Gesundheitliche Probleme nach COVID-Impfung sind kein Arbeitsunfall
Die 1992 geborene Klägerin ist als Sozialarbeiterin in einer Behörde beschäftigt und hat im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit regelmäßig persönliche Kontakte. Sie ließ sich am Ende März 2021 mit dem COVID-Impfstoff von AstraZeneca impfen. Nach ihren Angaben verspürte sie etwa eine Woche nach der Impfung starke Kopfschmerzen und wurde kurz darauf wegen Gedächtnisverlust, Verwirrtheit und Desorientierung stationär behandelt. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem der Verdacht auf eine Enzephalitis, eine Gehirnentzündung, geäußert. In der Folge wurde bei der Klägerin ein Chronic-Fatigue-Syndrom diagnostiziert. Die Klägerin ist seitdem krankgeschrieben.
Sie machte gegenüber dem beklagten Unfallversicherungsträger einen Arbeitsunfall geltend. Sie gab an, sie habe von ihrem Arbeitgeber mehrere E-Mails erhalten, in denen den Beschäftigten nahegelegt worden sei, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen. Dementsprechend habe sie die Bescheinigung erhalten, so dass sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur höchsten Prioritätsstufe vorzeitig habe geimpft werden können. In der vom Sozialgericht Konstanz veranlassen Auskunft teilte der Arbeitgeber der Klägerin mit, dass die Mitarbeiter über die neuesten Impfstrategien des Landes Baden-Württemberg informiert worden seien. Jedem Arbeitnehmer sei es aber freigestellt gewesen, sich impfen zu lassen.
Klägerin hätte auch ungeimpft arbeiten dürfen
Das Sozialgericht gelangte in dem Rechtsstreit zu dem Ergebnis, dass ein Arbeitsunfall nicht vorlag. Die Klägerin kam mit der Impfung keiner Rechtspflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis nach, argumentierten die RichterInnen. Die Priorisierung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe diente lediglich der sachgerechten Zuteilung nur eingeschränkt vorhandener Impfmöglichkeiten. Die Hinweise des Arbeitgebers seien auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass dieser als staatliche Stelle nicht nur die eigenen Beschäftigten im Blick hatte, sondern das Ziel verfolgte, die Impfquote in Deutschland insgesamt zu heben.
Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit gehörten grundsätzlich zum persönlichen Lebensbereich, so das Gericht. Ob ein sachlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit anzunehmen ist, wenn eine Schutzimpfung für die berufliche Tätigkeit zwingend erforderlich ist, ließ das Sozialgericht Konstanz für die COVID-Impfung offen. Denn im konkreten Fall hätte die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit auch ohne Impfung ausüben können.
Eine Entscheidung über die Frage, ob eine COVID-Impfung geeignet ist, Langzeitfolgen ähnlich einer Enzephalitis oder einem Chronic-Fatigue-Syndrom zur verursachen, war in dem Rechtsstreit ebenfalls nicht erforderlich. Schließlich kam es auch nicht darauf an, ob ein Impfschaden nach § 60 Infektionsschutzgesetz vorliegt, für den die Regelungen des sozialen Entschädigungsrechts gelten. Dies war nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Klägerin hatte einen entsprechenden Antrag beim Versorgungsamt gestellt, über den noch nicht entschieden war.
Gegen das Urteil ist die Berufung zulässig.
Sozialgericht Konstanz,
Az.: S 1 U 1276/22
Urteil vom 9. Dezember 2022