einen Entwurf vor, der für die Zahnärzteschaft das genaue Gegenteil vorsehe. Eßer: „Dies ist ein Schlag ins Gesicht der Zahnärztinnen und Zahnärzte, aber auch der Praxisteams.”

Die vergangenen Jahre haben laut KZBV gezeigt, dass von der vertragszahnärztlichen Versorgung keine Gefahr für die Stabilität der GKV-Finanzen ausgeht, obwohl der Gesetzgeber mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) bereits ab dem Jahr 2012 die strikte Budgetierung aufgehoben hatte. Vielmehr ist der Anteil der zahnärztlichen Ausgaben an den GKV-Gesamtausgaben kontinuierlich von knapp neun Prozent im Jahr 2000 auf mittlerweile 6,25 Prozent gesunken. Eßer: „Das zeigt, dass von unserem Versorgungsbereich kein Finanzrisiko ausgeht. Jetzt sollen wir überproportionale Lasten zur Sanierung der GKV-Finanzen stemmen. Das ist nicht nachvollziehbar. Gerade mit Blick auf unseren Versorgungsbereich besteht kein Grund, in die alten Muster der Kostendämpfungspolitik zurückzufallen.”

Regelung könnte Niederlassungswilligkeit negativ beeinflussen

Der Rückfall in die Zeit der strikten Budgetierung würde die gerade erst in die Versorgung gebrachte neue Paradontaltherapie direkt wieder ausbremsen, mahnte Eßer. Das würde zu Lasten der Mundgesundheit der Bevölkerung gehen und käme Leistungskürzungen gleich, die der Minister immer wieder vehement ausschließe, erklärt er. Das werde auch die Versorgungsstrukturen schwer treffen, so Eßer weiter: „Unter solchen Bedingungen werden junge Kolleginnen und Kollegen auf eine eigene Niederlassung verzichten. Der finanziellen Planungssicherheit wird damit vollständig der Boden entzogen. Ältere Kolleginnen und Kollegen verlieren jede Motivation, länger in der Versorgung zu bleiben.”

Bereits unter erheblichen wirtschaftlichen Einbußen in der Corona-Pandemie hätten die Praxen hochmotiviert die Patientenversorgung aufrechterhalten. Mit großem Engagement hätten die zahnärztlichen Teams in Schwerpunktpraxen Infizierte vorbildlich versorgt. Eßer dazu: „Wir haben in der Pandemie geliefert. Auch im Herbst und Winter sollen wir wieder einspringen, etwa bei dem neu eingeführten Impfen in Zahnarztpraxen. Auf der einen Seite unsere Unterstützung in Anspruch nehmen wollen, auf der anderen Seite im zahnärztlichen Leistungsbereich budgetieren und unverhältnismäßig kürzen. Herr Minister, das ist unangemessen. Das werden wir nicht hinnehmen.“

Gemeinsam mit der Wissenschaft wurde in den vergangenen Jahren die Parodontitistherapie präventionsorientiert ausgerichtet und der Leistungskatalog für GKV-Versicherte auf den aktuellen Stand der Wissenschaft gehoben. Parodontitis ist der Hauptgrund für den Verlust von Zähnen bei Erwachsenen und steht zum Beispiel im Zusammenhang mit Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes.

Diese Regelungen für Vertragszahnärzte sind im Referentenentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) vorgesehen:

  • Die Veränderungen der Gesamtvergütungen der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz soll sich in 2023 höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte und in 2024 höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte Grundlohnsummen-Veränderungsrate verändern dürfen. Dies soll nicht für die IP- und Früherkennungsleistungen gelten.

  • Vorgesehen ist auch, dass die am 31. Dezember 2022 geltenden Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz sich 2023 höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte und 2024 höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte Grundlohnsummen-Veränderungsrate verändern dürfen. Dies soll ebenfalls nicht für die IP- und Früherkennungsleistungen gelten.

  • Die Regelung würde eine strikte Bindung an die - um 0,75 Prozent beziehungsweise 1,5 Prozent abgesenkte - Grundlohnsummen-Rate im Sinne der mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) beseitigten strikten "Beachtung" der Grundlohnsumme bewirken. Mithin soll die Grundlohnsumme nicht nur faktisch abgesenkt werden, sondern es soll auch die Flexibilisierung komplett beseitigt werden. Daneben sieht der Entwurf die Begrenzung der Punktwerterhöhungen vor.

  • Das Einsparvolumen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird in dem Entwurf für den zahnärztlichen Bereich mit rund 120 Millionen Euro in 2023 und rund 340 Millionen Euro in 2024 beziffert.

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