Fünf Prozent aller bösartigen Tumore betreffen die Mundhöhle
Für die Erkennung von Mundhöhlenkrebs spielen die zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen eine entscheidende Rolle: „Der Konsum von Tabak ist ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung eines Mundhöhlenkarzinoms“, erläutert Dr. Romy Ermler, Vorstandsvorsitzende der Initiative proDente und Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). „Jede Veränderung der Mundschleimhaut, wie weiße oder rote Flecken, die länger als zwei Wochen andauert, sollte bei der Zahnärztin oder beim Zahnarzt abgeklärt werden – auch wenn sie nicht schmerzt“. Denn gerade symptomlose Veränderungen seien gefährlich, da Patienten sie oft übersehen. Verdächtig seien auch raue, verdickte, verhärtete und eingezogene Stellen oder offene Geschwüre.
Raucher haben ein vier- bis sechsfach erhöhtes Parodontitisrisiko
„Ebenso ist bei Menschen, die rauchen, das Risiko für die Entstehung einer Parodontitis deutlich erhöht“, betont Ermler. Das Nervengift Nikotin verenge die Blutgefäße des Zahnfleischs. Das Gewebe sei nicht mehr so gut durchblutet und die Abwehr des Körpers gegen mögliche Entzündungen herabgesetzt. Zahnfleischbluten bleibe bei Raucherinnen und Rauchern aus. Betroffene würden die Entzündung daher meist erst spät bemerken.
So haben Raucherinnen und Raucher ein vier- bis sechsfach erhöhtes Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln, betont proDente. Auch verschlechtere Rauchen den Erfolg der Behandlung einer Parodontitis.
Rauchen wieder neu im Trend
Von einem Rückgang des Tabakkonsums in Deutschland kann derzeit aber keine Rede sein: Laut der „Deutschen Befragung zum Rauchverhalten“ (DEBRA) ist der Anteil der TabakraucherInnen nach der Corona-Pandemie wieder auf fast 35 Prozent angestiegen, vor allem in den jüngeren Altersgruppen.
Für viele Experten ist das keine Überraschung: Seit Jahren liegt Deutschland bei der Tabakkontrolle, den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Rauchens, weit hinten, aktuell belgen wir in Europa Platz 34 von 37. Zum Vergleich: In Großbritannien rauchten im Jahr 2021 nur noch 13 Prozent der Bevölkerung. Aktuell verschenkt die britische Regierung kostenlose E-Zigaretten an eine Million RaucherInnen, um sie zum Verzicht auf Tabakrauch zu ermutigen. „Diese Maßnahme ist weltweit einmalig, zeigt aber die positive Bewertung der E-Zigarette in anderen Ländern“, sagt Prof. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie am Städtischen Klinikum Karlsruhe und Referent der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG).
Welche Rolle hat die E-Zigarette?
Die DGG empfiehlt eine Rauchentwöhnung – auch durch E-Zigaretten, falls ein kompletter Rauchstopp mit anderen Verfahren nicht erfolgreich war. Die wissenschaftliche Evidenz zeige, so die DGG, dass E-Zigaretten sich besser zur Rauchentwöhnung eignen als Medikamente oder Verhaltenstherapie und die Schadstoffexposition minimieren (siehe Cochrane-Review aus dem Jahr 2022 sowie eine Meta-Analyse von fünf randomisiert-kontrollierten Studien, die soeben im American Journal of Medicine erschienen ist). Damit sei die E-Zigarette nicht nur aus Sicht des Vereinigten Königreichs, sondern auch für die DGG ein wirksames Instrument zur „harm reduction“.
Gegenstimmen zur E-Zigarette führen an, dass diese für Jugendliche eine Einstiegsdroge zum Tabakrauchen darstellen könnte. „Die aktuellen DEBRA-Daten widerlegen die sogenannte Gateway-Theorie“, betont Storck, der die anhaltend kontroverse Debatte über E-Zigaretten in Deutschland angesichts der vorliegenden Evidenz nicht nachvollziehen kann. Die DGG will sich daher bei der Neufassung der S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit“ einbringen, die derzeit zur Rauchentwöhnung an erster Stelle noch Medikamente oder eine alleinige Verhaltenstherapie empfiehlt.
Trotz der Empfehlung für E-Zigaretten bleibe der komplette Rauchstopp das Ziel, stellt Storck klar. „Auf dem Weg dorthin sollte man Tabakrauchende aber möglichst breit unterstützen – auch mit der Option E-Zigarette.“
Rauchstopp: Angebote zum Aufhören
Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) empfehlen den Rauchausstieg und informieren zum Weltnichtrauchertag 2023 Aufhörwillige zu Unterstützungsangeboten:
Online-Ausstiegsprogramm:
Infos und Tipps mit Forum, Chat, täglicher E-Mail und rauchfrei-Lotsinnen und -Lotsen unter: www.rauchfrei-info.deTelefonische Beratung zur Rauchentwöhnung:
unter kostenloser Rufnummer 0 800 8 31 31 31 montags bis donnerstags von 10 bis 22 Uhr und freitags bis sonntags von 10 bis 18 UhrInformationsbroschüren:
„Ja, ich werde rauchfrei“ oder „Rauchfrei in der Schwangerschaft und nach der Geburt“. Die Broschüren können kostenfrei bestellt oder direkt heruntergeladen werden unter: shop.bzga.deSTART-Paket:
mit der Broschüre „Ja, ich werde rauchfrei“, einem „Kalender für die ersten 100 Tage“, einem Stressball und anderen hilfreichen Materialien. Kostenlose Bestellung per E-Mail: bestellung@bzga.deBestellung der kostenlosen BZgA-Materialien unter:
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 50819 Köln
Online-Bestellsystem: shop.bzga.de
Fax: 0221/8992257
E-Mail: bestellung@bzga.deBundesinitiative „Rauchfrei leben – Deine Chance“:
www.nutzedeinechance.de
Tabakverzicht schafft weltweit mehr Ackerfläche
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) macht in diesem Jahr am Weltnichtrauchertag unter dem Motto „Wer kann schon Tabak in Nahrung verwandeln?“ auf die Folgen des weltweiten Tabakkonsums aufmerksam. In den Anbauländern werden laut WHO große Flächen für die Produktion von Tabak genutzt statt für den Anbau von Nutzpflanzen. Das heißt: Durch Tabakverzicht würden weltweit mehr Ackerfläche für Nahrungsmittel zur Verfügung.