Gerichte lehnen vorzeitige Corona-Impfungen bei Zahnärzten ab
Die Begründung in beiden Fällen: Die für das Personal in medizinischen Einrichtungen vorgesehene Priorisierung sei nicht zu beanstanden.
Erster Fall: Hamburg
Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte in einem ersten Fall den Eilantrag einer niedergelassenen Zahnärztin abgelehnt, die aufgrund ihrer zahnärztlichen Behandlungstätigkeit eine vorrangige Schutzimpfung gegen SARS-CoV-2 gefordert hatte (Az.: 21 E 411/21, vom 22. Februar 2021).
Die Begründung: Derzeit seien in Hamburg ausschließlich Personengruppen mit höchster Priorität zu Impfung aufgerufen. Die Antragstellerin gehöre als niedergelassene Zahnärztin nicht zu diesem Personenkreis. Sie sei weder in einer stationären Einrichtung zur Behandlung, Betreuung oder Pflege älterer oder pflegebedürftiger Menschen noch in einem Bereich medizinischer Einrichtungen mit einem sehr hohen Expositionsrisiko in Bezug auf SARS-CoV-2 tätig. Die Entscheidung entspreche der Einschätzung der Ständigen Impfkommission (STIKO), der der Verordnungsgeber gefolgt sei.
Der Antragstellerin stehe auch kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf eine sofortige Impfung zu. Aufgrund der bekannten Knappheit der Impfstoffe sei eine Priorisierung erforderlich, die nach der im Verfahren des Eilrechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden sei. Gegen die Entscheidung kann die Zahnärztin Beschwerde beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.
STIKO-Chef: Infektionsrisiko für Priorisierung nicht entscheidend
STIKO-Chef: Infektionsrisiko für Priorisierung nicht entscheidend
Zweiter Fall: Lüneburg
In einem zweiten Fall hatte das Verwaltungsgericht Lüneburg einen gegen das Land Niedersachsen gerichteten Eilantrag eines Lüneburger Zahnarztes abgelehnt, ihn und seine Mitarbeiterinnen in die Gruppe mit der höchsten Priorität bei dem Anspruch auf Schutzimpfung gegen SARS-CoV-2 einzuordnen (Az.: 6 B 6/21, vom 18. Februar 2021). Zur Begründung Zahnarzt brachte unter anderem vor, entgegen der Einschätzung der STIKO sei das Personal in Zahnarztpraxen einem „besonders“ hohen Expositionsrisiko ausgesetzt, da es unmittelbaren Kontakt zum Mund-Rachenbereich der Patienten habe und Aerosol-generierende Tätigkeiten durchführe.
Das Gericht ist der Begründung nicht gefolgt. Die für das Personal in medizinischen Einrichtungen vorgesehene Priorisierung sei nicht zu beanstanden. Danach werde beispielsweise in Notaufnahmen, bei der medizinischen Betreuung von Covid-19-Patienten, im Rettungsdienst und bei Beschäftigten aus Bereichen, in denen aerosolgenerierende Tätigkeiten an Covid-19-durchgeführt werden (etwa In- und Extubation) von einem besonders hohen Expositionsrisiko ausgegangen.
Zwar bestehe auch bei der Tätigkeit Zahnarztes ein hohes Expositionsrisiko. Im Vergleich dazu seien Aerosol-generierende Tätigkeiten an kranken Covid-19-Patienten, wie etwa der Intubation, einem weitaus höheren Infektionsrisiko ausgesetzt. Bei den überwiegenden zahnärztlichen Behandlungen und Tätigkeiten sei ein in dieser Form außerordentlich erhöhter Aerosolausstoß hingegen nicht gegeben.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Dem Zahnarzt steht binnen zwei Wochen die Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zu.
Verwaltungsgericht HamburgAz.: 21 E 411/21Urteil vom 22. Februar 2021
Verwaltungsgericht LüneburgAz.: 6 B 6/21Urteil vom 18. Februar 2021