Gesundheitsversprechen der Influencer sind illegal
Neuer Report: Rund ein Drittel der Instagram-Stories, in denen Nahrungsergänzungsmittel beworben werden, enhalten demzufolge gesundheitsbezogene Aussagen – und in sämtlichen Fällen stuft foodwatch mindestens eines dieser Versprechen als unzulässig ein. So verstoßen die Posts gegen die europäische Health-Claims Verordnung (HCVO), die Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführender Werbung schützen soll.
Unzulässige Werbung ist die Regel, nicht die Ausnahme
Im Rahmen seiner Untersuchung wertete foodwatch über 20 Tage hinweg die Instagram-Stories von 95 Fitness- und Gesundheits-Influencern aus. In 358 Stories wurden Nahrungsergänzungsmittel beworben, insgesamt 152 verschiedene Produkte. 145 Mal verwendeten die Influencer mindestens einen Health Claim pro beworbenem Produkt. In allen Fällen lagen Verstöße gegen die HCVO vor.
„Dabei geht es nicht nur um plumpe Aussagen“, heißt es in dem Report: „Oft reichen Andeutungen, beispielsweise wie „Schlaf und Regeneration”, um falsche Erwartungen zu wecken.“
Selbst medizinische Aussagen wie Heilungsversprechen, beispielsweise hilft bei „chronischer Erschöpfung“ oder dass der Hormonhaushalt ausgeglichen und schlechter Haut entgegengewirkt werden solle, werden dem Report zufolge verbreitet: „Viele Produkte werden dabei als Allheilmittel inszeniert: gegen Müdigkeit, schlechte Haut oder hormonelle Beschwerden.“
„Was sich in sozialen Medien abspielt, ist der Wilde Westen der Gesundheitswerbung. Ohne Kontrolle, ohne Regeln, ohne Rücksicht auf Risiken.“
Dr. Chris Methmann, Geschäftsführer von foodwatch.
„Die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln sind in Goldgräberstimmung“, berichtet Dr. Chris Methmann, Geschäftsführer von foodwatch. „Der wachsende Online-Markt muss endlich wirksam überwacht werden!“ Zwei Unternehmen stechen laut foodwatch besonders hervor: Die „The Quality Group“ aus Schleswig-Holstein (ESN, More Nutrition) und der Berliner Hersteller „Sunday Natural“. Allein ESN wurde in 47 Fällen mit illegalen Aussagen beworben. Die Marken kooperieren mit Dutzenden beliebten Influencerinnen und Influencern, die bei ihren Followerinnen und Followern große Glaubwürdigkeit besitzen. „Dahinter steckt ein Milliardenmarkt, der auch online immer stärker wächst“, teilt foodwatch mit.
Verbraucherschutz im digitalen Blindflug
Drei Beispiele aus dem foodwatch-Report
Klassische Heilungsversprechen: Die Influencerin Corinna Roloff (thecosmococo) berichtet in einem Instagram-Beitrag davon, dass ihre Leberwerte „wieder super sind”. Das habe sie auch dem Leberkomplex des Herstellers Sunday Natural zu verdanken. Die HCVO erlaubt nicht, mit der Heilung einer Krankheit zu werben.
Wissenschaftlich nicht belegte Behauptungen: Dmitrij Kreis (dimakreis) ist überzeugt: „Kollagensupplemente können helfen, [...] deine Haut elastischer, deine Gelenke geschmeidiger und deine Knochen noch stärker zu machen.” Der Influencer bewirbt Nahrungsergänzungsmittel seiner eigenen Marke DK Health. Für Kollagen sind keine Aussagen zu einer gesundheitlichen Wirkung zugelassen.
Allgemeine Gesundheitsversprechen: Albert Häußler alias albert.fitlifestyle suggeriert in einem Instagram-Post, dass bestimmte Nahrungsergänzungsmittel der Marke ESN „Schlaf und Regeneration” fördern würden. Ein solcher unspezifischer Claim ist laut HCVO nur dann zulässig, wenn er mit spezifischen, zugelassenen Claims gekoppelt wird. Das ist häufig nicht der Fall.
foodwatch sieht das Hauptproblem bei der kommunal organisierten Lebensmittelüberwachung in Deutschland: Die Kontrolle des Online-Markts müsse länder- und kommunenübergreifend gebündelt werden, Unternehmen müssten dafür sorgen, dass die Influencer nicht mehr irreführende Werbung für ihre Produkte machen, Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe müssten festgelegt werden, es müsse ein Zulassungsverfahren für Nahrungsergänzungsmittel – wie bei Arzneimitteln – geben sowie eine Positivliste für sonstige Stoffe.