Deutscher Ärztetag in Leipzig

Große Mehrheit stimmt für GOÄ-Entwurf

sth
Politik
Mit Spannung war die Abstimmung über die in der Ärzteschaft umstrittene GOÄ-Novelle auf dem Deutschen Ärztetag erwartet worden. Gestern winkte eine große Mehrheit der Delegierten den Entwurf nun durch.

In seinem Vortrag zum Thema betonte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, dass der vorliegende Entwurf der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) weder überhastet noch unter Ausschluss der Kolleginnen und Kollegen erarbeitet worden sei. Im Gegenteil habe man 165 Berufs- und Fachverbände an dem langjährigen Prozess beteiligt. Er warnte davor, durch eine Ablehnung des Vorschlags die politische Glaubwürdigkeit des ärztlichen Berufsstandes zu beschädigen.

In der anschließenden Debatte äußerten sich die Rednerinnen und Redner mehrheitlich positiv zum Entwurf. Kritische Beiträge befassten sich unter anderem damit, dass ein Reallohnverlust zu befürchten sei und die vorgeschlagene GOÄ die Inflation nicht ausgleiche. Rund eine Stunde nach dem Auftakt der Debatte stellten Delegierte aus dem Plenum den Antrag, die Diskussion zu beenden. Alle Argumente seien bereits ausgetauscht worden. Nachdem dieser Antrag angenommen worden war, stimmte der Ärztetag ab und erteilte dem BÄK-Vorstand mit 212 zu 19 Stimmen den Auftrag, die gemeinsam mit dem PKV-Verband und der Beihilfe entwickelten Entwürfe zu einer novellierten GOÄ an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zu übergeben. Dort sei „die Novellierung der GOÄ auf dieser Grundlage unverzüglich einzuleiten“, heißt es in dem Beschluss.

„Wir haben das Leistungsverzeichnis an die moderne Medizin angepasst“

Die derzeit geltende Gebührenordnung stammt größtenteils aus den 1980er-Jahren und bildet aus Sicht der BÄK wesentliche moderne medizinische Leistungen nicht ab. „Wir haben das Leistungsverzeichnis umfassend aktualisiert und an die moderne Medizin angepasst“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt und Dr. Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbandes. Erstmals seien digitale Leistungen systematisch berücksichtigt, etwa die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) und telemedizinische Behandlungen.

Für alle Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten werde deutlich mehr Transparenz und Rechtssicherheit beim Stellen von Rechnungen geschaffen. „Besonderes Augenmerk haben wir auf die ärztliche Zuwendung gelegt: Sie ist das zentrale Element ärztlichen Handelns und wird in der neuen GOÄ endlich auch entsprechend bewertet“, betonen Reinhardt und Reuther außerdem. „Bewährte Prinzipien“ seien beibehalten und weiterentwickelt worden, darunter die Einzelleistungsvergütung, die Therapiefreiheit, die Offenheit für Innovationen und der Verzicht auf eine Budgetierung.

Der Entwurf beruhe auf fundierten und unabhängig voneinander vorgenommenen Kalkulationen sowohl der BÄK als auch des PKV-Verbands, betonen die Chefs der beiden Organisationen. „Diese Prognosen sehen übereinstimmend einen Rahmen für den Anstieg des PKV-Ausgabevolumens von 13,2 Prozent in den ersten drei Jahren nach dem Inkrafttreten vor“, heißt es in der Mitteilung. Das entspricht nach Angaben der BÄK rund 1,9 Milliarden Euro.

Auch das war BÄK-Präsident Reinhardt besonders wichtig zu betonen: Die GOÄ wird durch die Novelle zum „Work in Progress“. So sei ein wesentliches Element der Neuregelung, dass sie Möglichkeit zur kontinuierlichen Weiterentwicklung vorsieht. „Bundesärztekammer und PKV-Verband haben verabredet, auch nach einer Übergabe an die Bundesgesundheitsministerin im engen Austausch mit den ärztlichen Berufsverbänden und Fachgesellschaften erforderliche Anpassungen mit Blick auf den medizinischen Fortschritt und die Kostenentwicklung zu prüfen, in den Entwurf einzuarbeiten und dem Verordnungsgeber zu kommunizieren. Nach Inkrafttreten einer neuen GOÄ wird diese Arbeit in einer gemeinsamen Kommission fortgesetzt“, teilen die beiden Verbände mit.

„Es gibt jetzt keine Ausreden mehr“

Die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier, bezeichneten die Entscheidung des Ärztetags als richtig. „Nach Jahrzehnten des Verhandelns ist das ein wirklicher Durchbruch“, kommentierten sie. „Jetzt ist das Bundesgesundheitsministerium am Zug. Ärzteschaft und PKV haben geliefert und wie verlangt einen guten Kompromiss vorgelegt. Es gibt jetzt keine Ausreden mehr. Das Bundesgesundheitsministerium muss die GOÄ nun zeitnah erlassen – und zwar besser heute als morgen.“

Der Verband der Privatärztlichen Verrechnungsstellen (PVS Verband) sprach BÄK und PKV-Verband seine Glückwünsche aus. „Dies ist ein Meilenstein nach über vierzig Jahren Stillstand“, sagte der Vorsitzende Dr. Christof Mittmann. „Die Novellierung der GOÄ ist nicht nur für die erfolgreiche Weiterentwicklung einer medizinisch hochwertigen und modernen Gesundheitsversorgung notwendig, sondern auch verfassungsrechtlich im Sinne des Patientenschutzes geboten.“

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