DAK-Analyse zur Gesetzlichen Krankenversicherung

GKV fehlen 2023 schon 19 Milliarden Euro

pr
Der Finanzbedarf der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist nach Angaben der DAK-Gesundheit höher als bisher vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) angenommen. Die Finanzlücke liegt der Kasse zufolge 2023 bei 19 Milliarden Euro und steigt bis 2025 auf über 30 Milliarden Euro an.

Die DAK Gesundheit ging heute – im Vorfeld der morgigen Verbändeanhörung zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) – mit einem Gutachten an die Presse, mit dem die Kasse das IGES-Institut beauftragt hatte.

Der Gesetzesentwurf reicht bei Weitem nicht aus

Das Fazit: Der Gesetzesentwurf reicht bei Weitem nicht aus, um die GKV-Finanzen zu stabilisieren. Die Finanzlücke liegt demnach 2023 bei 19 Milliarden Euro und steigt bis 2025 auf über 30 Milliarden Euro. Im Fall eines wirtschaftlichen Einbruchs infolge eines Gasembargos durch Russland würde der Finanzbedarf im kommenden Jahr sogar rund 24 Milliarden Euro betragen.

Der Gesetzentwurf sollte aus Sicht von DAK-Chef Dr. Andreas Storm dringend überarbeitet werden. Er forderte einen neuen Anlauf für eine nachhaltige und dauerhafte GKV-Finanzstabilisierung. Auf ein strukturelles Defizit werde zum größten Teil mit Einmalmaßnahmen reagiert, kritisierte er. Statt einer nachhaltiger GKV-Finanzreform werde die Finanzproblematik auf Folgejahre verschoben und durch Gesetzgebung weiter verschärft.

Zusatzbeiträge müssten stärker angehoben werden als vorgesehen

Vor allem kritisierte Storm den im Gesetz geplanten Griff in die Rücklagen der Krankenkassen. Die Folge sei, dass die Zusatzbeiträge stärker angehoben werden müssten als bislang vorgesehen. Nach Angaben des DAK-Chefs betrugen die Rücklagen Anfang dieses Jahres GKV-weit 9,9 Milliarden Euro. Anfang 2023 würden sie nach der Prognose des IGES-Gutachtens 8,3 Milliarden Euro betragen.

Schöpft man davon vier Milliarden Euro ab, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, betragen die Rücklagen nur noch 4,3 Milliarden Euro. Dadurch drohten zahlreiche Kassen unter die Mindestrücklage zu rutschen, warnte Storm. Diese Reserve sei gesetzlich vorgesehen und müsse 20 Prozent einer Monatsausgabe betragen. Dies würde GKV-weit im nächsten Jahr nach der IGES-Prognose rund fünf Milliarden Euro ausmachen.

Im Entwurf des GKV-FinStG sind Finanzierungsmaßnahmen vorgesehen, mit denen laut IGES ein Finanzierungsbedarf von 13,4 Milliarden Euro im kommenden Jahr gedeckt wäre. Die verbleibende Finanzierungslücke soll durch eine Beitragssatzanhebung gedeckt werden. Diese würde sich auf 0,4 Beitragssatzpunkte belaufen. Das wäre bereits mehr als von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Vorstellung der Eckpunkte des Gesetzentwurfs mit 0,3 Prozentpunkten angekündigt hatte.

Lücken könnten nicht großteils die Beitragszahler schließen

Laut der IGES-Analyse wächst der Finanzierungsbedarf in den folgenden Jahren jedoch weiter deutlich an. Diese Lücken könnten nicht erneut größtenteils die Beitragszahler schließen, heißt es in dem Gutachten. Denn die Beitragssteigerungen in den Sozialsystemen – Krankenkassenbeiträge, Pflege und Arbeitslosenversicherung zusammengenommen – würden bereits im kommenden Jahr an einen Prozentpunkt heranreichen.

Die Rücklagen der Krankenkassen und die Liquiditätsreserve im Gesundheitsfonds könnten man nur einmal ausgeben, kritisiert Storm. Als Alternativen für eine nachhaltige Stabilisierung nannte der DAK-Vorsitzende kostendeckende Beiträge für ALG-II-Beziehende, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, sowie eine Senkung der Mehrwertsteuersenkung auf Arzneimittel, die schon der GKV-Spitzenverband vorgeschlagen hatte. Ferner verwies er auf einen Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen, die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze bei zeitgleicher Anhebung der Versicherungspflichtgrenze in Betracht zu ziehen.

Das IGES-Gutachten

In einem Basisszenario der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, das sich an aktuellen Einschätzungen der Bundesregierung und führender Wirtschaftsforschungsinstitute orientiert, könnte der Finanzbedarf bis zum Jahr 2025 auf 30,2 Milliarden Euro steigen.

Im Risikoszenario einer Rezession könnte die Finanzlücke bis 2025 sogar 35,6 Milliarden Euro betragen. Dieses Szenario geht von einem umfassenden Lieferstopp für russisches Erdgas und Erdöl aus. Die Folge wäre eine Rezession in Deutschland im Jahr 2023 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,2 Prozent gegenüber einem Plus von 2,5 Prozent im Basisszenario. Durch das abgeschwächte Wachstum und die damit verbundene Wirkung auf den Arbeitsmarkt würde der Finanzierungsbedarf der GKV im Jahr 2023 und den Folgejahren um jeweils rund fünf Milliarden Euro höher ausfallen.

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