Gesundes-Herz-Gesetz: „Patientenversorgung per Verordnung aus dem BMG?“?
Gegen Patientenversorgung per Verordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) wehrt sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in ihrer Stellungnahme zum Gesundes-Herz-Gesetz (GHG). Der Gesetzesentwurf ist heute Gegenstand einer Verbändefachanhörung im BMG.
Das gesetzlich verankerte Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot werde ausgehebelt, kritisiert die KBV. Es sei die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), über geeignete Therapien, Untersuchungsmethoden und Medikamente für die Bevölkerung zu entscheiden, gibt sie zu bedenken. Sie lehnt auch ab, dass Ärztinnen und Ärzte breiten Bevölkerungsschichten Statine als Cholesterin- beziehungsweise Lipidsenker unkritisch anbieten sollen, vor allem auch schon Kindern. Das seien zwar sehr wirksame Medikamente, aber mit teils erheblichem Nebenwirkungspotenzial. "Prävention ist grundsätzlich ein richtiger Ansatz, das Gesetz verlässt jedoch hier das Spielfeld der evidenzbasierten Medizin“, rügt die KBV.
Eine Verbesserung der Vorbeugung, Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie beispielsweise durch zusätzliche regelmäßige Check-ups sei zwar wünschenswert, argumentiert die KBV weiter. Allerdings fehle die konsequente Umsetzung des Präventionsgedankens, um Risikofaktoren, wie Rauchen, Bluthochdruck, Adipositas oder Bewegungsarmut, durch eine veränderte Lebensführung, Sport oder eine andere Ernährung zu begegnen.
Kassen sind gegen eine Umwidmung der GKV-Beitragsgelder
Auch die die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen, die gemeinsam die Zentrale Prüfstelle Prävention betreiben, üben massive Kritik am geplanten GHG. Sie monieren, dass Beitragsgelder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die heute dazu verwendet werden, Krankheiten zu vermeiden und die Gesundheit zu stärken, für Arzneimittel und Check-ups umgewidmet werden sollen. Statt evidenzbasierte Präventionskurse sollen damit unter anderem Statine für Kinder verschrieben und finanziert werden, ohne dass ihr wissenschaftlicher Nutzen klar nachgewiesen sei, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Aus Sicht der Kassen werde damit der von der Politik unterstützte Grundsatz „Mehr Prävention statt immer mehr Kuration“ ins Gegenteil verkehrt.
Die Kassen verweisen auf die Aktivitäten im Bereich der Prävention und den Ausbau der Zentralen Prüfstelle Prävention mit ihrem breiten Kursangebot: Aktuell stünden 110.000 durch die Prüfstelle qualitätsgeprüfte Kurse zur Auswahl, 3.000 davon als Online-Kurse. Bei den Versicherten stießen die Angebote auf breite Resonanz: 2023 hatten die Krankenkassen eigenen Angaben zufolge fast 1,5 Millionen Kursteilnahmen registriert. Die Strukturen könnten in ihrer Existenz gefährdet werden, warnen sie. Die Folge wäre, dass ein Großteil der Angebote wegfallen würde, darunter bundesweit fast 59.000 Bewegungskurse, über 45.000 Kurse zur Stressreduktion und etwa 5.000 Kurse für die nach der Corona-Zeit besonders im Fokus stehende Zielgruppe „Kinder und Jugendliche”.
Ähnliche Argumente kommen auch vom PKV-Verband. Die vorgeschlagenen Maßnahmen im Gesetz zielten ausschließlich auf die Früherkennung von Krankheitsrisiken und den ärztlich-medizinischen Versorgungsbereich. Verhaltens- und verhältnispräventive Ansätze, welche Veränderungen beim Lebensstil sowie bei den Arbeits-, Umwelt- und Lebensbedingungen bewirken, gerieten in den Hintergrund, so der Verband.
Eine Festlegung neuer Vorsorgeuntersuchungen und Screenings durch das BMG mittels Rechtsverordnungen lehnt der PKV-Verband demnach ausdrücklich ab. Der Prüfauftrag sollte den zuständigen Institutionen erteilt werden, die dann unabhängig und unter Prüfung der verfügbaren medizinisch-wissenschaftlichen Evidenz eine entsprechende Empfehlung erarbeiten sollen.