"GKV-Live": Erst einmal machen, dann weiterjustieren
Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes (l.), unterstützt das Ansinnen der Politik, mit dem DVG die Chancen der Digitalisierung für die Versicherten nutzbar zu machen. Allerdings verwies sie auch auf Risiken. So seien die Kriterien zur Bewertung digitaler Anwendungen unscharf. Risikoaufklärung, Patientenschutz und Finanzierbarkeit seien für sie wichtige Kriterien. Was die TI angeht, verwies Pfeiffer auf die langwierigen Prozesse bei der Einführung der eGK, vor allem durch die Industrie seien Prozesse verzögert worden. Dirk Heidenblut, Berichterstatter für Digitalisierung im Gesundheitswesen der SPD-Bundestagsfraktion, ging auf das geplante DVG ein. Ändern werde sich sicher etwas, sagte er mit Bezug auf eingereichte Änderungsanträge. Das Gesetz selbst bezeichnete er als einen "Schritt nach vorne". Kritisch müsse man auch über das Thema Apps reden. Maria Klein-Schmeink, Gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, ging auf die elektronische Patientenakte (ePA) ein, die in einem zweiten Gesetz nach dem DVG eingeführt werden soll. Als kritisch hob sie heraus, dass Patienten dort in der ersten Ausbaustufe keine differenzierten Datenschutzeinstellungen vornehmen können. Damit wird für sie ein zentrales Versprechen zur ePA gebrochen: die Patienten darüber entscheiden zu lassen, ob sie eine Akte nutzen wollen, welche Informationen eingestellt werden sollen und mit wem sie diese teilen möchten. Um die Telemedizin voranzutreiben, forderte sie die Schaffung geeigneter Infrastrukturen.- zm/pr
Die Botschaft der Diskutanten auf der Veranstaltung "GKV-Live" erst einmal vorweg: Beim geplanten DVG sind noch Änderungsanträge in der Pipeline. Und das DVG ist als Auftakt zu weiteren Gesetzen zu verstehen, mit denen die Politik in den nächsten Jahren die Digitalisierung voranbringen will. Erst einmal machen, dann weiterjustieren, hieß es: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe den Akteuren dazu die Richtung vorgegeben. Der Tenor: "Wenn wir den digitalen Wandel nicht selbst gestalten, müssen wir ihn erleiden."
Dr. Thomas Steffen, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, verwies in seinem Impulsreferat auf den Besuch der estnischen Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid in Deutschland. Sie hatte sich vor Kurzem bei der gematik über die fortschreitende Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen informiert. Kaljulaid habe aus diesem Anlass den großen Nutzen der Digitalisierung im estnischen Gesundheitswesen herausgehoben, sagte Steffen. "Wir müssen von Europa und voneinander lernen," erklärte er.
"Nicht App statt Arzt, sondern App plus Arzt"
Steffen zeigte sich überzeugt, dass der Gesundheitsbereich in Deutschland mit der Digitalisierung besser, schneller und souveräner wird. Besser heißt für ihn: Die Politik muss den Patienten erklären, dass sie die Digitalisierung ihnen einen Mehrwert bringt. Gleichzeitig müsse man Vertrauen schaffen. Es gehe nicht darum, den Arzt oder Pfleger abzuschaffen, sondern Dinge zu erleichtern: "Nicht App statt Arzt, sondern App plus Arzt", sagte Steffen.
Schneller heißt für Steffen, digitale Ansätze passgenau auf den Weg zu bringen. Hier werde das geplante DVG digitale Anwendungen in die Versorgung bringen. Wichtig dabei sei, vorrangig die Chancen hervorzuheben und voranzutreiben. Dabei dürften die Risiken natürlich nicht vergessen werden. Ein wichtiger Punkt sei dabei der Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI).
Steffen bezeichnete die damit verbundene Dynamik als "alternativlos": "Hier werden wir Tempo machen und die Fristen halten." Zur Schnelligkeit gehöre aber dazu, dass die Gründlichkeit beim Datenschutz gewährleistet sein müsse, es gelte, die richtige Balance zu finden.
Zum Thema Souveränität brachte Steffen die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ab dem 2. Halbjahr 2020 mit ins Spiel. "Ab November 2020 werden wir über alle Aspekte des europäischen Datenraums reden", kündigte er an.
