Kritik am Paul-Ehrlich-Institut

Gibt es viel mehr Impfnebenwirkungen als vom PEI erfasst?

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Der Vorstand der BKK ProVita wirft dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) "eine sehr erhebliche Untererfassung von Verdachtsfällen für Impfnebenwirkungen nach Corona " vor. Die Krankenkasse hatte die Daten Millionen Versicherter ausgewertet. Jetzt hat das PEI reagiert.

Das PEI hatte am 7. Februar die Verdachtsfälle für Nebenwirkungen von Covid-Impfstoffen im Jahr 2021 auf 244.576 beziffert.

Reaktionen auf den Brief

  • Wie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mitteilte, sollen die offiziellen Impfquoten in einer Studie mit Daten der Krankenkassen verknüpft werden, um mögliche Nebenwirkungen von Impfstoffen noch besser zu analysieren. Diese Studie solle zeitnah starten. Aktuell sei keine Beurteilung der Daten der BKK möglich, „da das Institut bislang keinen Zugang zu den Originaldaten hat und ihm außerdem keine Informationen zur Auswertungsmethode vorliegen“, wird das PEI vom Deutschen Ärzteblatt zitiert. Die Angaben im Schreiben seien „allgemein und unspezifisch“. Abrechnungsdaten seien nicht mit Nebenwirkungen gleichzusetzen. „Darüber hinaus ist aus dem Schreiben nicht zu entnehmen, ob tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung festgestellt worden ist.“

  • Der Vorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte (Virchowbund), Dr. Dirk Heinrich, hatte gestern erklärt, die BKK ProVita vermische zwei völlig unterschiedliche Bereiche: die ärztliche Diagnose-Codierung mit ICD-Codes und die Meldung an das PEI.

  • Der BKK Dachverband meldete sich ebenfalls zu Wort: Um unnötige Verunsicherungen zu vermeiden, sei es wichtig, dass Aussagen grundsätzlich auf der Basis valider Daten gemacht werden: "Dies gilt nicht nur aber insbesondere bei Themen, die so emotional geladen und sensibel sind, wie die Impfungen gegen das Coronavirus. Daher unterstützt der BKK Dachverband ausdrücklich das Vorhaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), im Rahmen einer Studie die Diagnoseangaben aus den ärztlichen Abrechnungsdaten, die den Krankenkassen vorliegen, auszuwerten und mit den Impfdaten des Digitalen Impfquoten-Monitors zu verbinden", heißt es wörtlich in dem Statment. Ziel müsse sein, einen differenzierten Blick auf Impfreaktionen beziehungsweise Impfnebenwirkungen und ihre Schweregrade zu erhalten und somit die Diskussion zu versachlichen.

Dem PEI liegt der Brief nach eigenen Angaben seit Dienstag vor.

"Die unserem Haus vorliegenden Daten geben uns Grund zu der Annahme, dass es eine sehr erhebliche Untererfassung von Verdachtsfällen für Impfnebenwirkungen nach Corona Impfung gibt", hält BKK-Vorstand Andreas Schöfbeck in einem Brief PEI-Präsident Prof. Dr. Klaus Cichutek vor. Das Schreiben mit dem Titel "„Heftiges Warnsignal bei codierten Impfnebenwirkungen nach Corona Impfung“ liegt unserer Redaktion vor. Beigefügt ist eine Auswertung der BKK-Daten.

Die BKK-Stichprobe umfasste 10.937.716 Versicherte

Datengrundlage für die Analyse sind laut Schöfbeck die Abrechnungsdaten der Ärzte, bisher liegen die Zahlen für das erste Halbjahr 2021 und etwa zur Hälfte für das dritte Quartal 2021 vor. Die Stichprobe erfolgte demnach aus dem anonymisierten Datenbestand der Betriebskrankenkassen und umfasst 10.937.716 Versicherte, die Abfrage beinhaltet die gültigen ICD-Codes für Impfnebenwirkungen.

"Diese Auswertung hat ergeben, obwohl uns noch nicht die kompletten Daten für 2021 vorliegen, dass wir anhand der vorliegenden Zahlen jetzt schon von 216.695 behandelten Fällen von Impfnebenwirkungen nach Corona Impfung aus dieser Stichprobe ausgehen", schreibt Schöfbeck.

Wurden bis zu 3 Millionen Patienten wegen Impfnebenwirkungen behandelt?

"Wenn diese Zahlen auf das Gesamtjahr und auf die Bevölkerung in Deutschland hochgerechnet werden, sind vermutlich 2,5-3 Millionen Menschen in Deutschland wegen Impfnebenwirkungen nach Corona Impfung in ärztlicher Behandlung gewesen", bilanziert der Kassen-Chef. "Das sehen wir als erhebliches Alarmsignal an, das unbedingt beim weiteren Einsatz der Impfstoffe berücksichtigt werden muss."

Hochgerechnet auf die Anzahl der geimpften Menschen in Deutschland bedeute dies, dass circa 4 bis 5 Prozent der geimpften Menschen wegen Impfnebenwirkungen in ärztlicher Behandlung waren.

Es sei daher ein wichtiges Anliegen die Ursachen hierfür kurzfristig auszumachen. Die Kasse mutmaßt, dass eine Meldung an das PEI vielfach unterbleibe, die es dafür keine Vergütung gibt: "Ärzte haben uns berichtet, dass die Meldung eines Impfschadenverdachtsfalls circa eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nimmt. Das bedeutet, dass 3 Millionen Verdachtsfälle auf Impfnebenwirkungen circa 1,5 Millionen Arbeitsstunden von Ärztinnen und Ärzten erfordern. Das wäre nahezu die jährliche Arbeitsleistung von 1000 Ärztinnen und Ärzten. Dies sollte ebenso kurzfristig geklärt werden."

Eine Kopie des Briefs gehe daher auch an die Bundesärztekammer, die Kassenärztliche Bundesvereinigung. und den GKV-Spitzenverband - mit der Bitte entsprechende Datenanalysen bei allen Krankenkassen einzuholen.

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